2. Bundesliga
Dank Dormagen: Goldener Mittwoch für Gummersbach
Der VfL gewinnt im Aufstiegskampf glanzlos mit 32:28 gegen Wilhelmshaven, TSV Bayer überrascht mit 27:19 in Nettelstedt.

Bravo, bravo! Es war weniger die spielerische Leistung. über die sich Trainer Gudjon Valur Sigurdsson (vorne rechts) und seine Gummersbacher ausgelassen freuen konnten. Die beiden Punkte und die Schützenhilfe aus Dormagen waren allerdings  Gold wert. (Foto: Thomas Schmidt)

VfL Gummersbach – Wilhelmshavener HV 32:28 (16:15). Diese Partie am Mittwochabend wird keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Am Ende konnten wohl sogar beide Seiten mit dem Ergebnis leben – die Gäste, weil sie als klarer Außenseiter ein halbwegs vorzeigbares Resultat schafften, und die Gummersbacher, weil sie ebenso glanzlos wie ungefährdet ihre Pflicht im Kampf um den Aufstieg hinter sich brachten. Alles andere als ein Erfolg wäre sowieso eine krasse Enttäuschung gewesen – und angesichts der Nachrichten aus Ostwestfalen doppelt bis dreifach bitter. Dort sorgte der Sechste TSV Bayer Dormagen mit seinem 27:19 beim TuS N-Lübbecke für eine ziemlich große Überraschung und er griff dem VfL im Kampf um einen der beiden Aufstiegsplätze richtig unter die Arme. Gummersbach (37:9 Punkte) ist weiter mit zwei Zählern Rückstand Zweiter hinter dem Handball Sport Verein Hamburg (39:7), aber das Polster auf den Dritten N-Lübbecke (34:12) ist gewachsen.

Gummersbach verbarg bald kunstvoll, wie es zuletzt zu den klaren Heimsiegen über den ASV Hamm-Westfalen (30:21) und den TV Emsdetten (38:30) gekommen war. Konsequente Abwehrarbeit? Sieht anders aus. Konzentration bei den eigenen Angriffen? Geht auch viel besser. Weil es der VfL schon bis zur 5:3-Führung (10.) übertrieben hatte und keine Steigerung in Aussicht war, nahm Trainer Gudjon Valur Sigurdsson beim Stande von 6:7 (14.) ziemlich entnervt eine Auszeit, die WHV-Kollege Christian Köhrmann kurz darauf beim 8:8 (17.) mit einer Auszeit der Gäste beantwortete. Köhrmanns Worte zur offensiveren Deckung der Gastgeber schienen zu zünden, weil Wilhelmshaven zum 10:8 (19.) wegziehen durfte. Als Tobias Schröter seine freie Wurfgelegenheit nicht nutzen konnte, drohte dem VfL sogar größeres Unheil – doch es kam wie aus dem Nichts anders. Ein Gewitter an vier Gegenstößen brachte Gummersbach die 12:10-Führung (23.), ehe Janko Bozovic per Siebenmeter auf 13:10 (25.) erhöhte – und Sigurdssons Mannschaft bis zur Pause in die alten Fehler zurückfiel, sodass die gefährdeten Wilhelmshavener dranbleiben durften.

Der WHV erwischte in Hälfte zwei erneut einen anständigen Start – 17:16 (33.). Gut sechs Minuten und einen 5:1-Lauf später hatten die Hausherren mit dem 21:18 (39.) jedoch wieder die Kontrolle übernommen. Das dürfte unter anderem den kurz vor der Pause bei einer Rettungsaktion angeschlagenen Keeper Matthias Puhle beruhigt haben: Er konnte fortan auf dem Fahrrad-Ergometer und bei Dehnübungen von draußen beobachten, was die Gummersbacher ein paar Meter weiter aufs Feld brachten. Das war unter dem Strich ein permanenter Wechsel aus schwungvollen Aktionen und beherztem Zupacken, vermischt mit einigen Nachlässigkeiten. Beim 26:24 (47.) durfte Wilhelmshaven deshalb noch an eine Wende denken, aber spätestens ab dem 29:24 (51.) trudelte die Partie der Schluss-Sirene entgegen. Die schien wenig später allen Beteiligten sehr gelegen zu kommen.

 

 

Trainer Sigurdsson fand den dritten Auftritt innerhalb einer Woche ebenfalls gelungen, brach allerdings nicht in riesigen Jubel aus: „Heute kann man mit den beiden Punkten zufrieden sein. Auch zufrieden bin ich mit dem Tempo, das meine Mannschaft vor allem in der ersten Halbzeit gegangen ist. Wir haben ein paar zu viele Chancen liegen lassen und hatten sehr große Probleme mit dem Kreisläufer von Wilhelmshaven. Mit der 5:1-Deckung haben wir das kurzzeitig in den Griff bekommen, aber über das ganze Spiel konnte sich der Kreisläufer einfach zu viel bewegen. Vielleicht sind die Jungs ein wenig müde, aber sie wollten unbedingt siegen. Ich bin glücklich, dass wir 32 Tore geworfen haben, aber wie in den vergangenen Spielen haben wir in der zweiten Halbzeit zu viele technische Fehler gemacht und Bälle verworfen. Das müssen wir abstellen, aber ich freue mich über die zwei Punkte und auch darüber, dass Diogo Valerio in der zweiten Hälfte so gut gehalten hat. Gewonnen ist gewonnen.“ Größeren Widerspruch erntete er in der Schwalbe-Arena nicht. Alle wussten, dass die Partie keinen bleibenden Eindruck hinterlassen würde.

