01. Oktober 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Das ist verdammt lang her. Am 7. März muss sich der Longericher SC im Heimspiel gegen die akut vom Abstieg bedrohte Ahlener SG mit einem 26:26 begnügen. Und klar: Die Longericher freuen sich trotzdem aufs nächste Duell – das sie am 14. März mit den Bergischen Panthern zusammenbringen soll. Niemand ahnt damals, dass es dazu nicht mehr kommen wird. Anschließend hat Corona auch die 3. Liga fest im Griff: Die Saison wird zuerst unter- und dann abgebrochen. Fast genau sieben Monate später folgt jetzt der Neustart, den alle in den vergangenen Wochen immer mehr herbeigesehnt haben. Deshalb unterschreiben auch alle jenen Satz: „Gut, dass es wieder losgeht. Es wird höchste Zeit.“ Dass vieles anders als in der alten Zeitrechnung ist? Unwichtig. Die Einschränkungen bei den Zuschauern, die nur in sehr begrenzter Zahl in die Hallen dürfen? Tut weh, lässt sich aber nicht ändern. Die Versetzung aus der Gruppe Nord/West in die Gruppe Mitte? Das ist eben so. „Wir sehen das als schöne Herausforderung“, betont Fabrice Voigt, der Trainer des TuS 82 Opladen, für den sowieso das meiste Neuland ist. Der Aufsteiger darf die Saison sogar eröffnen. Es geht direkt mit einem Derby los – am Freitagabend in Longerich. Die 15 Kilometer könnten die Opladener zur Not sogar mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen. Es geht allerdings noch kürzer: Zwischen der Heimspielstätte des Leichlinger TV (Am Hammer) und der Opladener Bielerthalle liegen nur 6,5 Kilometer. Insgesamt wartet jedoch auf die Drittligisten eine Saison voller Strapazen – mit zum Teil sehr weiten Fahrten und 34 Meisterschaftsspielen.
LSC-Coach Andreas Klisch war mit seiner Mannschaft in der vergangenen Saison auf Rang vier der am besten platzierte Drittligist aus dem Harzhelden-Gebiet – und er ist in dieser Klasse inzwischen eine feste Größe. Ganz hohe Ziele setzt sich Longerich trotzdem nicht, weil die Vorbereitung insgesamt schwierig war und immer wieder Spieler verletzt fehlten. Eine der nicht wenigen Baustellen ist der Kreis, wo Dustin Thöne weiter ausfällt (Syndesmoseband gerissen) und Bennett Johnen längere Zeit nicht zur Verfügung stand. „Das hat uns natürlich beim Einspielen in der Deckung und im Angriff eingeschränkt“ sagt Klisch, der sich außerdem um beide Torhüter, beide Rechtsaußen und seine linken Rückraumspieler sorgt. Die Freude vor dem Auftakt lassen sich die Kölner trotzdem nicht verderben: „Es ist egal, mit welcher Mannschaft wir auflaufen. Wir haben ein Heimspiel und wir sind heiß drauf. Wir werden da sein und fighten bis zum Ende.“
An die Opladener verteilt Klisch zugleich vor dem Anpfiff erst mal Komplimente: „Das ist ein sehr starker Aufsteiger. Sie werden sich in der Liga mit Sicherheit nicht verstecken müssen und sie haben realistische Chancen, die Klasse zu halten.“ Dass der TuS 82 im linken Rückraum nach den Verletzungen der Neuzugänge Oliver Dasburg und Tim Schröder (sein Vertrag ist mittlerweile aufgelöst) größere Probleme hat, ist dem LSC natürlich nicht entgangen – führt aber nicht etwa dazu, den Gegner zu unterschätzen. Kollege Voigt nimmt die Blumen auf der einen Seite gerne entgegen und weiß auf der anderen, dass der TuS 82 sehr oft Außenseiter sein wird: „Wir werden es gegen die Top-Teams immer sehr schwer haben. Das ist kein Geheimnis.“ Ebenfalls kein Geheimnis ist, dass die Opladener für den Rückraum im jungen Karl Nitsche (20/zuletzt Bergischer HC II) eine Last-Minute-Zugang an sich binden konnten.
