Regionalliga Nordrhein/Oberliga Niederrhein
Fieberhafte Suche: Zwischen halben Tabellen und Annullierung
Der HVN hat sich für seine Oberliga zwei Varianten überlegt. Eine gewertete Saison wollen auch die Regionalligisten.

Schön klebrig: So sieht ein Ball auch bei Amateur- und Breitensportlern aus, wenn sie ihr Lieblings-Spielgerät denn benutzen dürfen. Davon kann zurzeit aber keine Rede sein. (Foto: Thomas Schmidt)

Der Handball-Verband Niederrhein hat sich diesmal als Erster aus der Deckung gewagt und ein Papier mit Gedanken und konkreten Vorschlägen für die Fortsetzung der Saison vorgelegt. Demnach kommen für den HVN nach einer (Video-)Konferenz mit Präsidium und Technischer Kommission zwei Varianten in Frage – die unter dem Strich sehr einer aus der Mathematik bekannten Gleichung mit Unbekannten ähneln. Variante eins ist kompliziert und braucht mehrmaliges Nachrechnen, um sie nachvollziehen zu können. Ihr Kardinalfehler: Sie setzt voraus, dass die als Breitensportler geltenden Handballer ab der Oberliga abwärts am 11. Januar 2021 wieder zum Training in die Hallen zurückkehren können. Das dürfte angesichts der (Lockdown-)Maßnahmen von Bund und Ländern ein ziemlich frommer bis unrealistischer Wunsch sein – nachvollziehbar allerdings, weil der Handball allmählich in seiner Substanz Schaden zu nehmen droht. Gesetzt den Fall, dass es doch mit dem Hallen-Comeback klappt, könnte die unterbrochene Meisterschaft nach knapp vier Wochen Vorbereitung am 6. Februar 2021 weitergehen. Wir rechnen am Beispiel der aktuell auf Platz vier eingeordneten DJK Adler Königshof kurz nach: Vom letzten Spiel am 10. Oktober gegen Borussia Mönchengladbach bis zum Re-Start ins Training wären ziemlich genau drei Monate ins Land gestrichen. Das ist für Handball-Verhältnisse eine verdammt lange Zeit und niemand käme auf die Idee, bei einer normalerweise Mitte Mai beendeten Regel-Saison mit einer ähnlichen Mini-Vorbereitung ab Mitte August im frühen September wieder den Kampf um Punkte aufzunehmen.

Nach der Variante eins in Gruppen mit 14 Mannschaften – also wie in der Oberliga – solle die Saison mit der für den 6./7. Februar 2021 angesetzten Partien weitergehen. Am Ende hätten dann alle Mannschaften 17 Spieltage auf dem Konto – weil die bis zur Unterbrechung im Oktober ausgefallenen Spiele nachgeholt werden sollen. Am Ende stünde dann für die Entscheidungen in Aufstieg und Abstieg die Quotientenregelung zur Verfügung. Demnach würde die Zahl der erarbeiteten Punkte durch jene 17 absolvierten Partien geteilt. Der Vorschlag hat einen Haken: Er ist kompliziert und wirkt irgendwie unfertig. 

Variante zwei geht ebenfalls davon aus, dass ausgefallene Spiele nachgeholt werden. Gleichzeitig unterstellt sie, dass eine Rückkehr in die Hallen erst bis spätestens 15. Februar möglich ist. So würde es nach wenigstens vier Wochen Vorbereitung mit den für 13./14. März angesetzten Partien des alten Spielplans weitergehen. Wir rechnen am Beispiel des aktuellen Tabellenführers Borussia Mönchengladbach nach, der bei 12:0 Punkten aus sechs Aufgaben steht und zuletzt – siehe oben – am 10. Oktober in Königshof gewann. Die Partie beim TV Krefeld-Oppum fand seinerzeit nach der Unterbrechung nicht mehr statt, sodass Mönchengladbach tatsächlich am 13. März in Krefeld wieder einsteigen könnte. Danach hätte das Team von Trainer Ronny Rogawska weitere sechs Einsätze vor sich und wäre mit dem Finale am 9. Mai 2021 beim VfB Homberg fertig. Stichwort Homberg: Die Mannschaft von Trainer Sascha Thomas müsste im selben Zeitraum zusätzlich drei Nachholspiele unterbringen. Wenn alle das etwas andere Programm hinter sich haben, wäre als Mischung aus Hin- und Rückrunde immerhin ein komplette Runde komplett. Absteiger gäbe es auch – fast normal, nur eben an Hand der „halben“ Tabelle.

Die Vereine der Regionalliga und Handball Nordrhein sind sich nach ausführlichen Gesprächen in einer vor knapp einer Woche veröffentlichten Erklärung vor allem in drei Punkten einig. Sie wollen unbedingt einen sportlichen Abschluss der Saison erreichen – also eine Wertung auf dem Spielfeld hinbekommen, wobei der Modus noch festzulegen ist. Außerdem wollen sie eine Vorbereitungszeit von mindestens vier Wochen. Gleichzeitig würde der Meister in die 3. Liga aufsteigen – unter Verzicht auf Absteiger. In Kürze soll es eine weitere Zusammenschaltung geben, um weitere/neue Beschlüsse des Bundes/der Länder in die allgemeinen Überlegungen einfließen zu lassen. Jene Passage dürfte damit hinfällig werden: „Sollte der Handballsport durch die politisch Verantwortlichen in NRW im Januar wieder zugelassen werden, strebt der Handball Nordrhein e.V. einen Wiederbeginn der Saison am 06.02.2021 an.“

Seine Durchführungsbestimmungen hat Handball Nordrhein im Übrigen vor  knapp einem Monat coronabedingt angepasst. Die Fassung stammt vom 14. November und trägt die Bezeichnung „Finale Version“.  Dort heißt es in Abschnitt II (Spieltechnische Bestimmungen) im Punkt 3.2.1.: „Sollte die Saison aufgrund höherer Gewalt nicht zu Ende gespielt werden können, wird die Saisonwertung auf der Grundlage der sog. Quotientenregelung zum Zeitpunkt des Saisonabbruchs vorgenommen. Voraussetzung ist, dass mindestens die Hälfte aller Regelspieltage absolviert wurden. Notwendige Spielverlegungen
bleiben unberücksichtigt. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, wird die Saison annulliert.“ Annulliert klingt auch nicht besser als abgebrochen. Dann wäre weiterspielen mit Absteigern die bessere aller aus der Not geborenen Ideen.