Oberliga Mittelrhein
Nümbrecht und die Politik der kleinen Schritte
Die Regionalliga ist noch ein "schöner Traum" für den SSV, der mit Trainer Dirk Heppe langsam wachsen will.

Zeichensprache: Vermutlich will Trainer Dirk Heppe seinen Nümbrechtern sagen, dass in den kommenden Jahren einiges möglich sein sollte. (Foto: Thomas Schmidt)

Mit Gründung der Nordrheinliga 2016 veränderte sich einiges. Auch die Oberligen am Niederrhein und am Mittelrhein sehen seitdem anders aus. Stammgast in dieser Oberliga Mittelrhein ist der SSV Nümbrecht, der schon von 2008 bis 2015 in der alten Klasse mitgemischt hatte – ehe es nach einem Ausrutscher in die Verbandsliga 2016 in der neuen Oberliga weiterging. Dort hat sich der SSV mittlerweile fest eingerichtet und die vergangene Saison konnte Trainer Dirk Heppe mit seiner Mannschaft auf dem sechsten Rang abschließen. Das war ein gutes Ergebnis angesichts des Umstands, dass die besten fünf der Liga meist in ihren eigenen Sphären unterwegs waren.

Heppe – ursprünglich beim TV Bergneustadt zu Hause – trainierte 2018 noch den Landesligisten HSG Oberbantenberg/Niederseßmar, der für die folgende Saison nicht mehr meldete. Als Heppe eigentlich ein Sabbatjahr geplant hatte, schneite der SSV Nümbrecht beim 54-Jährigen rein. „Die Anfrage kam zu einem geeigneten Zeitpunkt. Ich fühlte mich direkt wohl hier“, sagt der Coach, der gleich eine komplizierte Aufgabe lösen musste: „Ein Umbruch stand an. Mehrere etablierte Kräfte brachen weg. Und da ich gerne mit jungen Spielern arbeite, habe ich mit Vorfreude zugesagt.“ Das Ergebnis: Spieler um die 20 Jahre, die erfolgreich sein wollen, dominieren die Mannschaft. Speziell Regisseur Jannik Lang macht für Heppe oft den Unterschied aus. „Für sein Alter ist er schon sehr weit.“

In Johannes Urbach verließ zwar eine wichtige Stütze den SSV in Richtung HC Gelpe/Strombach, doch ein Rückkehrer füllt die Lücke: Mario Weissner kehrt nach einer Saison vom TuS Derschlag zum SSV zurück. Paul Borisch wechselt aus Derschlag ebenfalls ins Nümbrechter Trikot. „Paul ist als guter Abwehrspieler sehr wertvoll und passt auch menschlich in unser Team“, findet Heppe, der aus seinen Ambitionen für 2020/2021 kein Geheimnis macht: „Unser Saisonziel ist es, den sechsten Platz zu überbieten. Die Meisterschaft werden ziemlich sicher Pulheim und Refrath unter sich ausmachen.“ Rückendeckung spürt das Team  im ganzen Verein und die Stimmung in der heimischen „GWN-Arena“ ist für Dirk Heppe etwas Besonderes.

Dynamiker: Der junge Spielmacher Jannik Lang (vorne, beim Wurf) ist eine der treibenden Kräfte beim SSV. (Foto: Thomas Schmidt)

Seit knapp 20 Jahren beim SSV an Bord ist Jörg Weber. Als er seinerzeit frisch vereinslos geworden war, wollte Weber nur einen Abend in einer Kneipe verbringen – bis ihn Nümbrechter Spieler für einen Test am nächsten Tag „verpflichteten“. Aus jenem Testspiel wurden mittlerweile 20 Jahre  Vereinszugehörigkeit und heute ist Jörg Weber der Vorsitzende der SSV-Handballer. Er ergänzte Heppes Trainerteam schnell um einen Athletik- und Torwarttrainer, die noch ein paar Extra-Prozente herausholen sollen. Um die herausfordernde Corona-Zeit zu bewältigen, gibt es ein Hygienekonzept und einen Hygienebeauftragten, sodass die Vorbereitung entsprechend umfangreich über die Bühne gehen konnte.

Trotz der funktionierenden Gegenwart denkt der SSV auch nachhaltig – und vor allem an den Nachwuchs. „Die Förderung unser Jugendtrainer läuft in Kombination mit der Handballschule Oberberg“, erklärt Weber. Auf das Konzept für die Jugendspieler ist er stolz: „Wir bieten den Kindern maßgeschneiderte Schul-Nachhilfe. Das entlastet die Familien und die Kinder haben beim Handball den Kopf frei.“ Möglich ist dies durch eine „Azubischule“, deren Inhaber früher selbst für Nümbrecht spielte. Reicht es später trotzdem nicht oder nicht auf Anhieb für den Sprung in den  höherklassigen Handball, fungiert die zweite Mannschaft als Talentschmiede.

Wohin die Reise des SSV geht? „Bei einer Meisterschaft würde ich Dirk nicht rausschmeißen“, scherzt Weber, um anschließend schnell wieder realistisch zu werden: „Die aktuelle Basis ist gut, aber nicht von heute auf morgen entstanden. Wollen wir über die Regionalliga sprechen, dann müssen wir von behutsamem, aber ambitioniertem Wachstum sprechen. Zudem müssen die Rahmenbedingungen weiterhin passen.“ Träumen sei jedoch erlaubt: „Es wäre sehr schön.“