2. Bundesliga
Druck steigt: Gummersbach braucht Antworten
Der VfL kann sich im Kampf um den Aufstieg in die Bundesliga keinen einzigen Ausrutscher mehr leisten. Der TSV Bayer Dormagen ist deutlich entspannter - und vor Ferndorf gewarnt.

Bodenkontakt: Auch Kapitän Timm Schneider (stehend) scheint zu überlegen, wie er zusammen mit Janko Bozovic (vorne), Tobias Schröter (verdeckt) und den übrigen Gummersbachern die aktuell komplizierte Entwicklung im Kampf um den Aufstieg entzerren könnte. (Foto: Thomas Schmidt)

Der eine hat aus seinen bisher zwölf Spielen in diesem Jahr 14:10 Punkte geholt. Eigentlich gar nicht so schlecht. Er ist Dritter. Und trotzdem wirkt die Welt im Oberbergischen nicht gerade frühlingshaft-freundlich. Es sieht rund um den VfL Gummersbach eher nach typischem Aprilwetter aus. Keiner weiß genau, was demnächst kommt. Der andere hat aus seinen bisher elf Spielen im Jahr 2021 12:10 Zähler geholt. Eigentlich nicht viel oder gar nicht besser. Er ist Fünfter. Und in seiner rheinischen Welt strahlt gerade die Sonne vom Himmel. Rund um den TSV Bayer Dormagen gibt die Freude über das Erreichte den Ton an. Das prägt die Aussichten für den Mittwochabend: In Gummersbach gibt es keinerlei Diskussionen darüber, dass ein Erfolg über die DJK Rimpar Wölfe sein muss.  Sonst drohen die beiden Tickets für den Zug in Richtung Bundesliga ohne den VfL verkauft zu werden. Für Dormagen geht es gegen den TuS Ferndorf „nur“ darum, den Schwung aus den beiden jüngsten Partien fortzuschreiben. Was daraus wird, ist noch nicht raus. Es gibt aber eine fast hundertprozentige Garantie darauf, dass die Mannschaft von Trainer Dusko Bilanovic ihre Aufgabe mit Herz und Leidenschaft angeht.

Ein Rätsel: Genau diese Eigenschaften fehlten den Gummersbachern am 8. April und am 13. April, als sie bei der DJK Rimpar Wölfe (24:28) und in Ferndorf (25:27) verloren. Dass auch dort jeweils durchaus wichtige Stammkräfte fehlten, war als Erklärung für die verkorksten Auftritte ungeeignet – zumal es intern vor dem Auftritt beim Nachbarn Ferndorf bereits intensive Gespräche gegeben hatte. Dass die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson jetzt direkt wieder auf ihre Aufstiegskandidaten-Bezwinger trifft, kann so wohl höchstens in dieser außergewöhnlichen Saison vorkommen. Die Pleiten gegen Rimpar und Ferndorf gehören als Nachholspiele statistisch in die Hinrunde, ehe es nun in der Rückrunde mit den Spieltagen 28 bis 30 weitergehen sollte. Weil Nummer 28, für den vergangenen Sonntag vorgesehen, kurzfristig ausfiel (Dessau-Roßlauer HV in Quarantäne), folgen nun die Nummer 29 gegen Rimpar und am Samstag die Nummer 30 gegen Ferndorf.

VfL-Coach Sigurdsson erwartet, dass die Gummersbacher die längst fällige Reaktion liefern – und den Nachweis, dass die im Verein ausgerufene „Mission Aufstieg“ nicht bald zur leeren Worthülse verkommt. Hinter dem Spitzenreiter Handball Sport Verein Hamburg (40:10 Punkte) und dem Zweiten TuS N-Lübbecke (40:12) hat der VfL mit 37:13 Zählern trotz aller Rückschläge sogar unverändert alles selbst in der Hand – vorausgesetzt, er vermeidet weitere Ausrutscher und gewinnt dann am 28. Mai in Nettelstedt. Falls die Einstellung von Mathis Häseler für alle gilt, dürfen die VfL-Fans auf eine erhebliche Steigerung hoffen: „Wir wollen und müssen Goggi zeigen, dass wir wollen und dass sich jeder auf seine Aufgaben konzentriert und sich in jeden Ball wirft.“ Erstaunlich: Ausgerechnet der 18 Jahre junge Rechtsaußen war in Ferndorf mit elf Treffern die größte Stütze der Gummersbacher. Und dass dann ausgerechnet Häseler in den beiden letzten Minuten beim Stande von 25:25 (59.) und 25:26 (60.) zwei richtig gute Chancen nicht zu nutzen wusste, war fast tragisch. Vorzuwerfen hatte ihm allerdings niemand etwas.

Geradezu beschwingt kämpfen sich – im Vergleich zum VfL – die Dormagener durch die vergangenen Wochen. So konnte der TSV unter anderem verarbeiten, dass ihm beim 25:20 in Konstanz in Linkshänder André Meuser ein zentral wichtiger Rückraumspieler fehlte (verletzt). Gegen den EHV Aue musste Meuser noch vor der Pause wieder runter (erneut angeschlagen) und wegen der zweiten Zeitstrafe gegen Abwehrchef Patrick Hüter gab es defensiv ebenfalls ein echtes Problem. Die Lösung lieferten hinten Christian Wilhelm (19) und Aaron Seesing (18) in einem Mittelblock aus der Abteilung „Jugend forscht“, während vorne der viel erfahrenere Rechtshänder Benjamin Richter (29) wie in Konstanz seine Vielseitigkeit und seinen hohen Wert für die Mannschaft unter Beweis stellte. Zusammen mit der allgemein passenden Einstellung und den zahlreichen Top-Paraden des jungen Keepers Christian Ole Simonsen, der in ein paar Tagen 21 wird, sprang deshalb in der engen Auseinandersetzung ein Sieg heraus. Bilanovic fühlt sich im Vertrauen für die nachrückenden Kräfte bestätigt: „Das ist wichtig für uns.“

Selbst in der leistungswilligsten Mannschaft hinterlassen dauerhaft hohe Strapazen allerdings Spuren. Darum kommt es den Dormagenern durchaus entgegen, dass die fürs Wochenende vorgesehene Partie beim TV Großwallstadt ausfällt (Gastgeber in Quarantäne) und es danach erst am 7. Mai gegen den TuS Fürstenfeldbruck weitergeht. „Das tut uns sicher gut“, sagt Bilanovic, „alle können sich erholen, auch die angeschlagenen Spieler.“ Vorher wollen sich Mannschaft und Trainer aber zu einer letzten Kraftanstrengung zusammentun – und dass es nur mit den vollen hundert Prozent geht, gilt als sicher. Die um den Klassenerhalt kämpfenden Ferndorfer haben schließlich gegen Gummersbach gezeigt, wie teuer sie sich zu verkaufen wissen. Bilanovic hat seinen Spielern außerdem im Videostudium unter anderem durch Szenen aus genau jenem Spiel demonstriert, was auf den TSV zukommen dürfte. Ganz nebenbei wollen sie doch, dass über dem Sportcenter weiter die Sonne scheint.