2. Bundesliga
Auch vor leeren Rängen: Dormagen will Konto auffüllen
Tabellenführer VfL Gummersbach steht vor der Aufgabe beim erstaunlich stark gestarteten Wilhelmshavener HV.

Was sollen sie denn tun? Benjamin Richter (rechts) und Jakub Sterba können mit den Dormagenern nur den sportlichen Teil zu ihren Gunsten beeinflussen. Eine andere Chance bleibt ihnen kaum. (Foto: Thomas Schmidt)

Vielleicht werden sie beim TSV Bayer Dormagen ein bisschen neidisch ins Oberbergische blicken. Das hat aber in diesem Fall weniger damit zu tun, dass der VfL Gummersbach unter der Federführung des neuen Trainers Gudjon Valur Sigurdsson an der Tabellenspitze der 2. Bundesliga liegt. Der Traditionsklub führt wegen des besten Torverhältnisses ein Trio mit jeweils 8:2 Punkten an, zu dem noch der ASV Hamm-Westfalen und der Dessau-Roßlauer HV gehören. Erst zehn Ränge tiefer folgen die Dormagener, die sich mit Trainer Dusko Bilanovic genauso intensiv auf die Saison vorbereitet haben – und bisher coronabedingt erst zwei Mal im Einsatz waren. Dann begann es am 2. Oktober auch noch mit einer enttäuschenden Niederlage gegen Dessau (21:24), bei der Bilanovic nicht viel Gutes sah – anders als acht Tage später, als Bayer bei der hoch eingeschätzten SG BBM Bietigheim einen Krimisieg schaffte (26:25). Seit diesem 10. Oktober kämpfen sich die „Wiesel“ von einem Training ins nächste, weil ihnen viel anderes nicht bleibt. Am dritten Spieltag hatte der TSV in der 19er-Gruppe wie geplant spielfrei, ehe die Aufgaben beim Hamburger SV und gegen den TuS Ferndorf coronabedingt verschoben wurden. Nun wollen sich die Dormagener am Samstag im Heimspiel gegen den TuS N-Lübbecke (Nettelstedt) unbedingt wieder für ihre Arbeit belohnen. Die bittere Pille: Handball-Fans werden nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt nicht dabei sein. Ab dem kommenden Montag werden sie nach den am Mittwoch beschlossenen Einschränkungen für den Profisport für den kompletten November sowieso nicht mehr zugelassen. 

Ebenfalls davon betroffen sind die Heimspiele am 18. November gegen die HSG Konstanz und am 28. November gegen den TV Großwallstadt – zwei weitere Partien, die viel über den Verlauf der Serie in sportlicher Hinsicht klären dürften. Einen eindeutigen Favoriten gibt es fürs Duell mit N-Lübbecke nicht, zumal die Gäste einen vergleichbar zerhackten Saisonstart hinter sich haben – zwei Einsätze, eine vorgesehene Pause, zwei Corona-Absagen. TuS-Trainer Emir Kurtagic erwartet eine offene Auseinandersetzung: „Deshalb müssen wir 60 Minuten lang komplett bereit sein, Ärmel hochkrempeln und  unsere optimale Leistung abrufen.“ Der Kollege Bilanovic kann für Dormagen jede einzelne Silbe nur bestätigen und weil es für beide um einiges geht, dürfte es interessant werden.

Vor einer hohen Hürde steht wohl der VfL Gummersbach, der aktuell die Spannung zu bevorzugen scheint und nun beim Wilhelmshavener HV auf dem Prüfstand steht. Nur das 40:25 am zweiten Spieltag gegen den TuS Fürstenfeldbruck war deutlich – nicht aber das 27:25 beim VfL Lübeck-Schwartau, nicht das 25:27 beim ASV Hamm-Westfalen, nicht das 30:29 gegen den TV Hüttenberg und nicht das 27:24 beim TV Emsdetten. Auch nicht zu vernachlässigen: Drei der vier bisherigen Erfolge stammen aus Partien gegen die drei aktuellen Letzten in der Tabelle. Hüttenberg, Emsdetten und Fürstenfeldbruck haben jeweils noch keinen einzigen Zähler auf dem Konto. Ganz anders sieht die Lage in Wilhelmshaven aus, dem nicht erst die jüngsten Corona-Beschlüsse das Überleben in der 2. Bundesliga erschweren. Der WHV hat seine persönliche Horrorfahrt allerdings bereits hinter sich, weil an der Nordsee vor ein paar Wochen ein ganz schlechter Kriminalroman erschien. Haupt-Inhalt: Verhaftung eines Geschäftsführers und Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch die WHV-Sportmarketing GmbH, den wirtschaftlichen Träger des Vereins. Erstaunliche Folge: Trainer Christian Köhrmann und seine Mannschaft sind zurzeit Fünfter mit 6:4 Punkten. In Hüttemberg (32:29), in Fürstenfeldbruck (30:27) und gegen Emsdetten (28:23) konnte der WHV ziemlich eindrucksvoll seine Klassentauglichkeit nachweisen. 

VfL-Trainer Sigurdsson wird sein Team vermutlich intensiv darauf hinweisen, dass die Gastgeber nur mit hundert Prozent Leidenschaft und Leistung zu bezwingen sind. Außerdem geht es darum, ein gutes Gefühl mit in die Länderspiel-Pause und den Platz an der Sonne mit ins nächste Heimspiel am 15. November gegen den HSV Hamburg zu nehmen. Sicher ist schon, dass auch diese Aufgabe unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden wird – was allen Vereinen nicht nur in der 2. Bundesliga die größten möglichen Sorgen bereitet. Ob es ab Dezember wieder mit Fans weitergeht? Alle hoffen es, keiner weiß es. Dann soll es wenigstens ein halbwegs gut gefülltes Konto sein. In diesem Fall das mit den Punkten, versteht sich.