2. Bundesliga
Viel Chaos: Gummersbach quält sich an die Spitze
Beim 26:25 über den HSV Hamburg konnte VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson nur mit dem Ergebnis zufrieden sein.

Was macht ihr da bloß? Gummersbachs Trainer Gudjon Valur Sigurdsson schien bisweilen kaum glauben zu können, was er diesmal in der Schwalbe-Arena zu sehen bekam. Vielleicht hat ihn der Sprung an die Spitze besänftigt. (Foto: Thomas Schmidt)

VfL Gummersbach – HSV Hamburg 26:25 (12:11). Der VfL Gummersbach steht wieder da, wo er nach seinen eigenen Wünschen hingehört – an die Tabellenspitze. Erstürmt oder erobert hat er den Platz an der Sonne in der 2. Bundesliga allerdings nicht, denn der Erfolg über die Hamburger war eher das Produkt von ganz viel Kampf und noch mehr Krampf. HSV-Trainer Torsten „Toto“ brachte es später an VfL-Coach Gudjon Valur Sigurdsson gerichtet auf den Punkt: „Deine Mannschaft war von zwei nicht so guten Mannschaften die etwas bessere.“ Über die zahlreichen Schwachstellen im Anschluss an eine durchaus überzeugende Vorbereitungs-Woche werden sich Sigurdsson und sein Team wohl in den nächsten Tagen ausgiebig zu unterhalten und Ursachenforschung zu betreiben haben, aber bis dahin erst einmal den Blick auf die Zahlen genießen. Wenigstens da gab es am Ende eines chaotischen Nachmittags einen Grund zur Freude: Die Statistik weist den VfL mit 10:2 Punkten als neuen Tabellenführer aus, weil der ASV Hamm-Westfalen (ebenfalls 10:2) über das etwas schlechtere Torverhältnis verfügt (plus 21/plus 17).

Der Traditionsklub aus dem Oberbergischen machte sich bereits in der ersten Halbzeit immer wieder selbst das Leben schwer und der VfL durfte sich mehr als einmal bei seinem Keeper Matthias Puhle bedanken, dass er das Heft des Handelns doch in der Hand behalten konnte. Nach den Treffern von Alexander Hermann zum 6:4 (11.) und Raul Santos zum 7:4 (12.) begann trotzdem die Zeit des Zitterns – um Timm Schneider, der bis dahin als Motor des Angriffs bereits drei Tore erzielt hatte. Dann bekam Schneider nach einem Foul die erste Zeitstrafe verordnet, ehe ihn die Unparteiischen beim Stande von 9:7 erneut vom Platz stellten (21.). Folge: Der Gummersbacher Kapitän fiel ab jetzt für die Zentrale in der Deckung aus, um nicht eine frühe dritte Zeitstrafe und damit die Rote Karte zu riskieren. Erstaunlich: Obwohl Ellidi Vidarsson kurz zuvor ebenfalls eine Zwei-Minuten-Strafe kassiert hatte und Gummersbach mit zwei Mann weniger auf dem Feld stand, passierte gar nicht viel. Der HSV verkürzte zwar auf 8:9 (21.), doch dem VfL gelang eine schnelle Antwort. Erster Hauptdarsteller: Timm Schneider, der auf 10:8 (25.) erhöhte. Zweiter Hautdarsteller: Matthias Puhle, der unter anderem in den letzten Sekunden des ersten Durchgangs einen von insgesamt drei Strafwürfen parierte und so das knappe 12:11 in die Pause rettete.

Wer irgendwie erwartet hatte, dass sich die jungen Hamburger geschockt zeigen würden, sah sich getäuscht. Ab dem 12:13 (32.) drohte den Gastgebern in der bisweilen von irrwitzig vielen Fehlern geprägten Partie sogar das größte anzunehmende Ungemach – 18:19 (42.), 19:20 (44.). Nächstes Handicap: Abwehrspezialist Tin Kontrec fehlte den Hausherren inzwischen ebenfalls, weil er für sein nach Ansicht der Spielleiter zu hartes Einsteigen gegen Hamburgs Thies Bergemann die Rote Karte gesehen hatte (43.). Dass sich Gummersbach davon nicht völlig aus der Bahn werfen ließ, sondern weiter an sich glaubte, war insgesamt die positivste Erkenntnis für Sigurdsson, dessen Mannschaft aus dem Rückstand durch vier Treffer hintereinander den letztlich entscheidenden 23:20-Vorsprung machte (51.). Übers 24:21 (55.) und 25:22 (57.) kam der HSV noch einmal auf 25:24 heran (60.), bevor Ellidi Vidarsson mit dem 26:24 genau 26 Sekunden vor dem Ende für die Entscheidung sorgte.

Bei VfL-Coach Sigurdsson war vor allem die Erleichterung groß: „Ich bin glücklich, dass wir dieses Spiel gewonnen haben. Mit den letzten zehn Minuten können wir zufrieden sein. An allem anderen müssen wir weiter arbeiten.“ Wenig glücklich dürfte ihn nicht zuletzt der Mangel an Torgefahr aus dem Rückraum gemacht haben, der bis auf Timm Schneider zu selten stattfand. Wer von den 26 erzielten Treffern die fünf abzieht, die der VfL ins hier nach Zeitstrafen jeweils verwaiste Gehäuse der Gäste erzielte, kommt nur auf 21 weitere Tore – aus denen noch Siebenmeter und Strafwürfe herauszurechnen sind. Stichpunkt Zeitstrafen: Die insgesamt zwölf Platzverweise für zwei Minuten sowie die eine Rote Karte passten gar nicht zum Spiel, das beide Mannschaften durchaus anständig führten. Passend war dafür das Erstaunen von Santos, der für zwei Minuten runter sollte – obwohl er gar nicht der Übertäter war, sondern Vidarsson (54.). Da hatten die Unparteiischen kurz den Überblick verloren. Wie über zu viele der 60 Minuten auch die beteiligten Spieler.

VfL Gummersbach: Valerio, Puhle – Schröter, Fanger, Vidarsson (5), Blohme (5), Kontrec, Häseler, Schuster, Hermann (2), Schneider (7), Meinhardt, Santos (3), Kiesler, Stüber (1), Bozovic (3/2).