2. Bundesliga
Gummersbach muss ins Wolfsrevier, Dormagen in Konstanz aufpassen
Im Kampf um den Aufstieg sollte sich der VfL keinen Ausrutscher mehr leisten. TSV Bayer will zurück zu sich selbst finden.

Du kommst hier nicht durch: Torhüter Matthias Puhle (hinten), Julian Köster, Timm Schneider und Fynn Herzig (von links) wollen mit der Gummersbacher Abwehr auch in Rimpar entschlossen zupacken. (Foto: Thomas Schmidt)

26. Februar: Der VfL Gummersbach verliert beim Letzten TuS Fürstenfeldbruck mit 25:32. 3. März: Die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson hat beim Tabellenführer Handball Sport Verein Hamburg keine Chance und geht mit einem 22:29 aus der Halle. Die „Mission Aufstieg“ droht ernsthaft in eine Schieflage zu geraten, weil die Hamburger ganz vorne schon fast zu weit weg sind und der TuS N-Lübbecke sich ebenfalls von den Gummersbachern abzusetzen droht. Fünf Wochen, vier Spiele und 8:0 Punkte später sieht die Welt im Kampf um einen der beiden ersten Plätze im Aufzug zur Bundesliga erneut viel freundlicher aus – und jenes 24:23 im Krimi beim TV Hüttenberg, als der im Winter vom TSV Bayer Dormagen gekommene Julian Köster fast auf den letzten Drücker doch noch zum Sieg traf, entpuppt sich immer mehr als Wendepunkt. Ob der VfL die Hanseaten (39:7 Punkte), die kürzlich mit dem 27:28 gegen den TV Großwallstadt nach einer halben Ewigkeit mal wieder eine Niederlage hinnehmen mussten, noch einholt, ist die eine Frage. Die andere: Kann Gummersbach (37:9) seinen Vorsprung auf die Nettelstedter halten (36:12), die mit dem 27:27 gegen die SG BBM Bietigheim und jenem 19:27 gegen Dormagen überraschend viel Boden verloren? Gummersbach hat es vorwiegend selbst in der Hand, was bis zum 28. Mai und dem direkten Duell in N-Lübbecke passiert. Mit dem Nachholspiel am Donnerstagabend bei der DJK Rimpar Wölfe beginnt die Serie von acht Aufgaben, in der Sigurdssons Team die Basis dafür legen kann, dass seine Aktien vor der Top-Partie auf dem aktuell günstigen Kurs bleiben. 

Was den Gummersbachern kaum entgangen sein dürfte: Die Wölfe aus Würzburg sind offensichtlich unberechenbar. Sie ziehen zu Hause gegen den EHV Aue praktisch ohne Angriff mit 16:19 den Kürzeren – und sie zerlegen nur drei Tage darauf den TSV Bayer Dormagen mit 25:19 (wie im Februar geschehen). Dann ist das Team von Trainer Ceven Klatt kurz vor Ostern beim TV Emsdetten chancenlos (26:36), ehe es am Ostersamstag beim 27:19 den VfL Lübeck-Schwartau beherrscht. Insgesamt steht die Heimbilanz des Tabellenelften (21:29 Punkte) bei 16:8 Zählern – eine weitere Warnung an den VfL, der die Zeichen der Zeit aber erkannt haben dürfte. „Wenn jeder einhundert Prozent gibt, dann können wir mit zwei Punkten im Gepäck zurück nach Gummersbach fahren“, sagt etwa Torhüter Diogo Valerio. Er weiß zudem, dass es in erster Linie auf eine starke Abwehrarbeit ankommen wird: „Der Schlüssel zum Erfolg ist es, eine gute Verteidigung zu stellen und einen schnellen Handball zu spielen.“

