Oberliga Niederrhein
Wie Phönix aus der Asche: Haan schraubt an der Zukunft
Die Unitas stand vor ein paar Monaten ohne Perspektive da: Kein Harz, keine Mannschaft. Inzwischen hat sich die Stimmung komplett gedreht.

Hier sind die neuen Haaner: Trainer Christian Peters (Vierter von links/schwarzes Trikot und schwarze Hose) freut sich extrem darüber, dass es weitergeht. (Foto: Unitas)

Handball ohne Harz hört sich an wie Kochen ohne Salz. Es fehlt eine Zutat, die man sich eigentlich aus keinem Gericht wegdenken mag. Und wenn gar kein Salz da ist? Da lohnt sich das Nachfragen bei der Unitas aus Haan. Unglaublich: Aber die Oberligahandballer der Unitas Haan müssen auf Harz verzichten – ein Umstand, der dem Verein in diesem Jahr fast das Aus gebracht hätte, obwohl die Mannschaft ein sportlich gutes Ergebnis erzielte.

Ein Blick in die Vergangenheit: Haan beendet die abgebrochene Saison mit Trainer Kai Müller und Co-Trainer Michael Wupper auf dem vierten Rang der Oberliga, doch beide Trainer legen das Amt nieder. Grund: Die Perspektive ohne Haftmittel an der Adlerstraße stimmt nicht. Außerdem kehren in Lennard Austrup und Tobias Joest zwei sportliche Säulen der Unitas den Rücken und zum Bergischen HC II zurück. Auch Pacsal Kordes, aus Sicht der Haaner menschlich im Team kaum zu ersetzen, wird nicht mehr für die Unitas auflaufen. Hinter dem Verbleib von Raphael Korbmacher, Christopher Seher und Marcel Billen steht ein großes Fragezeichen. Der leistungsorientierte Handball in Haan stand – gepaart mit Corona – vor dem Aus. Und dann? Es wirkt wie ein Wunder: Für 2020 meldet Unitas insgesamt drei Mannschaften auf HVN-Ebene bei den Männern und zwei in der A-Jugend.

Eine ganze Menge ist passiert. Zunächst verzichteten die Spieler auf ihre Aufwandsentschädigung. Die neuen Vorsitzenden Ulrich Bönig und Stefan Panthel kümmerten sich zugleich um die Strukturen hinter den Handballern. Heute steht bei der Unitas ein Marketing-Team, neue Sponsoren interessieren sich für den Verein – und eine „Zukunftswerkstatt“ hat ihre Arbeit aufgenommen, die den Jugendhandball und die zentral wichtige Harzproblematik umfasst. Vertreter der Stadt werden direkt an der Erstellung eines Konzeptes teilhaben, um das Haftmittelproblem zu lösen. „Auf Dauer können wir nur eine Perspektive bieten, wenn wir uns beim Thema Harz einig werden. Die Reinigungskosten können wir einfach nicht stemmen“, sagt Stefan Panthel, für den die aktuelle Entwicklung im Verein etwas ganz Besonderes ist: „Wir standen fast vor dem Nichts und jetzt packt jeder mit an. Das hat einen familiären Charakter, den wir in der kommenden Saison wieder nach außen tragen wollen.“

Hochsprung: Im Testspiel waren Tom Wolf (rechts/beim Wurf) und der Zweitligist HSG Konstanz erwartungsgemäß eine Nummer zu groß für die Gastgeber aus Haan – die ihre Saison-Eröffnung vor 100 Zuschauern trotzdem wie einen Sieg feierten. (Foto: Unitas)

Das zeigt unter anderem ein Testspiel gegen den Zweitligisten HSG Konstanz, das sportlich wie erwartet einseitig verlief (18:44), aber genau jene Aufmerksamkeit bot, die bei einem Neuanfang eine große Hilfe ist. Und dieser Neuanfang steckt vielleicht noch in den Kinderschuhen: Seit 2017 spielen die in der Regionalliga Nordrhein beheimateten Frauen aus Haan in einem Zusammenschluss aus Unitas und Haaner TV unter dem Namen HSG Adler Haan – ein Modell, das für den Haaner Männer-Handball ebenfalls attraktiv zu sein scheint. Die Rahmenbedingungen sind in der Mache.

Für eine neue Mannschaft sorgte in den vergangenen Monaten vor allem der neue Trainer Christian Peters, der früher selbst für die alte, erfolgreichere Unitas spielte. Verstärkung bekam er umgehend von Moritz Blau, der schon seit knapp zehn Jahren bei der DJK Unutas Haan ist und die Rolle als spielender Co-Trainer einnimmt. Ihr vorerst größter Verdienst: Die fraglichen Korbmacher, Seher und Billen bleiben Teil der Unitas, die zudem in Philipp D´Avoine (LTV Wuppertal) und Henrik Rahlmeyer (Jugend des Bergischen HC) hochwertige Zugänge verzeichnete. Emotional ein echter Höhepunkt ist die Rückkehr von Linksaußen Monty Kreisköther, der als ehemaliger Haaner die neue Unitas durch seine riesige Erfahrung unterstützt – eine Herzenssache.

Doch wie sollte es anders sein in Haan? Die Vorbereitung war alles andere als einfach – Corona hielt die Hallen in Haan geschlossen. „Wir haben uns viel mit Waldtraining vorbereiten müssen, hinzu kamen Verletzungen und Urlaube. Insgesamt hatten wir zu wenig Zeit“, betont Co-Trainer Blau kurz vor dem Saisonstart beim Bergischen HC II, „das Spiel am Freitag wird eine Wundertüte. Es ist schwer einzuschätzen, wie gut wir uns schon gefunden haben.“ Über die „Handball-Philosophie“ der Unitas kann er mehr erzählen: „Wir wollen jedes Spiel auf einer kompakten und aggressiven Deckung aufbauen. Davon sollen dann unsere schnellen Außen profitieren.“ Über das große Ziel sind sich Panthel und Blau einig: „Zunächst zählt der Klassenerhalt. Mittelfristig dürfen wir den Blick nach oben richten – wenn wir die Rahmenbedingungen so schaffen können, wie wir es uns vorstellen.“

Eine kleine, aber nicht unwesentliche Randnotiz: Unitas Haan kehrt zur alten Anwurfzeit am Sonntag um 11.15 Uhr in der Halle Adlerstraße zurück. Für die Beteiligten ist es ein weiterer Schritt in Richtung alte Zeiten. „Die Spiele der Unitas können dann wieder zum entspannten Familienevent ​am Sonntag werden – mit einer Wurst vom Grill, vielleicht einer Hüpfburg für die Kinder und gutem Handball für alle“, hofft Panthel. Das klingt nach Aufbruchstimmung.