Oberliga Niederrhein
Seine Vision: Rogawska will mit Borussia in die 3. Liga
Mönchengladbach hat einen neuen Trainer und ein neues Ziel. Der Zweikampf mit dem Bergischen HC II ist auch ein Duell zweier Freunde.

Vorausschauend: Der Wahl-Korschenbroicher Ronny Rogawska war als Ex-Trainer des TVK und Coach der HSG Krefeld schon mal in der 3. Liga unterwegs. Deshalb weiß er, dass die Borussia aus Mönchengladbach auch im Umfeld ein paar Dinge anpassen muss. (Foto: Michael Jäger)

Er ist gekommen, um zu bleiben. Das ist aber grundsätzlich nur die halbe Wahrheit. Ronny Rogawska weiß schließlich aus seiner langen und erfolgreichen Laufbahn als Spieler und Trainer, dass der Erfolg nicht wie ein plötzlicher Regenschauer vom Himmel fällt. Deshalb war ihm bei seiner Zusage an Borussia Mönchengladbach durchaus sehr klar, dass er auch Aufbauarbeit leisten muss – und die Zusammenarbeit über die vor Kurzem angelaufenen Saison 2020/2021 hinaus dauern sollte. Das hier ist die andere Hälfte der Wahrheit: Rogawska würde mit der personell verstärkten Mannschaft liebend gerne direkt die Oberliga Niederrhein verlassen und in die Regionalliga aufsteigen. Es wäre die nächste Etappe in einem Mehr-Jahres-Plan, der noch ein Stück weiter nach oben geht: „Unser Ziel ist die 3. Liga. Und ich sehe hier gute Voraussetzungen, diese Idee umzusetzen.“ Die ersten fünf Spieltage zeigten zumindest, dass es eine sehr realistische Chance gibt, das erste Teil-Ziel zu erreichen: Fünf Siege, 10:0 Punkte, Rang eins vor dem Bergischen HC II (ebenfalls 10:0). Diese beiden Teams sind offensichtlich die Schwergewichte der Liga, weil dahinter niemand mehr ungeschlagen ist – und keiner (mehr) einen ernsthaften Anspruch auf den Titel erheben kann oder will.

Rogawska ist gebürtiger Däne und Wahl-Korschenbroicher. In seiner Trainer-Vita stehen unter anderem sechs Jahre beim TVK in der 3. Liga und der Aufstieg mit der HSG Krefeld in die 2. Liga. Sogar sehr weit oben kennt sich der Borussia-Coach aus, weil er 2009 mit der damaligen HSG Düsseldorf in die 1. Liga aufsteigen konnte – was ihm 2004 bereits als HSG-Spieler gelungen war. Dass Rogawska in der Handball-Szene über unendlich viele Kontakte verfügt und sich hoher Wertschätzung erfreut, machte er sich vor einiger Zeit bei der Suche nach Verstärkungen für die Borussia zunutze: Dass Heider Thomas, Niklas Weis und Dennis Aust jetzt das Mönchengladbacher Trikot tragen, wäre ohne das Netzwerk des neuen Cheftrainers undenkbar gewesen. Thomas (31), der als herausragender Abwehrspieler gilt, war zuletzt für den TSV Bayer Dormagen in der 2. Liga aktiv und davor bei den Rhein Vikings. Aus dieser Zeit kennt er Aust (36) und Niklas Weis (29), sodass sich die drei kaum lange aneinander gewöhnen müssen.

Rogawska sieht die Borussia allerdings nicht als bequemes Auffangbecken für ehemalige Erst-, Zweit- und Drittliga-Handballer, sondern eher als Aufbruch-Projekt. Deshalb fordern er von allen Team-Mitgliedern, gebliebenen wie neu hinzugekommenen, volle Bereitschaft und große Leidenschaft für die gemeinsame Sache – also alle jene Eigenschaften, die er selbst einbringt. Es ist zunächst der in der Oberliga nicht unübliche Spagat für die Spieler zwischen dem Sport hier und den familiären oder beruflichen Verpflichtungen dort. Rogawska will Stück für Stück dazu kommen, dass zumindest keine nach einer Ausrede klingenden Erklärungen aus der Kategorie „Ich kann nicht, meine Cousine heiratet“ vorkommen. „Für ein Ziel hast du Verzicht“, findet der Trainer der Mönchengladbacher. Eine seiner eigenen Aufgaben sieht er darin, den Aufbau der notwendigen Strukturen mit voranzutreiben – damit die Borussia im Handball eine Top-Adresse wird.

Ein Puzzleteil: „Alle unsere Spieler sind in der Berufsgenossenschaft.“ Die Beiträge für diese besondere Art der Unfallversicherung belasten zwar den Etat des Vereins, helfen jedoch dem versicherten Handballer bei Verletzungen (ärztliche Behandlung, Reha-Maßnahmen). Zweites Puzzleteil: Die Mediziner Daniel Miersch und Björn Luxa stehen den Spielern (fast) jederzeit als feste Ansprechpartner zur Verfügung. Beide sind unter anderem Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie – und Durchgangsärzte der Berufsgenossenschaften. Drittes Puzzleteil: Borussia Mönchengladbach will über die Kooperation mit einem Fitness-Studio das über den reinen Handball hinausgehende (körperliche) Training auf eine breitere Basis stellen. „Es geht darum, den Spielern ein attraktives Gesamtpaket anzubieten“, betont Rogawska.

Extrem attraktiv dürfte im Übrigen der sich in der Meisterschaft 2020/2021 anbahnende Zweikampf mit dem gerade aufgestiegenen Bergischen HC II sein, der als Unterbau des Erstliga-Teams nicht dauerhaft in der Oberliga zu Hause sein soll. Mit BHC-Coach Mirko Bernau ist Rogawska seit vielen Jahren gut befreundet – und die Herren pflegen einen regen Austausch, der von persönlichen Gesprächen bis zur wechselseitigen Versorgung mit Videomaterial über die Gegner reicht. Ruhen wird die Freundschaft auch nicht am 21. Februar 2021, obwohl Bernau und Rogawska dann im direkten Duell vorwiegend ihre eigenen Interessen vertreten. Eine Entscheidung über die Meisterschaft könnte später tatsächlich am 1. Mai 2021 am vorletzten Spieltag in Mönchengladbach fallen. Logisch: Es wird nur einen geben, der es schafft. Und wenn es nach Rogawska geht, darf das sehr gerne die Borussia sein. Der Däne ist ja gekommen, um zu bleiben. Und um aufzusteigen.