03. Dezember 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Was ist los mit der 3. Liga? Auf den ersten Blick mittlerweile nichts mehr – was sich sogar in die eine oder andere Richtung interpretieren lässt. Alles in Ordnung sieht aber ganz anders aus, denn die Saison hakt an allen Ecken und Enden. Erstens: Vor gut drei Wochen hatten sich die Spielleitende Stelle und die Vereine zu einer Online-Staffeltagung zusammengeschaltet. Man verständigte sich darauf, den Spielbetrieb nicht nur bis zum 30. November auszusetzen, sondern erst am 9./10. Januar weiterzumachen. Das bestätigte der DHB kurz darauf in einer „amtlichen“ Mitteilung. Zweitens: Es kam mal wieder ganz anders. Am Dienstag (1. Dezember) veröffentlichte der DHB ganz ohne vorherige Staffeltagung eine Mitteilung, die Pause werde bis zum 31. Januar 2021 verlängert. Ein Auszug: „Der zunächst für das Wochenende 9./10. Januar geplante Neustart der 3. Liga ist nicht umsetzbar. Priorität hat weiterhin eine möglichst durchgehende Wiederaufnahme des Trainings, wo dies mit Blick auf das Infektionsgeschehen verantwortbar ist. Dies ist die Basis für die Wiederaufnahme des Spielbetriebes. Die zuständigen Mitarbeiter im DHB präzisieren in der Zwischenzeit das Hygienekonzept für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Der weitere Umgang mit der Saison 2020/21 wird weiter in den zuständigen DHB-Gremien beraten. Anfang Januar wird sich die Spielkommission 3. Liga erneut in Videokonferenzen mit den Vereinen der Männer und Frauen austauschen.“ Vielleicht hätten sie lieber noch zwei Tage warten sollen – bis nach dem jüngsten Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder.
Dessen Kern-Botschaft: Das, was gerade „Teil-Lockdown“ heißt, wird bis zum 10. Januar 2021 verlängert. Demnach sollen Restaurants, Museen, Theater und Freizeiteinrichtungen weiter geschlossen bleiben. Und Breitensport ist unverändert tabu, sowohl im Training als auch mit Meisterschaftsspielen. Da schließt sich nun der Kreis zur 3. Liga, für die immer noch eine einheitliche Definition fehlt. Weil gleichzeitig ganz offensichtlich das nachhaltige Interesse an einer Entscheidung selbst im verantwortlichen Verband kaum zu erkennen ist, wird die nächste Verschiebung des Re-Starts fast zwangsläufig kommen. Dass ab dem Wochenende 5./6. Februar wieder Punktspielbetrieb in den Hallen stattfindet? Wir wetten: Niemals.
Der Drittliga-Handball steckt in einer Sinnkrise und vielleicht hat er in seiner aktuellen Ausgestaltung nicht mal ohne Corona eine Zukunft. Trotzdem gibt es sie – diejenigen, die nicht aufgeben, die für ihre Ziel kämpfen, die unbedingt wieder zurück in die Halle wollen. Während Drittligisten wie die TSG Haßloch in Rheinland-Pfalz mittlerweile wieder durchgängig trainieren dürfen, sind nicht wenige Kollegen eher mit Cyber-Training beschäftigt. Ganz NRW liegt auf Eis. Ganz NRW? Nein. Mindestens zwei von Handball-Verrückten bevölkerte Vereine hören nicht auf, dieser verzwickten Situation entschlossen entgegenzutreten. Das hat nicht zuletzt mit der jeweiligen Handball-DNA zu tun. Der VfL Eintracht Hagen ist in der Gruppe Nord/West ein Titelkandidat, wenn nicht sogar der Favorit auf die Meisterschaft. Die HSG Krefeld will in der Gruppe Mitte den Abstieg aus der 2. Bundesliga so schnell wie möglich korrigieren. Was beide, die ohne Neuordnung der Gruppen direkte Titelkonkurrenten gewesen wären, gemeinsam haben: Sie verfügen in Umfeld, Führungsebene und Mannschaft über professionelle Strukturen. Deshalb wollen sie so rasch wie möglich zurück in den Spielbetrieb. Und beide eint, dass sie in Gesprächen mit den zuständigen Gesundheitsämtern jenen Profi-Status nachweisen sowie die notwendigen Hygienekonzepte mit regelmäßigen Tests vorlegen konnten. Deshalb sind sie längst zurück im Trainingsbetrieb.
