2. Bundesliga
Nicht clever genug: Dormagen vergibt zu viele Chancen
Die 24:27-Niederlage gegen den Tabellenführer Hamburg hatte sich der TSV Bayer selbst zuzuschreiben. Manche Äußerungen auf der Tribüne? Bedenklich.

Nicht mit mir: Dormagens Keeper Christian Ole Simonsen wehrte gleich zwei Siebenmeter des Hamburgers Niklas Weller ab (Nummer 13), konnte die Niederlage aber auch nicht verhindern. (Foto: Thomas Schmidt)

TSV Bayer Dormagen – Handball Sport Verein Hamburg 24:27 (11:12). Verdient oder nicht verdient? War an diesem Freitagabend sicher eine spannende Frage. Tatsache auf jeden Fall: Die Dormagener spielten nicht viel schlechter als der Tabellenführer, in den meisten Phasen der mit jeder Menge Leidenschaft geführten Partie sogar absolut gleichwertig. Warum sie am Ende trotzdem mit leeren Händen dastanden? Die Mannschaft von Trainer Dusko Bilanovic brauchte sich in Sachen Einsatz nicht den geringsten Vorwurf zu machen, ließ aber nicht zuletzt in der entscheidenden zweiten Halbzeit ein paar erstklassige Gelegenheiten ungenutzt. Bilanovic konnte es beim Blick auf den Statistikbogen schnell ablesen und zugleich kaum glauben: „Wir hatten 17 Fehlwürfe, viel zu viele.“ Dass eine derartig hohe Quote kaum zum Erfolg über ein Spitzenteam führen kann, brauchte er nicht mehr hinzuzufügen: „Wenn du gegen eine Mannschaft wie Hamburg gewinnen willst, muss bei dir alles passen. Das war heute nicht der Fall.“ Während die Hanseaten (37:5 Punkte) ihre Position ganz vorne in der Tabelle festigten und das Polster zum Zweiten TuS N-Lübbecke ausbauten (31:9), belegt der TSV Bayer weiter den fünften Rang (23:17), muss aber die Resultate der Konkurrenten dahinter noch abwarten. Der EHV Aue (22:16) und der HC Elbflorenz Dresden (22:18), die es am Samstag im direkten Duell miteinander zu tun haben, liegen auf der Lauer.

Für die meisten standen die Verantwortlichen für den Rückstand am Ende der ersten Halbzeit und für die spätere Niederlage schnell fest. Die Schiedsrichter Frederic Linker und Sascha Schmidt (Recklinghausen/Bochum) ahndeten ein Foul von Alexander Senden an Hamburgs Philipp Bauer in der fünften Minute mit der direkten Roten Karte. Die Entscheidung war hart, obwohl Senden seinen Gegenspieler im Gesicht getroffen hatte – ebenso unbeabsichtigt wie unglücklich. Außerdem schränkte die Strafe natürlich die Auswahl der Hausherren für den linken Rückraum weiter ein, weil nun alle Pläne mit Senden über den Haufen geworfen waren. Einige der „Zuschauer“, die ja zurzeit nicht erlaubt sind und deshalb direkt als Helfer/Mitarbeiter dem gastgebenden Verein TSV Bayer zuzuordnen waren (sonst hätten sie nicht in der Halle sein dürfen), fühlten sich ab jetzt berechtigt, nahezu jede Entscheidung der Spielleiter im Laufe der weiteren Begegnung lautstark zu kommentieren – bisweilen in einer unappetitlich rüpelhaften Form ohne jede Form von sportlichem Respekt und sowieso ohne Nachdenken darüber, dass der Pfiff womöglich doch in Ordnung gewesen sein könnte. Was das in einer Handball-Halle zu suchen hat, müssen die Beteiligten vielleicht nicht nur mit sich selbst ausmachen. Geholfen war damit sowieso niemandem und am wenigsten der Mannschaft.

Die Hausherren ackerten auf dem Feld bis an die Grenze ihrer Kräfte und sorgten so dafür, dass die Partie spannend blieb – 4:6 (15.), 6:8 (20.), 8:8 (22.), 10:9 (24.). Maßgeblich an der Wende bis hierhin beteiligt: Der für Sven Bartmann bei Siebenmetern eingewechselte Keeper Ole Christian Simonsen, der zwei  Strafwürfe der Gäste abwehrte. Ebenfalls stark: Bartmann schaltete nach einem Ballgewinn blitzschnell und beförderte das Spielgerät über das ganze Feld hinweg zum 9:8 (23.) in den leeren Kasten der Gäste. Drei Belege dafür, dass das 11:12 zur Pause zu vermeiden gewesen wäre: Ein Wurfversuch von Ante Grbavac blieb in der Deckung hängen (25.), ehe Lucas Rehfus den Pfosten traf (27.) und Patrick Hüter frei an Hamburgs Keeper Jens Vortmann scheiterte (29.). Bitter: Im Gegenzug gelang dem Spitzenreiter das 12:10 (29.).

Mit dem 12:12 (33.) durch den Siebenmeter von Benjamin Richter und dem 13:13 (35.) erneut durch Richter glich Dormagen zum letzten Mal aus, ehe ab dem 15:16 (41.) das permanente Hinterherrennen begann. Näher als auf zwei Tore kam der TSV anschließend nicht mehr heran – 18:20 (47.) 19:21 (50.), 22:24 (56.). Hamburg fand irgendwie immer zum passenden Zeitpunkt eine passende Antwort und wartete für seine Abschlüsse oft den richtigen Moment ab, während die Hausherren ihrer Linie treu blieben, mit Herz arbeiteten – und wiederholt den konsequenten Abschluss verpassten. Kurz und knapp: Dormagen spielte nicht viel schlechter, wirkte jedoch in einigen Szenen nicht clever genug. Deshalb steht ja auch der Handball Sport Verein Hamburg oben und nicht der TSV Bayer. Was das mit den Schiedsrichtern zu tun hat? Nichts, gar nichts, überhaupt gar nichts. Gut, dass Mannschaft und Trainer das wissen.

TSV Bayer Dormagen: Simonsen, Bartmann (1) – Reuland (3), Seesing, Senden (1), Meuser (3), Richter (4/3), Iliopoulos, I. Hüter (4), Reimer (1), Görgen (2), Noll, P. Hüter (3), Rehfus, Grbavac (1), Skroblien (1).