3. Liga Mitte
Der große Graben: Diese Klasse macht keinen Spaß
In der jetzigen Form braucht die 3. Liga des DHB niemand. Ein Kommentar.

Drinnen oder draußen? In den letzten Monaten herrschte in der 3. Liga des DHB so viel Unsicherheit wie in keiner anderen Spielklasse. (Foto: Burkhard Kasan)

Es ist nur ein kurzer Moment des Schweigens, aber in diesem Augenblick wird sie spürbar – die tiefe Kluft, die mitten durch die 3. Liga des deutschen Handballs verläuft. Eigentlich soll in dieser Videokonferenz am 12. Januar darüber gesprochen werden, wie ein Spielbetrieb angesichts der Corona-Pandemie wieder möglich sein soll. Spielleiter Andreas Tiemann und seine Mitstreiter vom Deutschen Handballbund (DHB) haben gerade ihren Plan vorgestellt. Hygienekonzept, Testungen, Maskenpflicht. Nichts Überraschendes im Jahr 2021. Es gibt auch einen Ausblick auf die Saison 2021/2022. Die auf den ersten Blick vernünftige Idee: Die Saison soll früher beginnen, möglichst bereits am ersten August-Wochenende. So soll einer möglichen Verschärfung der Infektionslage im Herbst und folgenden Terminproblemen direkt vorgebeugt werden. Ein Vereins-Vertreter aus Baden-Württemberg meldet sich zu Wort. „Das geht nicht. Im August kriegen wir ja keine Halle.“

Keiner spricht es aus, aber einige denken es: „Das kann doch wohl nicht wahr sein.“ Inmitten der größten Krise, die auch der Handballsport jemals erlebt, geben sich einige Menschen wirklich Mühe, eine Perspektive für den Spielbetrieb in der dritthöchsten deutschen Spielklasse aufzuzeigen – und dann soll es an der Vergabe der Hallen in den Kommunen scheitern? Die Pandemie macht gerade auf erschreckende Weise deutlich, was das Problem in der 3. Liga des DHB ist: Ein tiefer Graben verläuft zwischen (semi-)professionellen Vereinen und reinen Amateurteams. Auf der einen Seite stehen ambitionierte Clubs wie die HSG Krefeld Niederrhein oder der VfL Eintracht Hagen. Oder auch der TSV Altenholz aus Schleswig-Holstein, dessen Vertreter Sönke Bergemann in der Videokonferenz ein paar sehr wahre Worte sagt: „Wir müssen uns in dieser Saison unbedingt noch einmal zeigen. Wir haben bei uns im Verein im letzten Sommer einige neue Sponsoren gewonnen. Die sind gerade alle etwas irritiert von unserer Sportart.“

Auf der anderen Seite befinden sich Mannschaften, für die die 3. Liga eher ein Abenteuer ist. So wie seinerzeit die SG Langenfeld, die nach ihren Aufstiegen 2016 und 2018 jeweils ein Jahr später direkt den Weg wieder in die Regionalliga antreten musste. Ob es den Regionalliga-Meistern 2019 (MTV Rheinwacht Dinslaken/scheiterte bereits in der Qualifikationsrunde) oder 2020 (TuS 82 Opladen/Saison wird jetzt ohne Absteiger beendet) genauso gegangen wäre? Von halbwegs professionellen Strukturen ist bei all diesen Vereinen jedenfalls nichts zu spüren. Die Vertreter dieser Kategorie vermitteln auch am 12. Januar 2021 nicht das Gefühl, „heiß“ auf Handball zu sein. Kosten für Schnelltests? Hygienekonzepte? Alles zu teuer. Professionell ist anders. Das gleiche gilt im Übrigen für Klassen-Konkurrenten wie den Longericher SC. Die Kölner taugen als gutes Beispiel für die Vereine, die sich durch viel persönliches Engagement seit mehreren Jahren durchaus erfolgreich in der 3. Liga halten, dabei aber auch unter verhältnismäßig hohen Kosten, weiten Anfahrten und ständig wechselnden Staffeleinteilungen leiden. Nicht nur hinter vorgehaltener Hand hört man manchen Drittliga-Vertreter mutmaßen, dass ein Abstieg in die Liga des jeweiligen Verbandes mit mehr Derbys vielleicht sogar ganz attraktiv wäre.

Bei der nächsten Videokonferenz am 24. Februar wird dann ein Modell vorgestellt, nachdem in dieser Saison immerhin noch einmal gespielt werden kann – in einer Aufstiegs- und einer sogenannten Pokalrunde. Welche Teams daran Interesse zeigen, überrascht kaum. Für den Rest endet damit eine Serie, die eigentlich nie angefangen hatte. Ach ja, und inzwischen gab es auch eine ganz offizielle Umfrage zum Thema Saisonstart 2021/2022. Das Ergebnis: Zu viele Vereine haben im Sommer Probleme mit den Hallen. Weil sich Andreas Tiemann und der DHB als Dienstleister für die Vereine sehen, ist ein Start der Spielzeit Anfang August damit vom Tisch. Im Sinne des Handballs können wir nur hoffen, dass diese Entscheidung sich nicht rächt und ein späterer Saisonauftakt (wieder) mit einer neuen Infektionswelle kollidiert.

Am Ende hat man das Gefühl, dass mit dieser 3. Liga eigentlich niemandem geholfen ist. Einige Top-Teams haben nur den einen Wunsch: Ganz schnell raus hier. Nach oben, wohlgemerkt. Für viele andere sind der Aufwand und die Vorgaben des Verbandes eigentlich eine Nummer zu groß. Diese Lücke sollte unbedingt verlegt werden, sie darf nicht so deutlich mitten durch eine Spielklasse laufen. Die Möglichkeiten wären vielfältig. Die ambitionierten Teams könnten zu einer eingleisigen, bundesweiten Staffel zusammengefasst werden, die Amateure folgen dann erst auf einer unteren, regionalen Ebene. Möglicherweise verweist man diese dann auch lieber wieder an die Landesverbände. Oder die 2. Bundesliga könnte nach zehn Jahren wieder als zweigleisige Klasse antreten, mit ausreichend Platz für Teams wie Hagen, Krefeld, Eintracht Hildesheim oder Empor Rostock. Dann würde die 3. Liga wieder komplett zum „echten“ Amateurbereich gehören.

Denn da gehört er hin, der Streit eines Vereins um Hallenzeiten mit der Kommune.