2. Bundesliga
„Jugend forscht“ macht Gummersbach glücklich
Der VfL kletterte mit dem 30:21 gegen den ASV Hamm-Westfalen zurück auf Platz zwei, obwohl die Hälfte der ersten Sieben fehlte.

Donnerwetter: Trainer Gudjon Valur Sigurdsson, der zuletzt eine Menge Sorgen zu verarbeiten hatte, klatschte seiner Mannschaft am Mittwochabend immer wieder Beifall. (Foto: Thomas Schmidt)

VfL Gummersbach – ASV Hamm-Westfalen 30:21 (17:9). Die Sorgen waren vor dem Anpfiff nicht gerade kleiner geworden. Aus der ersten Sieben fiel neben Alexander Hermann (Nasenbein mehrmals gebrochen), Ellidi Vidarsson (Bänderverletzung) kurzfristig auch noch Lukas Blohme aus (Bandscheibe). Also stand lange nicht fest, wie sich der Aufstiegskandidat nach zwei Pleiten und dem Last-Minute-Sieg beim TV Hüttenberg (25:24) gegen den ASV schlagen würde – gegen jenen Kontrahenten, bei dem es in der Hinrunde die erste Saison-Niederlage gegeben hatte (25:27). Dann passierte das: Trainer Gudjon Valur Sigurdsson konnte in der Schlussphase endgültig das Projekt „Jugend forscht“ vorzeigen. Weil die Gummersbacher in einer ganz starken ersten Halbzeit die Basis gelegt hatten, war die Gelegenheit für personelles Durchwechseln günstig. Höhepunkt: Fünfeinhalb Minuten vor der Schluss-Sirene brachte Sigurdsson den aus der A-Jugend hochgezogenen Bruno Eickhoff – der sich hinten sogleich im Innenblock betätigen durfte. Vorne gelangen dem Kreisläufer, im Dezember 2020 erst 17 geworden, zusätzlich zwei Treffer. Es war aus Gummersbacher Sicht der passende Schlusspunkt unter einen über weite Strecken einseitigen Abend in der Schwalbe-Arena. Und ein bisschen später kam es sogar noch besser, als das Resultat des Aufstiegs-Konkurrenten TuS N-Lübbecke eintraf – der sich gegen die SG BBM Bietigheim mit einem 27:27 begnügen musste. Gummersbach (33:9 Punkte) ist nun wieder Zweiter hinter dem Handball-Sport-Verein Hamburg (37:5) und liegt im Kampf um einen der beiden Aufstiegsplätze knapp vor N-Lübbecke (32:10).

Es ging praktisch von der ersten Minute an alles viel zu schnell für die Gäste. Dass Jonas Stüber mit dem ersten Angriff direkt das 1:0 erzielte, war nicht mal die ganz große Überraschung. Es kommt ja häufiger vor, dass ein Ball passgenau beim Kreisläufer landet und dann einen Treffer bringt. Dass Janko Bozovic im Anschluss an einen Ballgewinn nach nur 43 Sekunden auf 2:0 erhöhte, war schon ungewöhnlicher – und machte den Weg frei für eine erste Halbzeit, in der Hamm bloß eine Statistenrolle einnahm. Ein Grund dafür: Hinter der leidenschaftlichen Abwehr bewies Keeper Matthias Puhle erneut, warum er in dieser Saison die besten Werte aller Zweitliga-Torhüter aufweist. Seine starken Paraden waren immer wieder die Grundlage für wirkungsvolle Tempogegenstöße. Ein zweiter: Der VfL nutzte seine Chancen relativ konsequent und die defensive Schwächen des ASV häufig aus. Ein dritter: Der VfL setzte permanent nach. So war es unter anderem beim 13:7 (20.) durch Jonas Stüber, nachdem vorher Bozovic mit seinem Wurf gescheitert war, und beim 14:7 (21.) durch Tobias Schröter, der zuvor einen Siebenmeter an die Latte gesetzt hatte.

Durchgang zwei bot das fast zu erwartende Bild: Die Gäste, die insgesamt mehr Energie in ihre eigenen Aktionen als in überflüssige Diskussionen mit den Unparteiischen hätten stecken sollen, legten etwas zu – um die drohende peinliche Pleite in Grenzen zu halten. Und die Hausherren mit dem überragenden Puhle zwischen den Pfosten gingen in manchen Szenen fahrlässiger mit ihren Möglichkeiten um. Trotz erhöhter Fehlerquote blieben Kampf und Einsatz allerdings hoch, sodass weder aus dem ein bisschen engeren 20:13 (39.) oder 21:14 (41.) noch aus einigen Zeitstrafen viel Schaden entstand. Bezeichnend: Beim Stande von 27:18 (53.), als alles längst gelaufen war, erkämpfte Kapitän Timm Schneider den Ball – und ermöglichte dadurch den Tempogegenstoß, den Mathis Häseler zum 28:18 (54.) verwertete. Wenig später durfte auch Routinier Schneider seinen Arbeitstag fast beenden. Den Rest erledigten zusammen mit Torhüter Diogo Valerio überwiegend die Teamkollegen Malte Meinhardt, Mathias Häseler, Fynn Herzig, Tom Kiesler, Robin Haller und Bruno Eickhoff – eine Mannschaft, die in dieser Formation noch nie für Gummersbach auf dem Feld stand.

Klar: Trainer Sigurdsson hatte am Auftritt der Hausherren wenig auszusetzen.  „Ich bin heute sehr, sehr glücklich und zufrieden – vor allem darüber, was die Jungs in der ersten Halbzeit geleistet haben. Ich bin froh, dass sich die Jungs für die harte Arbeit der letzten Wochen selbst belohnt haben. In Hüttenberg waren wir noch unsicher, aber heute haben wir uns von den Enttäuschungen der letzten Wochen befreien können. Als Trainer freut es mich auch immer, wenn junge Leute reinkommen, so wie Bruno, der gleich zwei Tore gemacht hat. Das war ein schönes Erlebnis heute“, urteilte der frühere Weltklasse-Linksaußen, der einen Fehler sicher nicht machen wird – über Ergebnis und Leistung zu vergessen, dass Hamm-Westfalen erstaunlich wenig entgegensetzen konnte. Der gegen den Abstieg kämpfenden TV Emsdetten dürfte den Gummersbachern am kommenden Samstag tatsächlich größeren Widerstand leisten. 

VfL Gummersbach: Valerio, Puhle (1) – Schröter (6/1), Fanger, Köster (1), Kontrec (1), Häseler (2/1), Schneider (4), Herzig (5), Meinhardt (2), Santos, Kiesler, Haller, Stüber (4), Eickhoff (2), Bozovic (2).