VfL Gummersbach: Valerio, Puhle – Schröter (4/1), Fanger, Köster (3), Blohme, Kontrec (2), Häseler, Schuster, Schneider (2), Herzig (7), Meinhardt (6), Kiesler, Haller, Stüber (4), Bozovic (4/1).

 

Ich danke dir: Dormagens Trainer Dusko Bilanovic (rechts) wusste sehr genau, was die Paraden seines Torhüters Sven Bartmann für die Partie in Nettelstedt bedeuteten. (Foto: Thomas Schmidt)

TuS N-Lübbecke – TSV Bayer Dormagen 19:27 (8:15). Der TSV Bayer Dormagen startete optimal in die schwierige Auswärtspartie. Die Mannschaft von Trainer Dusko Bilanovic, defensiv wach und offensiv mit klarem Kopf, lag schnell mit 4:0 (8.) vorne. Kurz darauf folgte die bitterste Szene des Spiels: Joshua Reuland erlitt beim 5:1 (11.) eine Verletzung und konnte nur noch gestützt vom Platz gehen. Seine Teamkollegen schüttelten den kleinen Schock trotzdem schnell ab. Mit einer offensiv ausgerichteten Deckung gelangen Ballgewinne – und immer wieder konnte Dormagen den Lübbecker Spielfluss fair unterbrechen. Außerdem wusste Torhüter Sven Bartmann seine Vorderleute stark zu unterstützen. Im Vorwärtsgang nutzten die Dormagener die sich bietenden Chancen eiskalt und sie ließen sich selbst von drohendem Zeitspiel nicht aus der Ruhe bringen. Übers 9:3 (18.), 11:6 (22.) und 12:8 (24.) hielt sich die Führung noch im Rahmen, ehe vor dem Seitenwechsel ein  Zwischenspurt gelang: Mit dem 15:8 (29.) vollendete Andre Meuser einen 3:0-Lauf zum Halbzeitstand.

Erstaunlich: Im zweiten Spielabschnitt kam keine Spannung mehr auf, obwohl der TuS N-Lübbecke im Kampf um den Aufstieg einen Sieg gebraucht hätte. Dormagen verwaltete sein Polster auch nicht nur – im Gegenteil. Bilanovic‘ Team blieb fokussiert. Das gelang unter anderem deshalb, weil Sven Bartmann einen Sahnetag erwischte und sogar Nettelstedts Tom Skroblien, dem Toptorschützen der Liga, den Nerv raubte (unter anderem zwei Siebenmeter nicht genutzt). Am Ende führte die offizielle Statistik eine Quote von etwa 41 Prozent gehaltener Bälle für Bartmann, der eine Klasseleistung ablieferte. Nach dem 17:8 (36.) und 20:12 (44.) ließen die Gäste leicht Federn und die Hausherren kamen auf 16:21 (50.) heran, doch Dormagen behielt die Nerven. Ein 4:0-Lauf vom 22:17 (51.) zum 26:17 (55.) machte alles klar und ließ den TuS mit seinem Trainer Emir Kurtagic frustriert zurück.

Bayer-Coach Dusko Bilanovic konnte  sehr zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft sein, die sich mit zwei nicht unbedingt erwarteten Punkten belohnte, selbst in dieser Höhe verdient gewann und Rang sechs festigte (25:17 Zähler). Allein die Verletzung von Linksaußen Joshua Reuland am Knie trübte die gute Laune der Dormagener. „Das sah nicht gut aus, aber wir hoffen, dass es nicht so schlimm ist. Das ist der einzige negative Punkt an diesem Abend“, fand auch Bilanovic, der am gesamten Auftritt der in allen Belangen überzeugenden Gäste wenig auszusetzen hatte: „Das war richtig gut. Die Abwehr hat super gestanden und Sven im Tor wie eine Mauer.“ Unter dem Strich konnte er dem Team die bisher beste Leistung in dieser Saison bescheinigen – und TuS-Kollege Kurtagic konnte nur noch den Kopf schütteln. Für ihn schien Dormagen immer einen Mann mehr auf dem Platz zu haben und ständig in Überzahl zu spielen. Viel mehr Kompliment geht kaum.

TSV Bayer Dormagen: Simonsen, Bartmann – Reuland (2), Seesing (1), Senden (6), Meuser (5), Richter (4/3), Iliopoulus (1), I. Hüter (3), Reimer, Skroblien (1), P. Hüter (1), Sterba (2), Grbavac, Mast (1), Wilhelm.