2. Bundesliga
Dormagen leidet mit Aue – aber nur bis zum Anpfiff
Die von vielen Schlägen getroffenen Gäste aus Sachsen gewannen zuletzt am 6. März - beim 29:28 gegen den TSV Bayer, der nun die Revanche anstrebt.

Hartes Brot: Ian Hüter, dessen blaues Trikot hier einen besonders intensiven Reißtest bestehen muss, geht häufig in die Schmerzzone der gegnerischen Abwehr. Voller Einsatz wird auch am Freitagabend gegen Aue erforderlich sein. (Foto: Thomas Schmidt)

Es ist der 4. März 2021. Der TSV Bayer Dormagen bestreitet den zweiten Teil seiner Reise nach Sachsen-Anhalt und Sachsen. Keine 48 Stunden nach dem 28:20 beim Dessau-Roßlauer HV verliert er das Nachholspiel beim EHV Aue mit 28:29. Am Ende lag es wohl mit daran, dass in der letzten Phase der Partie ein paar Körner fehlten – obwohl es bis zum Schluss möglich war, die Niederlage zu verhindern. Weil Trainer Dusko Bilanovic und seine Mannschaft im Laufe einer Saison höchst ungern zweimal gegen denselben Kontrahenten den Kürzeren ziehen, liegt ihr erstes Ziel auf der Hand: Am Freitagabend soll im Heimspiel gegen Aue die Revanche gelingen, obwohl Alexander Senden und André Meuser weiter angeschlagen sind und die Saison für Joshua Reuland (Operation nach Kreuzbandriss) beendet ist. Der TSV Bayer hat außerdem vor, den aktuellen fünften Tabellenplatz (27:19 Punkte) zu verteidigen. Erstaunlich: Aue, in diesen Wochen arg gebeutelt, hat seit jenem Donnerstag Anfang März keins seiner folgenden sechs Spiele gewonnen, sondern mit 1:11 Zählern fünf zum Teil sehr klare Niederlagen einstecken müssen. Und auch sonst erwischt es den EHV gerade in vielen Bereichen hart.

Neben dem 24:24 beim ThSV Eisenach gab es für Aue nur bedrückende Ergebnisse – 26:28 bei der HSG Konstanz, 22:35 beim HC Elbflorenz Dresden, 28:35 beim TV Emsdetten, 20:31 bei der SG BBM Bietigheim, 25:33 gegen den TuS N-Lübbecke. Dabei konnte der Verein mit dem Resultat gegen Nettelstedt am vergangenen Wochenende noch am besten leben, weil ihr lange unter den Folgen einer Corona-Erkrankung leidender Trainer Stephan Swat als Zuschauer in der Halle sein durfte – ein Ereignis voller Emotionen, das allen Anwesenden unter die Haut ging. Die Arbeit mit dem Team erledigt aber weiter Interimstrainer Runar Sigtryggsson, der momentan  auch alle Hände voll zu tun hat. Und nicht nur in sportlich Hinsicht musste er wie die anderen Verantwortlichen und die Spieler zuletzt ein paar Mal schlucken: Vor ein paar Wochen wurde bei einem Einbruch in die Erzgebirgshalle Bargeld entwendet und jetzt wurden zwei Fahrzeuge des Vereins ausgebrannt aufgefunden (ein Spieler-Auto und der einzige, im Jugendbereich eingesetzte Kleinbus der Vereins). EHV-Manager Rüdiger Jurke und seine Mitstreiter sind entsetzt: „Beide Fahrzeuge sind Schrott. Warum macht man das? Ich bin sprachlos und wahnsinnig traurig.“

Die Dormagener können das erstens sehr gut nachvollziehen – doch zweitens haben sie nicht vor, darauf im Spiel größere Rücksicht zu nehmen. „Wir bereiten uns volle Pulle auf Aue vor“, sagt Bilanovic. Dabei geht er fest davon aus, dass sein Team die Dinge nicht auf die leichte Schulter nehmen, sondern lieber wieder an seine Leistungsgrenze gehen will. Dass der Auer Kevin Lux, ein abwehrstarker Kreisläufer, bei der Niederlage gegen den TuS N-Lübbecke rund fünf Minuten vor Schluss erst die dritte Zeitstrafe, dann die Rote Karte und direkt hinterher sogar die Blaue Karte sah (verbunden mit Sonderbericht und Sperre), hat Bilanovic natürlich mitbekommen. Zu Leichtsinn oder einem Mangel an Leidenschaft wird das Dormagen aber seiner Ansicht nach nicht verleiten: „In dieser Klasse muss du jeden Gegner ernst nehmen. Immer.“

Zuletzt wies der TSV seine allgemeine Lernfähigkeit nach, als er das schmerzhafte 24:28 gegen den TV Hüttenberg mit einem 25:20 bei der HSG Konstanz beantwortete. Auf der anderen Seite ist gerade Konstanz ein gutes Stichwort: Sie fehlt im neuen Jahr noch: Sieg, Niederlage, Niederlage, Sieg, Sieg, Niederlage, Niederlage, Sieg, Niederlage, Sieg. Insgesamt sieht der Coach seine Dormagener trotzdem auf dem richtigen Weg, der am Ende der Saison einen einstelligen Tabellenplatz bringen soll – ohne dass sie sich bei Bayer konkret festlegen. „Wir gucken von Spiel zu Spiel“, meint Bilanovic, „wichtig ist, dass wir uns weiterentwickeln.“ Ganz weit im Hinterkopf hat der Tabellenfünfte wohl den Traum, dass er vielleicht die Nummer eins hinter den drei führenden Teams Handball Sport Verein Hamburg (39:9 Punkte), TuS N-Lübbecke (38:12) und VfL Gummersbach (37:13) werden könnte. Dann müsste Dormagen „nur“ den aktuellen Vierten HC Elbflorenz Dresden überholen (30:20), der am 26. Juni zum letzten Spieltag der Saison ins Sportcenter kommt. Vorerst dürfte es allerdings klüger sein, darüber nachzudenken, was am 4. März passiert ist.