2. Bundesliga
Gummersbach braucht die Wende, Dormagen hundert Prozent
Für den VfL zählt in Hüttenberg im Kampf um den Aufstieg nur ein Sieg. Bayer prüft Spitzenreiter Hamburg.

Zeichensprache: Gummersbachs Chefcoach Gudjon Valur Sigurdsson wird sicher verstehen, was Co-Trainer Anel Mahmutefendic gerade sagen will. Noch wichtiger ist, dass die Signale bei der Mannschaft ankommen. (Foto: Thomas Schmidt)

Vor zehn Wochen hätten sie beim VfL Gummersbach vermutlich nicht groß diskutiert, wie das mit dem nächsten Spiel aussieht. Da hatte das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson gerade den Aufstiegs-Konkurrenten TuS N-Lübbecke mit 27:24 besiegt und das Handball-Jahr mit einem spannenden 24:24 beim TSV Bayer Dormagen beendet. Bei zehn Partien in Folge ohne Niederlage und insgesamt 23:3 Punkten war die sportliche Welt im Oberbergischen völlig in Ordnung. Der Handball Sport Verein Hamburg (26:4) und der nach Minuspunkten sogar günstiger liegende VfL (23:3) schienen die beiden Aufstiegsplätze unter sich auszumachen, während sich N-Lübbecke (20:8) mit der Rolle des hinterherlaufenden Dritten begnügen musste. Und vor einer Aufgabe beim TV Hüttenberg aus der unteren Tabellenhälfte hätten sie in Gummersbach nur die Vermutung gehabt, dass sie dort einen Erfolg landen würden. Alles andere hätten nicht zum Selbstbild des Aufstiegskandidaten gepasst. Und nun? Die Dinge haben sich gründlich geändert – und der VfL Gummersbach ist als Dritter nicht mehr der Gejagte, sondern vorläufig nur der Jäger. Während Hamburg (35:5 Zähler) und TuS N-Lübbecke (31:9) im Kalenderjahr 2021 bisher nicht verloren haben, hing Sigurdssons Mannschaft zuletzt gewaltig durch und ist auf den dritten Rang abgerutscht (29:9). Daraus folgt: Ab sofort sind Ausrutscher für die „Mission Aufstieg“ praktisch verboten – was die Aufgabe am Samstag in Hüttenberg (Platz 14/17:25 Zähler) kaum angenehmer macht. 

Gummersbach quälte sich jüngst seit der Fortsetzung der Meisterschaft im Anschluss an die WM-Pause durch seine Spiele und die 25:32-Pleite beim Letzten TuS Fürstenfeldbruck war der schmerzhafte Tiefpunkt. Noch bitterer als das peinliche Ergebnis: Rückraumspieler Alexander Hermann erlitt eine heftige Gesichtsverletzung (unter anderem mehrere Nasenbein-Frakturen) und wird lange ausfallen, obwohl die inzwischen durchgeführte Operation erfolgreich war. Dass der VfL in der ersten Partie ganz ohne Hermann in Hamburg keine Chance hatte (22:29), kam direkt anschließend nicht mal überraschend – führte jedoch dazu, dass die Hanseaten ihren Vorsprung ausbauen konnten und Nettelstedt vorbeizog. Tatsache trotz allem: Die Gummersbacher haben wenigstens im Kampf um den zweiten Platz unverändert alles selbst in der Hand. Dazu müsste sie nun aber die Trendwende schaffen. 

Die besten Aussichten auf die Meisterschaft und die Rückkehr in die Bundesliga haben die Hamburger, die es bereits jeweils zweimal mit den direkten Konkurrenten zu tun hatten – und in den direkten Vergleichen vorne liegen. Das 25:26 in Gummersbach bügelte der Spitzenreiter durch das 29:22 in Hamburg aus und gegen N-Lübbecke blieb er mit einem 28:24 und einem 25:25 ungeschlagen. Anders ausgedrückt: Die Verfolger brauchen fremde Hilfe, um den Spitzenreiter zu verdrängen. Deshalb werden beide diesmal dem TSV Bayer Dormagen die Daumen drücken, der am Freitagabend im Sportcenter auch sehr gerne zu einer Überraschung bereit ist – allerdings eher aus eigenem Interesse. „Wir sind bekannt dafür, dass wir uns selbst gegen Spitzenmannschaften nicht so schnell geschlagen geben“, sagt Trainer Dusko Bilanovic, dessen Team etwa gegen N-Lübbecke (25:25) und Gummersbach (24:24) auf Augenhöhe unterwegs war. Gegen Hamburg wird sich zeigen, ob die Akkus nach dem Stress Ende Februar/Anfang März mit drei Partien innerhalb von nur sechs Tagen ausreichend für die nächste Energieleistung aufgeladen sind. 

„Wir haben in den beiden vergangenen Wochen fleißig gearbeitet“, betont der Bayer-Coach, der hohen Respekt vor den Gästen hat: „Das ist eine sehr starke Mannschaft, die sehr gut eingespielt ist. In dieser Saison passt bei ihnen alles.“ Die einzigen Niederlagen stammen aus einer früheren Phase der Saison – 25:26 am 15. November in Gummersbach (siebter Spieltag), 28:31 am 24. November beim VfL Lübeck-Schwartau (neunter Spieltag). Anschließend holte Hamburg in 14 Spielen beeindruckende 27:1 Zähler, wobei hin und wieder bei knappen Partien ein bisschen Glück half. Dormagen will vor allem Leidenschaft und Geschlossenheit geben, um nach Möglichkeit die gute Heimbilanz zu bestätigen. Dass der TSV dort mal leer ausging, liegt mit dem 21:24 am 2. Oktober 2020 beim Saisonstart gegen den Dessau-Roßlauer HV schon mehr als fünf Monate zurück. In Dormagen werden sie hoffen, dass die Serie hält. Und in Gummersbach auch.