2. Bundesliga
Lohn der Leidenschaft: Dormagen beschenkt sich selbst
TSV Bayer besiegt den VfL Lübeck-Schwartau verdient mit 24:22 und klettert dadurch auf den vierten Tabellenplatz.

Hoch, höher Richter: Benjamin Richter (mit Ball) und seine Dormagener waren nach 60 Minuten obenauf. (Foto: Thomas Schmidt)

TSV Bayer Dormagen – VfL Lübeck-Schwartau 24:22 (13:12). Vermutlich werden sie sich in Dormagen beim Blick auf die Tabelle noch einmal gegenseitig kneifen und das Dokument womöglich sogar in einem Rahmen archivieren – weil es einfach zu schön aussieht. Grund: Durch den mit viel Leidenschaft und eine starke Abwehrleistung erkämpften Erfolg zog das Team von Trainer Dusko Bilanovic an den Gästen aus dem Norden vorbei und ist nun selbst Vierter. „Das ist perfekt“, urteilte der begeisterte Coach, der seiner Mannschaft eine kämpferische und taktische Top-Partie bescheinigte: „Kompliment. Die Jungs haben super umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten.“ Hinter dem HSV Hamburg (22:4), dem VfL Gummersbach (20:2) und dem TuS N-Lübbecke (18:6) geht der TSV nun mit 14:8 Zählern und einem mehr als guten Gefühl in die kurze Unterbrechung über Weihnachten, die den Begriff „Pause“ kaum verdient. Nur der Heiligabend ist frei, bereits am 1. Weihnachtstag steht das nächste Training auf dem Programm – und am 2. Weihnachtstag die Aufgabe beim Wilhelmshavener HV.

Der Auftakt deutete auf größeres Ungemach hin, weil die Hausherren schnell hinten lagen und zunächst keinen richtigen Weg in die Partie zu finden schienen – 0:2 (3.), 1:3 (4.), 2:4 (5.). Beim 4:4 (10.) durch den Siebenmeter von Joshua Reuland gelang zum ersten Mal der Ausgleich und kurz darauf ließen sich die Hausherren weder vom 4:6 (13.) noch vom 5:7 (14.) aus der Bahn werfen – obwohl vorne längst nicht alles nach Wunsch lief und Keeper Martin Juzbasic erst einmal selten eine Hand an den Ball bekam. Doch schon jetzt klar erkennbar: Dormagen hatte das feste Ziel, sich selbst das passende Weihnachtsgeschenk zu machen. Die Gäste, deren sonst so gefährlicher Regisseur Julius Lindskog Andersson praktisch nicht stattfand und diesmal nur Fahrkarten produzierte, schafften mit dem 11:10 (25.) ihre letzte Führung. Dass es nur der Anfang vom Ende war, ahnten hier allerdings wohl nicht mal die Gastgeber, die bei konsequenter Chancenverwertung mit einem deutlicheren Polster in die Halbzeit gegangen wären.

Siegerfäuste: Trainer Dusko Bilanovic und seine Mannschaft gehen mit einem richtig guten Gefühl in die Weihnachtstage. (Foto: Thomas Schmidt)

Für mehr als sieben Minuten gönnten sich beide Seiten nach dem Wechsel eine komplette Flaute ohne einen einzigen Treffer, ehe Lübeck zum 13:13 (38.) und etwas später zum 16:16 (45.) kam. Keine fünf Minuten später war Dormagen auf den Weg zu zwei Punkten eingebogen – mit dem 17:16 (46.) von Ante Grbavac, dem 18:16 (47.) von Ian Hüter, dem 19:16 (48.) durch Grbavac und dem 20:16 (50.) durch Kreisläufer Antonio Juric, der anschließend das nicht weniger wichtige 22:18 (53.) beisteuerte. Mit diesen beiden Toren befand er sich im Übrigen in bester Gesellschaft, denn die Teamkollegen Grabavac, Alexander Senden, André Meuser und Patrick Hüter waren ebenfalls jeweils zweimal erfolgreich – also praktisch der halbe Kader. Anders ausgedrückt heißt das wohl mannschaftliche Geschlossenheit, die auf der Zielgeraden auch die letzten Versuche (offene Deckung) der Lübecker unbeschadet überstand. Hinzu kamen ein bisschen Glück (Pfostentreffer des VfL) und ein Martin Juzbasic, der sich zunehmend in die überragende Form der vergangenen Wochen hineinsteigerte. Mit dem 24:21 (60.) von Jakub Sterba war dann endgültig alles gelaufen und die Dormagener konnten auf der Bank mit dem Abklatschen beginnen. „Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft“, fand Bilanovic, „wir haben gegen eine Spitzenmannschaft gewonnen.“  

Für die Aufgabe an der Nordsee bleibt den Dormagenern nun wenig anderes übrig, als erneut die vorhandenen Reserven anzuzapfen. Deutlich einfacher erwartet es Bilanovic dort jedenfalls nicht: „Die kämpfen ums Überleben.“ Der WHV hat beträchtliche finanzielle und personelle Turbulenzen hinter sich, sodass er inzwischen mitten im Kampf gegen den Abstieg steht. Zusätzliches Handicap: Am Ende der Saison werden vom Konto (10:14) des auf Platz zwölf abgerutschten Kubs noch vier Punkte abgezogen. Die 23:29-Niederlage am Mittwochabend beim HC Eblorenz Dresden hat die Lage weiter zugespitzt, sodass der TSV nicht das kleinste Geschenk erwarten darf. Auf der anderen Seite bietet sich realistisch die Gelegenheit, durch einen weiteren Erfolg die Position so weit oben ein Stück weit zu festigen. Dann wäre der Jahres-Abschluss am 30. Dezember gegen den VfL Gummersbach ein echtes Spitzenspiel. Die Dinge in der 2. Bundesliga könnten für Handball-Dormagen auf der Zielgeraden eines ungewöhnlichen Jahres schlechter stehen. 

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Baranasic – Reuland (5/1), Seesing, Senden (2), Meuser (2), Juric (2), Richter (1), Rehfus, I. Hüter (3), Reimer, Noll, P. Hüter (2), Johannmeyer, Sterba (5), Grbavac (2).