Hagen arbeitet unter der Regie von Cheftrainer Stefan Neff mit der üblichen Intensität von acht Einheiten pro Woche. „Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht“, sagt Sportdirektor Michael Stock. Damit meint er modifizierte Inhalte, die nun regelmäßig den individuellen Anforderungen angepasst sind/werden können. Beispiel: A-Jugendliche wie Luca Klein oder Nico Bratzke bekommen jetzt die Chance, intensiv ihre Athletik zu verbessern. Andere können ihre Ausdauer auf ein (noch) höheres Niveau heben. Zusätzlich baut das Trainerteam Unterhaltungs-Elemente wie Hockey oder Tischtennis in den Alltag ein – der ja nicht die reine Erfüllung ist, weil das Ziel fürs Wochenende fehlt, also der Wettkampf. Ob der nun am 1. Februar zurückkommt oder vielleicht erst am 1. März, sehen sie in Hagen als zweitwichtigstes Thema an. Das wichtigste: „Wir müssen alles dafür tun, dass wir weiterspielen und eine gewertete Saison bekommen.“ Gelinge das nicht, sei mit dem Blick auf die Einnahmeseite etwa durch nachlassende Sponsoren-Unterstützung der Handball in Gefahr – wie auch die Existenz einiger Vereine.
Wie ernst es die Eintracht mit dem professionell ausgerichteten Handball meint, zeigt eine bemerkenswerte Personalie. Heute Nachmittag (Donnerstag, 3. Dezember) bestätigte der Klub, dass er mit sofortiger Wirkung einen weiteren Rückraumspieler verpflichtet: Vom finanziell erheblich unter Druck stehenden Wilhelmshavener HV kommt Tobias Schwolow (29), der in den vergangenen Jahren eine wesentliche Stütze des Zweitligisten war. Die Verpflichtung belegt noch einmal, dass sie in Hagen unbedingt nach oben wollen und dabei optimistisch bereits an die Zukunft denken. „Natürlich ist das ein Vorgriff auf die kommende Saison“, betont Stock.
Sportlich wäre die HSG Krefeld Niederrhein nach dem Abstieg fast einer der direkten Titelkonkurrenten gewesen – wenn es nicht eine Neu-Aufteilung der Gruppen gegeben hätte. Letztlich blieb der VfL in seiner alten Gruppe Nord/West, während die Eagles in die Gruppe Mitte versetzt wurden. Geblieben ist die sehr ähnliche innere Einstellung zum Handball. „Klar haben wir professionelle Strukturen“, meint Geschäftsführer André Schicks, „für uns geht es darum, dass wir so schnell wie möglich zurück in die Spur finden und dass Ligabetrieb stattfindet. Du stellst ja keine Mannschaft zusammen, um dann keine Saison zu haben.“ Seine Ansicht zum Verhalten des DHB und der Entwicklung der 3. Liga: „Ich glaube, da geht gerade gar nichts. Wir fühlen uns als Klub nicht ernst genommen.“ Er hätte hinzufügen können, dass sich der Handball allgemein zu schlecht darstellt.
Der dringende Wunsch der Krefelder, die ebenfalls einen Schaden für den Handball allgemein befürchten: „Lasst die Spiele beginnen.“ Gemeint ist ganz konkret eine relativ einfache Möglichkeit, den Wiederbeginn zu forcieren: Man frage ab, wer gewillt ist, unter den aktuellen und herausfordernden Bedingungen mit besonderen Hygiene-Maßnahmen und Regel-Tests zu spielen. Aus diesem Kreis ließen sich verschiedene Gruppen bilden, die in erster Linie um die Meisterschaft und den Aufstieg in die 2. Liga kämpfen. Beispiel: Treten 32 Mannschaften dem neuen Kreis bei, wären vier Achter-Gruppen denkbar, die eine Hin- und Rückrunde absolvieren. Ergäbe für jeden Teilnehmer zunächst 14 Spiele, die im Frühjahrs-Terminkalender unterzubringen wären. Und der Rest der Klubs, die den höheren Aufwand für eine Fortsetzung der Saison nicht stemmen können oder aus anderen Gründen nicht wollen? Sie würden die Saison nach diesem Modell eventuell beenden – ohne dass sie zurück in der Regionalliga oder Oberliga müssten. „Du brauchst doch nicht unbedingt Absteiger zu generieren“, findet Schicks. Zumindest in Hagen, wo sie ebenfalls intensiv über eine Alternative nachdenken, finden sie die Idee spannend. Sportdirektor Stock: „Wir können jeder Vorstellung etwas abgewinnen, die uns weiterbringt.“ Was mit der 3. Liga los ist? Auf den zweiten Blick wohl eine ganze Menge. Das ist die gute Nachricht: Vielleicht bewegt sie sich doch.