Neues Spiel und neues Glück: So könnte die Devise bei den Bergischen Panthern lauten, die zuletzt in der 3. Liga auf dem achten Rang im Harzhelden-Gebiet die Nummer zwei hinter den Longerichern waren. Ziemlich ungewohnt ist für Trainer Marcel Mutz vor allem, dass er in diesen Wochen keine personellen Sorgen hat – was 2019/2020 zum Teil total anders war. „Bei uns sind alle an Bord“, stellt Mutz fest. Und er glaubt, dass ein voller Kader und eine Top-Leistung notwendig sein werden, um gegen die HSG Rodgau Nieder-Roden das erste Saisonspiel erfolgreich zu bestreiten: „Wir haben direkt ein Schwergewicht zu Gast. Die sind letztes Jahr Dritter geworden in der Staffel Mitte und das ist eine Mannschaft mit sehr hoher individueller Qualität.“ Mit der eigenen, sehr langen Vorbereitung und der Integration der Neuzugänge ist Mutz zufrieden, sodass die Panther jetzt tatsächlich richtig heiß sind: „Es ist an der Zeit, wieder Wettkampf-Luft zu atmen. Wir freuen uns sehr, dass diese lange Zeit ohne jegliches Pflichtspiel ein Ende hat. Natürlich gehört eine gewisse Anspannung dazu.“ Selbst die Tatsache, dass die Versetzung in die Gruppe Mitte viele bislang unbekannte Gegner bringt, sehen die Panther nicht als belastend, sondern eher als reizvoll.
Beim gründlichst umgekrempelten Leichlinger TV herrscht nach den heftigen Frühjahrs-Turbulenzen (Insolvenz-Antrag der früher für die Finanzierung der ersten Mannschaft zuständigen Marketing-Gesellschaft PIMA) erst einmal große Erleichterung darüber, das Verschwinden von der Handball-Landkarte verhindert zu haben. Trainer Lars Hepp und der neue Sportliche Leiter Elmar Müller haben mit viel Leidenschaft und großer Unterstützung hinter den Kulissen eine Mannschaft zusammengestellt, der sie den Klassenerhalt zutrauen – und nichts anderes kann in dieser Saison das Ziel des LTV sein. Ursprünglich war vorgesehen, dass die neuen Leichlinger in der eigenen Halle Am Hammer ins Abenteuer starten, doch es gab sehr kurzfristig einen Heimrechttausch. Folge: Die Mannschaft muss für den Startschuss rund 240 Kilometer in den nördlichen Odenwald hinter sich bringen, ehe sie die Aufgabe bei der HSG Bieberau/Modau in Angriff nehmen kann. Die Gastgeber nennen sich selbst „Falken“ und beendeten die vergangene Serie als Achter der Gruppe Mitte im sicheren Mittelfeld. Also stehen die Leichlinger vor einer hohen Hürde – was vermutlich über die kommende Monate so bleibt. Ebenfalls eher im unteren Drittel einsortieren dürfte sich der VfL Gummersbach II und das Team von Trainer Maik Thiele beginnt das Unternehmen Klassenerhalt am Sonntag gegen die HG Saarlouis (zuletzt Achter in der Gruppe Süd).
Bei der HSG Krefeld Niederrhein wehren sie sich zwar mit Händen und Füßen dagegen, der Top-Favorit auf die Meisterschaft zu sein, doch natürlich wollen die Krefelder den Abstieg aus der 2. Liga am liebsten umgehend reparieren. Größtes Problem vor dem Auftaktspiel gegen die TSG Haßloch für Trainer Felix Linden war aber nicht die Formulierung des passenden Saisonziels, sondern die Beschaffung von Video-Material über die Gäste. Die Ausbeute bei der Suche war überschaubar, reichte allerdings, um seine Spieler eindringlich zu warnen und den Elften aus der Gruppe Süd der vergangenen Saison unbedingt sehr ernst zu nehmen. Klar: Alles andere als ein Sieg wäre eine Enttäuschung für die Eagles. Der HSG-Vorsitzende und Gesellschafter Simon Krivec drückte es bereits vor einiger Zeit so aus: „Unser Kader ist so ausgerichtet, dass ein direkter Wieder-Aufstieg im Bereich des Möglichen ist.“ Wer Spieler wie Oliver Krechel (Tor) oder Oliver Milde vom Zweitligisten ASV Hamm-Westfalen verpflichtet, tut dies definitiv nicht, weil er eine Bewerbung für den achten Platz abgeben will. Das wäre sowieso nichts für Felix Linden. Er ist eher der Typ Macher und Antreiber. Ganz am Ende: Der bisher letzte Sieg der HSG in der Meisterschaft stammt aus der 2. Liga, als es ein 30:26 über den TSV Bayer Dormagen gab. Das war am 11. Oktober 2019. Und das ist auch verdammt lang her.