Schrecksekunde: Als André Meuser im Heimspiel gegen den TV Hüttenberg in der 16. Minute nach seinem fünften Treffer verletzt am Boden liegen blieb, stockte den Dormagenern vorübergehend der Atem. Ob der anschließend unter Knieschmerzen leidende Rückraumspieler in Konstanz wieder voll mitmischen kann, ist noch nicht raus. (Foto: Thomas Schmidt)

Beim TSV Bayer Dormagen ist der Glanz vom 27:19-Coup beim TuS N-Lübbecke innerhalb von nur drei Tagen völlig verblasst und es sieht fast so aus, als hätte es diesen starken Auftritt nie gegeben. Auf jeden Fall ist der Sieg mittlerweile erheblich weniger wert, weil sich die Mannschaft von Trainer Dusko Bilanovic anschließend eine 24:28-Pleite gegen den TV Hüttenberg einfing. Das war für sich genommen bereits ärgerlich genug, doch zwei Punkte machten den Coach noch nachdenklicher. Erstens: „Es kann nicht sein, dass Hüttenberg die Punkte mehr wollte und eine Mannschaft heißer ist als wir. Der letzte Biss hat gefehlt.“ Zweitens: „Die Spieler aus der zweiten Reihe haben ihre Chance nicht genutzt. Wenn sie uns da nicht helfen, wann dann?“ Weil Alexander Senden bereits vorher angeschlagen war und der bis dahin sehr treffsichere André Meuser (fünf Tore) nach einer Viertelstunde kaum noch zum Einsatz kommen konnte (Knie), fehlten den Hausherren wichtige Impulse aus dem linken (Senden) und rechten Rückraum (Meuser). Dass Ian Hüter nach dem 23:22 (52.) in der 54. Minute die große Chance zum 24:22 nicht zu nutzen wusste, passt irgendwie zum gesamten Ablauf. Fast logische Schlussfolgerung für Bilanovic: „Ich erwarte eine Reaktion der Mannschaft.“ Die wird in irgendeiner Form auch notwendig sein – denn es geht am Freitagabend rund 550 Kilometer von zu Hause entfernt am Bodensee zur Sache. Dort kämpft die HSG Konstanz (15:31 Punkte), die zurzeit auf dem ersten Abstiegsplatz liegt, noch viel mehr um den Klassenerhalt als Hüttenberg (Rang 13/21:29).

Bilanovic sieht sich durch die jüngsten Ergebnisse darin bestätigt, dass in der 2. Bundesliga nahezu alles passieren kann – erst recht in Duellen mit Kontrahenten, die in den Kampf um den Klassenerhalt verwickelt sind: „Alle brennen und alle haben gute Gründe dafür.“ Die HSG zum Beispiel holte bisher 13 ihrer 15 Punkte in eigener Halle, während auswärts eher wenig drin war (zwei vom 25:24 in Rimpar). Daraus ergibt sich: Dormagen, das weiter ohne Torhüter Martin Juzbasic (Finger) und Joshua Reuland (Kreuzband) antritt, muss tatsächlich mit dem größten möglichen Widerstand rechnen und im eigenen Interesse dringend versuchen, dagegenzuhalten. Der aktuelle Platz sechs und 25:19 Zähler entsprechen zwar im Groben den Erwartungen, aber ein paar Konkurrenten liegen nicht mehr so weit hinter den Dormagenern – die ja erstens immer „vernünftig Handball spielen“ und zweitens auf einer einstelligen Position über die Saison-Ziellinie kommen wollen. In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Blick zum EHV Aue (23:23) und zum Dessau-Roßlauer HV (23:25), die auf den Rängen acht und neun nicht meilenweit entfernt sind. Noch ein Argument für einen Auftritt mit Leidenschaft: Nach großartigen 19:9 Punkten am Ende des Jahres 2020 steht das Bayer-Konto für 2021 mit 8:10 Zählern seit dem missglückten Abend gegen Hüttenberg wieder im Minus. Damit kann wohl keiner in Dormagen richtig zufrieden sein.