Oberliga Mittelrhein
In Pulheim und Refrath „droht“ der Aufstieg
Der Kreis der Titelkandidaten ist übersichtlich. Weiter hinten garantiert praktisch nur ein einstelliger Tabellenplatz absolute Sicherheit.

Bleibt mir weg damit! Pulheims Trainer Kelvin Tacke hält wenig von ganz hohen Ansprüchen. Er geht er davon aus, dass sich sein Team langsam in die Saison hineinarbeiten muss. (Foto: Thomas Schmidt)

Das ist es doch: Nach all der harten Arbeit und etlichen knappen Spielen einer Saison als bestes Team ausgezeichnet zu werden. Gibt es für einen Handballer überhaupt Schöneres/Wichtigeres, als einen Meistertitel zu feiern? Vermutlich einiges, denn der Tenor der hoch gehandelten Mannschaften in der Oberliga Mittelrhein ist vor der am Wochenende beginnenden Serie 2020/2021 einheitlich: „Wir sind dieses Jahr noch nicht so weit.“ Um es mal mit einem Augenzwinkern zu sagen: Einen wird die Meisterschaft trotzdem treffen. Und nach unserer Meinung gibt es zwei sehr stark „aufstiegsgefährdete Mannschaften“.

Ein Blick nach Pulheim: Dort steuert Trainer Kelvin Tacke in seine 15. Saison als Chefcoach der „Hornets“ und er war wohl mit der vergangenen Saison nicht unzufrieden. Lange führte Pulheim sogar die Tabelle an, ehe sich am Ende der HC Gelpe/Strombach noch durchaus verdient die Krone aufsetzte. Ist der Weg ohne den in die Regionalliga aufgestiegenen Kontrahenten also frei für Pulheim? „Die Ausgangssituation stimmt nicht, um ein Ziel zu benennen“, findet Tacke, dem mehrere Stammkräfte für einen längeren Zeitraum fehlen werden. Top-Torschütze Lars Jäckel etwa sowie die beiden Kreisläufer Bastian Jacoby und Christian Heinen werden vorerst nicht mitwirken können. Wegen der drittliga-erfahrenen Verstärkungen Timo Worm (zuletzt Auslands-Semester in Irland/davor SG Ratingen) und Martin Mokris (zuletzt Zweibrücken) gibt es für uns dennoch nur eine klare Prognose: Überstehen die Hornets ihr Verletzungs- und „Urlaubspech“, ist der Aufstieg ein sehr heißes Thema.

Pulheims härtester Konkurrent wird die HSG Refrath/Hand sein. Der wenig begeisternde fünfte Rang aus dem vergangenen Jahr ist vor allem die Folge einiger unerklärliche Ergebnisse – wozu unter anderem das 30:31 am zweiten Spieltag gegen den krassen Außenseiter HC Weiden II (damals Aufsteiger) im eigenen Wohnzimmer gehörte. Bringt der neue HSG-Trainer Dennis Marquardt die Neuzugänge Yannik Wendler und Oliver Kierdorf vom TV Jahn-Köln Wahn gewinnbringend in seinen ohnehin hochwertigen Kader ein, gibt es keine zwei Meinungen: Das „Aufstiegsgespenst“ wird in der Steinbreche vorbeischauen.

Ein Geheimtipp ist für uns der TV Birkesdorf, dem viele gute Transfers wie Mattis Pestinger (Köln-Wahn) oder Stefan Kirschfink (zuletzt 2. Belgische Liga) sowie das Comeback von Jakob Ernst nach langer Verletzungspause bestimmt nicht schaden. Die einzige Frage: Wie lassen sich die Abgänge Aaron Ernst (BTB Aachen) und Leonard Bachler (TuS 82 Opladen) ersetzen? Antwort: In ihrer Spielweise wohl gar nicht, in ihrer Klasse vielleicht. Die Birkesdorfer werden auf jeden Fall für alle ein schwieriger Gegner sein.

Luftveränderung: Axel Sierau, hier noch im Trikot des TuS Derschlag, steht jetzt beim Turnerkreis Nippes zwischen den Pfosten. (Foto: Thomas Schmidt)

In ruhigen Fahrwassern bewegen sich mit einiger Wahrscheinlichkeit der TSV Bayer Dormagen II und der SSV Nümbrecht – Dormagen als Talentschmiede und Nümbrecht als Mannschaft, die noch einen weiteren Weg nach oben vor sich hat. Beide dürften einen guten Platz herausholen, allerdings nichts mit dem Aufstieg zu tun haben. Spannend wird es dann wieder in den tieferen Tabellenregionen. Die genaue Zahl der Absteiger richtet sich nach der Entwicklung in der Regionalliga, sodass bei 16 Mannschaften eigentlich nur ein einstelliger Tabellenplatz eine sorgenfreie Saison garantieren kann. Um jetzt einzuschätzen, wen es diesmal erwischt, hilft ein Rückblick in die alte Saison. Das Motto damals: Alle (oder fast alle) schlagen den Turnerkreis Nippes. Jetzt haben sich die Kölner jedoch durch Torhüter Axel Sierau (TuS Derschlag) und Ali Kinanah (Dormagen II) verstärkt – was der Mannschaft in der neuen Saison definitiv mehr als null Siege bringen wird.

Keine Vermutung, sondern eine Tatsache: Der Longericher SC II holte 2019/2020 aus den ersten zehn Saisonspielen zwölf Punkte – und aus den folgenden neun Partien nur noch zwei. Das zeigt: Eine Negativserie kann jederzeit jeden treffen. Um die Ungewissheit komplett zu machen, folgt hier der Blick auf eine Dreier-Konstellation: Der TuS 82 Opladen II gewann beim MTV Köln, der MTV bezwang den BTB Aachen II und die Aachener den TuS 82 II. Ein Rückblick hilft also nicht immer weiter.

Wir wagen dennoch eine These: Der TuS 82 II, der CVJM Oberwiehl und die SG GFC Düren 99 werden besonders intensiv für ihr Ziel Klassenerhalt kämpfen müssen. Das Feld der Klubs im Abstiegskampf wird aber so groß sein, dass sich vielleicht eine Mannschaft darin findet, die gerade selbst noch nichts von ihrem Schicksal ahnt – wie eventuell der gründlich umgebaute TuS Derschlag.