Regionalliga Nordrhein/2. Bundesliga
Königstransfer: Rheinhausen holt „Matze“ Puhle aus Gummersbach
Der herausragende Keeper der 2. Liga nimmt einen "Abstieg" in Kauf und kehrt im Sommer zu seinem Jugendverein in die Regionalliga zurück.

Fast die Ausnahme: Gegnerische Werfer müssen sich auf jeden Fall eine Menge einfallen lassen, um Torhüter Matthias Puhle zu überwinden. (Foto: Thomas Schmidt)

Sicher. Das Jahr ist noch relativ jung und nicht mal der Januar vorbei. Trotzdem hat diese Personalie das Zeug zur Top-Nachricht für 2021, weil sie ziemlich spektakulär ist. Im Mittelpunkt der Geschichte steht einer, den sie im Oberbergischen kennen und zu schätzen wissen – aber eben auch im Ruhrgebiet. In Kurzform: Matthias Puhle (35), die aktuelle Nummer eins zwischen den Pfosten des VfL Gummersbach, steht ab dem Sommer im Tor des Regionalligisten OSC Rheinhausen. Wie es sein kann, dass der aktuell stärkste Keeper der 2. Bundesliga freiwillig zwei Etagen tiefer geht und darauf verzichtet, 2021/2022 erneut in der 1. Liga aufzulaufen? Es passen ein paar Puzzleteile zusammen. Erstens: Puhle ist gebürtiger Duisburger und er begann seine Karriere einst beim OSC. Zweitens: Der Rheinhausener Vorsitzende Klaus Stephan ist Lehrer. Unter anderem Sportlehrer. Und einer seiner Schützlinge war einst – Matthias Puhle. Drittens: Der Torhüter will die hohen Belastungen aus dem Profisport reduzieren, sich mehr seiner Familie widmen, beruflich neue Wege einschlagen und gleichzeitig weiter auf hohem Niveau Handball spielen. 

Stephan hat die Karriere von Puhle immer aufmerksam verfolgt. Als sich die Herren vor anderthalb Jahren mal wieder über den Weg liefen, stand direkt die lockere Frage im Raum: „Weißt du schon, was du danach machst?“ Wenig überraschend: Die Herren funkten direkt auf einer Wellenlänge. Am Ende fanden beide Seiten, dass jeder von einer Zusammenarbeit profitieren werde. „Die Anfrage von Klaus kam genau zum richtigen Zeitpunkt“, sagt Matthias Puhle, den alle „Matze“ nennen, „ich finde die neue Ausrichtung in Rheinhausen extrem spannend und ich möchte sehr gerne ein Teil davon sein. Ich hoffe, dass ich meine als Profi gesammelten Erfahrungen einbringen kann und wir langfristig und vor allem nachhaltig erfolgreich sein werden.“ Stephan ist ebenfalls begeistert: „Matze verkörpert für mich einerseits den alten OSC, andererseits will er uns helfen, in den nächsten Jahren hier in Rheinhausen wieder etwas aufzubauen – zunächst als Spieler, später im Team rund um die Mannschaft. Seine Erfahrung und seine Kontakte werden uns sicher weiterbringen. Ich freue mich riesig, dass er wieder bei uns ist.“

Trainer Thomas Molsner wirkt fast so, als könne er den Wechsel kaum glauben. „Das ist ein Zeichen und der Königstransfer, von dem man eigentlich nur träumen kann. Mit Matze gewinnen wir wieder ein Gesicht es OSC für unsere Idee. Matze ist ein unfassbar guter und stabiler Torhüter, der das Team mit seiner Leistung und seiner Erfahrung auf das nächste Level heben kann“, findet Molsner. Der Sportliche Leiter Olaf Mast, selbst nach einer langen Karriere als Spieler und Trainer erst zur Saison 2020/2021 nach Duisburg zurückgekehrt, freut sich ebenfalls riesig: „Wir bekommen nicht nur einen der besten Torhüter aus dem Unterhaus, sondern auch einen Spieler mit Stallgeruch, der über einen hohen Identifikationsfaktor verfügt. Diesen Zugang darf man ohne Weiteres als Meilenstein bezeichnen.“

Was sagst du dazu? Auch Gummersbachs prominenter Trainer Gudjon Valur Sigurdsson legt Wert auf die Meinung von Matthias Puhle. (Foto: Thomas Schmidt)

Matthias Puhle, der als Vierjähriger beim OSC Rheinhausen mit dem Handball begann, kam über die HSG Düsseldorf, mit der er in die 1. Bundesliga aufstieg, und HBW Balingen-Weilstetten im Februar 2014 nach Gummersbach – wo er nicht nur einfache Zeiten erlebte. VfL-Geschäftsführer Christoph Schindler weiß genau, dass der VfL in Puhle nicht nur einen Top-Torhüter, sondern zugleich einen echten Typen verliert. „Matze hat als zuverlässiger Torhüter in den letzten Jahren bei uns und unseren Fans ein sehr hohes Ansehen genossen“, betont Schindler, „für ihn freut es mich besonders, dass er nach gesundheitlichen Problemen im letzten Jahr wirklich phänomenal zurückgekommen und vielleicht sogar der wichtigste Faktor dafür ist, dass wir im Moment sportlich so gut dastehen.“ Die offizielle Statistik der 2. Bundesliga belegt eindrucksvoll, wie viel Qualität der OSC dazubekommt: Puhle ist mit einer Quote von fast 40 Prozent gehaltener Würfe (39,74) mit einem größeren Abstand die Nummer eins unter den Zweitliga-Torhütern. Was feststeht: Das darf aus einer Sicht gerne bis zum Ende der Saison bleiben – allerdings nicht aus persönlicher Eitelkeit. Teamplayer Puhle wäre vielmehr glücklich, wenn er sich mit der Rückkehr des VfL in die höchste deutsche Klasse aus dem Oberbergischen verabschieden könnte. Es wäre das i-Tüpfelchen auf der Top-Nachricht 2021.