30. Dezember 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
TSV Bayer Dormagen – VfL Gummersbach 24:24 (12:13). Wer mehr mit dem Abend und dem Ergebnis anfangen konnte, zeigte sich unmittelbar nach der Schluss-Sirene. Da fanden sich die Dormagener blitzschnell zum tanzenden Kreis zusammen und feierten, als hätten sie gerade die Meisterschaft gewonnen. Auf der anderen Seite standen die Gummersbacher und rätselten wenigstens noch ein bisschen, was ihnen gerade widerfahren war. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson in der entscheidenden Phase nicht jene Cleverness und Klasse gezeigt, an der zuletzt neun Kontrahenten hintereinander gescheitert waren. Weil die Hausherren bis zuletzt mit höchster Leidenschaft für die Überraschung kämpften und selbst bei Rückständen nicht aufgaben, sprang am Ende ein tatsächlich für beide Seiten gerechtes Unentschieden heraus. Während die Gummersbacher im Kampf um die Spitze mit ihren 23:3 Punkten weiter Zweiter hinter dem „Wintermeister“ HSV Hamburg sind (26:4), geht Dormagen als starker Vierter (17:9) in die wegen der Mitte Januar beginnenden WM in Ägypten über fünf Wochen lange Zweitliga-Pause.
Der Auftakt – ein Traum für die Gastgeber, denn André Meuser (1.), Alexander Senden (3.) und Patrick Hüter(4.) sorgten für eine 3:0-Führung. Fast logisch: Solche Rückstände sind nichts, was ein Top-Team wie den VfL direkt aus der Fassung bringt. Deshalb entwickelte sich rasch ein offener Kampf, in dem Dormagen fast an sich selbst zu scheitern schien: Wer drei Siebenmeter sowie weitere freie Chancen auslässt, kann normalerweise gegen den VfL nicht gewinnen. Dass der TSV trotzdem dranblieb und zur Pause nur knapp hinten lag, war unter anderem ein Verdienst von Keeper Martin Juzbasic, der sich mit seinem Gegenüber Matthias Puhle im Kasten der Oberbergischen ein tolles Duell lieferte. Und es hatte viel mit dem unbedingten Willen zu tun, für einen positiven Abschluss des für alle verrückten Jahres zu sorgen. So war das 12:13 (30.) durch den von Meuser bedienten Kreisläufer Antonio Juric der Lohn für maximalen Einsatz – zwei Sekunden vor der Halbzeit.
Gummersbach blieb sich zunächst sehr treu und kümmerte sich herzlich wenig um äußere Einflüsse oder für beide Seiten umstrittene Schiedsrichter-Entscheidungen. Mit dem 16:14 (37.), und erst recht mit dem 19:16 (44.) oder 20:17 (46.) war die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson bereits auf dem Weg zu zwei weiteren Zählern, doch Dormagen ließ sich nicht abschütteln – und nahm die immer wieder vorkommenden Ungenauigkeiten der Gäste dankend an. Plötzlich lagen Sieg, Unentschieden oder Niederlage lediglich ein paar Zentimeter auseinander: Gummersbachs Alexander Hermann traf mit seinem Distanzwurf krachend die Latte und verpasste hier in der 57. Minute das 24:22. Praktisch im Gegenzug zauberte TSV-Kapitän Patrick Hüter den Ball am Kreis zum 23:23 (57.) ins Netz, sodass beide Seiten in eine packende Endphase mit wechselnden Hauptdarstellern gingen. Puhle wehrte ab und Juzbasic zog direkt nach, indem er einen Strafwurf von Raul Santos abwehrte. Dann schaffte Hermann eine halbe Minute vor Schluss das 24:23 (60.) für Gummersbach, auf das der TSV in einer letzten Auszeit die passende Antwort suchte – und fand. Erneut Patrick Hüter traf neun Sekunden vor dem Abpfiff, sodass plötzlich das gerechteste mögliche Resultat auf der Anzeigetafel stand.
Das sah Gummersbachs Geschäftsführer Christoph Schindler kurz darauf ebenfalls so: „Das geht in Ordnung. Dormagen hat das auch gut gemacht. Ich ärgere mich nur, dass wir so viele Fehler gemacht und einige Leistungsträger ihre Leistung nicht gebracht haben. Wir haben alle im Jahr 2020 keine einfache Situation hinter uns und nehmen diesen Punkt jetzt einfach mit.“ Kein großes Wunder: TSV-Trainer Bilanovic, der sichtlich begeistert wirkte, konnte die Angelegenheit deutlich entspannter sehen: „Das war ein toller Abschluss. Wir haben in der zweiten Halbzeit sehr gut gedeckt.“ Der Blick auf die insgesamt zu hohe Zahl an Fehlwürfen ließ ihn sogar darauf schließen, dass eventuell vielleicht noch mehr drin gewesen wäre. So saßen Schindler und Bilanovic mit ihren Analysen plötzlich in einem Boot am Ende eines aufregenden Abends. Dass die Hausherren mit dem Ergebnis mehr anfangen konnten, ist doch keine Überraschung.
TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Baranasic – Reuland (2), Seesing, Senden (5), Meuser (6), Juric (1), Richter (2/1), Rehfus, I. Hüter (1), Reimer, Noll, P. Hüter (6), Johannmeyer, Sterba (1).
VfL Gummersbach: Valerio, Puhle – Schröter (3), Fanger, Vidarsson (6), Blohme (2), Kontrec (2), Häseler, Hermann (3), Schneider (3), Meinhardt (3), Santos (3/3), Kiesler, Haller, Stüber, Bozovic.