17. Dezember 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Es ist gut, dass Gudjon Valur Sigurdsson als früherer Weltklasse-Spieler so viel in Europa herumgekommen ist und vermutlich alles erlebt hat. Deshalb wird der neue Trainer des VfL Gummersbach seiner Mannschaft sicher noch einmal intensiv vermitteln, was sie sich für die durchaus beeindruckende Serie von sieben Siegen hintereinander kaufen können – nämlich nichts. Dem Tabellenführer (18:2 Punkte) hilft es wenig, dass er seit dem 25:27 am 17. Oktober beim ASV Hamm-Westfalen und seit über zwei Monaten nicht mehr verloren hat. Es bringt auch nicht viel, dass auf dem Konto ein knapper 26:25-Heimsieg über den ersten Verfolger HSV Hamburg steht (18:4). Dass Sigurdsson ohnehin lieber immer „nur“ an die bevorstehende Aufgabe denkt, dürfte den Gummersbachern in diesem und in den weiteren Fällen zunächst bis zum Jahresende sehr helfen. Mit der etwas speziellen Aufgabe gegen die zurzeit im Tabellenkeller angesiedelte SG BBM Bietigheim geht es am Samstag los, ehe zwei weitere Top-Paarungen auf dem Programm stehen. Es folgen direkt nach Weihnachten am 27. Dezember das Spitzenspiel gegen den Dritten TuS N-Lübbecke (14:6) und als Jahresfinale am 30. Dezember das West-Derby beim Siebten TSV Bayer Dormagen (10:8), der an guten Tagen zu allem fähig ist.
Alle sind sich einig: Bietigheim, das erst sieben Partien absolvieren konnte (6:8 Zähler), gehört nicht auf Rang 15, sondern eher ziemlich weit nach oben. Ursache für den bescheidenen Stand der Dinge: Die SG ist der mit weitem Abstand am meisten von coronabedingten Pausen betroffene Klub. Gleich zweimal musste das Team von Trainer Hannes Jón Jónsson (Isländer wie Sigurdsson) die Saison unterbrechen und konnte so kaum zum richtigen Rhythmus finden. Vorübergehend fand sich der Kandidat für die Ränge ganz vorne sogar auf dem letzten Platz wieder, doch inzwischen scheinen die Zeichen auf Aufschwung zu stehen. Das 25:18 über den Wilhelmshavener HV war bereits souverän und das 28:19 über den Fünften VfL Lübeck-Schwartau in der Summe sogar beeindruckend. Logisch: Gummersbach hat unbedingt vor, die Pläne der Gäste für einen weiteren Erfolg zu durchkreuzen. „Dieses Spiel ist sehr wichtig für uns, weil wir an der Tabellenspitze bleiben wollen“, sagt Abwehrspezialist und Kreisläufer Tin Kontrec. Außerdem betont er, dass sich die Gummersbacher nicht mit dem bisher Erreichen begnügen wollen: „Wir arbeiten jeden Tag daran, besser zu werden.“
Das ist grundsätzlich auch die natürliche Einstellung des TSV Bayer Dormagen, der zuletzt allerdings vor allen Dingen in der fehlenden Beständigkeit konstant wirkte. Keine zwei Wochen ist es her, dass die Mannschaft von Trainer Dusko Bilanovic beim Aufsteiger TuS Fürstenfeldbruck enttäuschend mit 28:30 den Kürzeren zog. Anschließend gab es in eigener Halle die 27:19-Gala gegen den ASV Hamm-Westfalen, bei der Dormagen vor allen Dingen nach der Pause in der Abwehr fast perfekt arbeitete. Und dann kam der Dienstagabend mit dem Nachholspiel beim HSV Hamburg, für das sich alle Beteiligten einiges ausgerechnet hatten. Beim Stande von 19:18 (42.) sah noch alles sehr brauchbar aus, ehe rund zehn Minuten später alle Chancen im Nirgendwo verschwunden waren – 22:28 (53.). Bilanovic weiß, warum sich die Waage neigte: „Wir haben das Spiel einfach aus der Hand gegeben. Hamburg ist nicht extrem besser.“ Wie es aus dem Nichts zur plötzlichen Häufung von Fehlern und unglücklichen Wurf-Entscheidungen kam, ließ sich jedoch selbst in der internen Aufarbeitung nicht schlüssig herausfiltern.
Die Niederlage im Norden gehört in die Kategorie ärgerlich, weil sie nicht hätte sein müssen – wie jene im Süden beim TuS Fürstenfeldbruck. Obwohl dem TSV Bayer somit nach Bilanovics Rechnung drei bis vier Zähler auf dem Konto von 10:8 Punkten fehlen, ist der Coach mit dem bisherigen Verlauf nicht völlig unzufrieden. „Wir sind noch keine Spitzenmannschaft, aber wir sind Siebter in einer starken 2. Liga. Wir arbeiten hart dafür, bis zum Jahresende das Beste für uns herauszuholen. Wir wollen uns stabilisieren und Schritt für Schritt nach vorne kommen.“ Auf diesem Weg wartet jetzt am Freitagabend beim TV Emsdetten schnell die nächste Herausforderung – weil die Gastgeber aus dem nördlichen Münsterland mit 5:17 Zählern auf dem drittletzten Platz festhängen. „Die kämpfen ums Überleben“, findet Bilanovic. Dormagen braucht deshalb aus seiner Sicht ein allgemeines Höchstmaß an Einsatz und Leidenschaft besonders in der Abwehr. Genau jene Tugenden trug der TVE am vergangenen Samstag vor. In Hamburg. Beim Dormagen-Bezwinger. Da scheitete Dirk Holzner eine Sekunde vor der Schluss-Sirene beim Stande von 22:23 an HSV-Keeper Jonas Meier und verpasste hier den greifbar nahen Ausgleich. Der TSV hätte wohl wenig dagegen, wenn ihm ein ähnliches Happy End gelingt. Vielleicht greifen ja alle Rädchen ineinander – mit einer Top-Defensive vor Keeper Martin Juzbasic, Schwung und Ideen auf allen Rückraum-Positionen, Einbindung der Außen und Aktionen über den Kreis.