2. Bundesliga
Arbeitssieg: Auch Sigurdsson wartet auf den „Flow“
Trainer des VfL Gummersbach konnte nach dem glanzlosen 31:29 gegen Lübeck-Schwartau vor allem mit dem Ergebnis leben.

Schräglage: Kreisläufer Ellidi Vidarsson (mit Ball) war aber defensiv wie offensiv immer hellwach und trug sechs Tore zum Sieg über Lübeck-Schwartau bei. (Foto: Thomas Schmidt)

VfL Gummersbach – VfL Lübeck-Schwartau 31:29 (18:14). Die Leichtigkeit des Seins ist in der 2. Bundesliga ist derzeit definitiv überall zu Hause, aber nicht im Oberbergischen. Nach dem Rückschlag bei der 28:29-Niederlage gegen den TV Großwallstadt tat sich das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson erneut schwer – und wie. Richtige Ruhe? Übersicht? Spielfluss? Bekam der Titelkandidat nur selten in der Addition aufs Feld. Deshalb wurde es in der Schlussphase sogar wieder richtig spannend, als die Gäste durch ihren Regisseur Julius Lindskog Andersson auf 28:29 (57.) verkürzt hatten. Der bis dahin nicht sonderlich glückliche Alexander Hermann erhöhte auf 30:28 (58.), ehe Lübeck einen Fehlpass einstreute und Ellidi Vidarsson mit dem 31:28 (59.) den Weg zum Sieg freimachte. Weil sich am Abend vorher der Erste HSV Hamburg und der Dritte TuS N-Lübbecke im Spitzenspiel mit einem 25:25 getrennt hatten, war der Erfolg im Kampf um die beiden Aufstiegspätze sogar noch wertvoller für die Gastgeber: Der Zweite Gummersbach (29:5 Punkte) konnte den Abstand zu den Hamburgern (31:5) verkürzen und jenen zum Verfolger (25:9) ausbauen. Dahinter scheint nach knapp der Hälfte der Saison tatsächlich niemand mehr für den Sprung nach oben in Frage zu kommen: Der Vierte Elbflorenz Dresden (22:14) und der Fünfte Lübeck (20:14) liegen schon relativ klar zurück, während der Sechste TSV Bayer Dormagen (19:11) den Aufstieg ohnehin nicht in diesem Jahr anpeilt.

Der Auftakt deutete schnell an, dass dem VfL kein gemütlicher Sonntagnachmittag bevorstehen würde – 2:3 (7.) 3:4 (8.), 4:6 (11.), 6:8 (16.). Das 8:8 (19.) durch den Siebenmeter von Raul Santos brachte wieder den Ausgleich, ehe Sigurdsson nach dem 8:9 (19.) eine Auszeit nahm und dort mit seinen Worten offensichtlich einiges bewirkte. Die Hausherren drehten die Partie in ihrer besten Phase mit einem 8:3-Lauf zur 16:12-Führung, weil sie jetzt mit voller Leidenschaft und höchstem Einsatz endgültig das Heft in die Hand nehmen wollten. Bester Beweis: Beim Stande von 14:12 (26.) warfen sich sowohl Keeper Matthias Puhle als auch Kapitän Timm Schneider nach dem am Kreis liegenden Ball – und krachten ziemlich heftig zusammen. Wichtig für den VfL: Die Routiniers mussten sich nur kurz schütteln und konnten dann weitermachen. Beide waren auch später wichtige Stützen für ihre Mannschaft: Puhle streute zu den richtigen Zeitpunkten starke Paraden ein, während Schneider einen Teil seiner acht Treffer ebenfalls erzielte, als sie Gummersbach am meisten brauchte.

Bis zum 19:15 (33.) schien die Lage halbwegs geklärt zu sein, doch Lübeck kam innerhalb von zwei Minuten mit drei Toren hintereinander zum 18:19 (36.). Erneut legte Sigurdsson die Grüne Karte für eine Auszeit auf den Tisch – mit einem zunächst bescheidenen Ertrag, weil die Gäste beim 20:20 (38.) erst recht auf Augenhöhe waren. Es spricht für Gummersbach, dass es nicht die Nerven verlor und vor allem auf ein paar erfahrene Leute wie Bozovic und Schneider (jeweils acht Treffer) bauen konnte. Es spricht weniger für Gummersbach, dass es selbst nach dem 28:24 (52.) erneut in Gefahr geriet, weil unter dem Strich zu viele Fehler passierten und zu viele sehr gute Chancen ungenutzt blieben. Es spricht für beide Mannschaften, dass es eine Menge sportlicher Gesten gab. Ein Beispiel: Beim Stande von 29:27 tauschten Schneider und Lübecks Markus Hansen sehr intensiv ihre Gedanken zu einer vorherigen Szene aus – um die Sache damit abzuhaken und anschließend einfach weiterzumachen. Und eine Sekunde vor der Schluss-Sirene bekam der VfL Gummersbach noch einen Freiwurf zugesprochen. Vor Timm Schneider baute sich eine Abwehrmauer auf, die aber arbeitslos blieb. Schneider verzichtete darauf, mit Risiko eine Lücke in der Deckung zu suchen: Er warf das Spielgerät hoch in die Luft. Vielleicht ist ja die Leichtigkeit des Seines irgendwie auf dem Weg zurück ins Oberbergische.

VfL-Coach Sigurdsson sah die Sache hinterher realistisch: „Wir sind extrem glücklich und froh, dass wir gewonnen haben. Es war auf beiden Seiten nicht immer schön, aber das lag auch daran, dass beide Mannschaften ihr letztes Spiel nicht gut gespielt haben. Wir haben uns unter Druck gesetzt gefühlt und haben uns schwergetan. Wir waren nie so weit vorne, dass wir uns sicher sein konnten, das Spiel zu gewinnen. Aber heute zählen für mich nur die beiden Punkte. Wir hoffen, dass wir jetzt wieder in einen Spielflow kommen, wie wir ihn im November und Dezember schon einmal hatten.“ Die nächste Gelegenheit, an einer Steigerung zu feilen, bietet sich am kommenden Freitag beim Letzten TuS Fürstenfeldbruck.

VfL Gummersbach: Valerio, Puhle – Schröter, Fanger, Vidarsson (6), Blohme (2), Kontrec, Häseler, Hermann (2), Schneider (8), Meinhardt, Santos (3/2), Kiesler (2), Haller, Stüber, Bozovic (8).