Unser WM-Experte: Felix findet Fakten
Beweis in Zahlen: Spaniens Sieg ist verdient
Beim deutschen 28:32 war aber nicht alles schlecht - und Kai Häfner lag im PlayerScore sogar vorne.

Schaffen sie es irgendwie noch? Trainer Alfred Gislasson (mittlere Reihe links) und die deutsche Nationalmannschaft brauchen für den Einzug ins Viertelfinale eine Art Wunder. (Foto: Sascha Klahn/DHB)

So richtig viele Hoffnungen auf den Einzug ins Viertelfinale hat die deutsche Mannschaft bei der Weltmeisterschaft in Ägypten nach dem 28:32 gegen Spanien in der ersten Partie der Hauptrunde nicht mehr. Offensichtlicher und für alle Fans des Teams von Trainer Alfred Gislasson schmerzhafter Knackpunkt: Nachdem Deutschland aus dem 13:16 zur Pause mit dem Treffer von Philipp Weber in der 44. Minute eine 25:22-Führung gemacht hatte, gab es jene verhängnisvolle Flaute mit sechs Gegentoren hintereinander – 22:28 (52.).  Auf der Zielgeraden ließen sich die routinierten Spanier dann das Heft nicht mehr aus der Hand nehmen. Unser WM-Experte Felix Linden, Chefcoach des Drittligisten HSG Krefeld Eagles, Lehrer, Buchautor und Handball-Verrückter, hat den deutschen Auftritt wieder genau unter die Lupe genommen. Ergebnis: Es war nicht alles schlecht und am Ende definitiv mehr drin. Die Analyse bestätigen Werte aus dem „PlayerScore“, die Jörn Uhrmeister zur Verfügung gestellt hat. Er arbeitet der an der Ruhr-Uni Bochum am Institut für Sportwissenschaft – offiziell im „Lehr- und Forschungsbereich Sportarten und Bewegungsfelder“. Jörn hat zusammen mit Oliver Brosig den „PlayerScore“ erfunden, bei dem zahlreiche Daten aus jeder Partie einfließen. Hier ist Felix‘ Analyse:

Beim 25:22 kam neue Hoffnung auf für die deutsche Mannschaft, die das Spiel gedreht und für vorsichtigen Optimismus gesorgt hatte. Dann kam aber eine Phase, die der „Gamechanger“ für die Spanier war: Zwei Fehlpässe von Juri Knorr in Richtung Kreis, ein völlig frei verworfener Tempogegenstoß von Uwe Gensheimer und ein freier Wurf aus gutem Winkel von Timo Kastening. Hinzu kam der verworfene Siebenmeter von Marcel Schiller. Gegen eine Mannschaft wie Spanien ist dies einfach zu viel.

Großes Manko war allerdings der Innenblock. Entweder war er viel zu passiv – oder viel zu offensiv und es gab keinen Kontakt gegen den ballführenden Spieler. Natürlich hat Spanien Weltklasseleute in seinen Reihen, aber Sebastian Firnhaber und Johannes Golla verloren ihre Zweikämpfe zu oft und zu einfach. Da ist definitiv Steigerungspotenzial vorhanden. In der zweiten Halbzeit fand eine „Isolation“ gegen Firnhaber statt und damit war es nur eine Frage der Zeit, dass er hier die dritte Zwei-Minuten-Strafe sowie die Rote Karte sehen würde. Die Spanier hatten ihn ausgesucht, dann griffen sie ihn die ganze Zeit an und provozierten die Zeitstrafe. Dass jene dritte eigentlich Kai Häfner hätte bekommen müssen, blieb letztlich eine Randnotiz.

Klarer Fall: Für Felix Linden war die Niederlage gegen Spanien unter anderem anhand der Datenlage keine große Überraschung. (Foto: Samla.de)

Der Plan der Deutschen war in den ersten Minuten zu erkennen: Offensiv gegen den Ballhalter, dahinter verschieben und – wenn möglich – die Außen werfen lassen. Auf der anderen Seite sind die Spanier für ihr offensives und antizipatives Abwehrspiel bekannt. Damit machten sie es den Deutschen vor allem in der ersten Halbzeit sehr schwer. Gut zu erkennen war das in der Phase, als Paul Drux permanent ins Stoppfoul kam. Die Spanier hielten die Deutschen insgesamt weit weg von ihrem Tor und kamen durch diese Abwehr auch sehr leicht ins Tempospiel. Die beiden deutschen Wechsel Angriff/Abwehr bestraften die Spanier zudem oft mit einer schnellen Mitte. In der zweiten Halbzeit hatte Kai Häfner eine tolle Phase mit eigenen Tor-Abschlüssen und guten Aktionen im kooperativen Spiel. Als Spanien etwas defensiver wurde, hätte ich mir mehr Aktionen von Julius Kühn gewünscht. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Blick auf Statistik und Analyse von Jörn Uhrmeister. Sein Urteil: Die Spanier haben es schon wieder getan – zu Recht, sagt der PlayerScore. 

Wenn man die PlayerScore-Punkte für die Mannschaften aufsummiert, stehen für Spanien 38,77 Zähler und für Deutschland 24,67 Punkte zu Buche. Bei der Betrachtung der Bereiche Tor, Siebenmeter herausgeholt, Steal, Assist, Block auf der positiven Seite sowie zwei Minuten, Rote Karte, Fehlwurf, technischer Fehler, Foulspiel und Siebenmeter verursacht auf der negativen Seite hatten die Spanier über die komplette Spielzeit die Nase vorn. Dass nicht alles schlecht oder Deutschland chancenlos war, wird am Fall Kai Häfner deutlich: Er holte die meisten Punkte aller Akteure (17,98). Überhaupt wechseln sich die beiden Nationen zunächst fast systematisch ab, wenn es um die PlayerScore-Punkte geht. Auf Rang zwei und drei folgen der Spanier Alex Dujshebaev (14,99), der aber deutlich kürzer als Häfner auf der Platte stand (28 Minuten/48 Minuten), und Timo Kastening (Score 14,51/58 Minuten), der mit sieben Toren der erfolgreichste deutsche Werfer war. Den höchsten Score pro Minute schaffte Marcel Schiller mit 2,56 Punkten und 5,12 aus zwei Minuten Spielzeit – Ergebnis daraus, dass er lediglich für die Siebenmeter eingewechselt wurde (drei von vier verwandelt).