2. Bundesliga
Das Comeback: Hermann macht Gummersbach stärker
Der Rückraumspieler des VfL weiß, was für einen Sieg in Bietigheim nötig ist. Dormagen droht der Ausfall von Patrick Hüter.

Feuer frei: Alexander Hermann (rechts/beim Wurf) könnte im Kampf des VfL Gummersbach um den Aufstieg in die Bundesliga noch eine entscheidende Rolle einnehmen. Das sieht Rückraumkollege Janko Bozovic (links) sicher ähnlich. (Foto: Thomas Schmidt)

Die Vorlage kam am Mittwochabend aus Schleswig-Holstein und sie dürfte beim VfL Gummersbach ziemlich gut angekommen sein. Gut 450 Kilometer vom Oberbergischen entfernt gewann der VfL Lübeck-Schwartau gegen den TuS N-Lübbecke mit 33:30 – was den Wert der Gummersbacher Aktien im Kampf um den Aufstieg in die Bundesliga deutlich gesteigert hat. Das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson liegt zwar mit seinen 43:13 Punkten unverändert auf Rang drei, aber jetzt wieder relativ besser als die Nettelstedter: Deren 44:14 Zähler stammen aus einem Spiel mehr, sodass der VfL bei entsprechenden Ergebnissen demnächst vorbeiziehen und zumindest auf den ebenfalls zum Sprung ins Oberhaus ausreichenden zweiten Platz klettern könnte. Vorteil für den TuS: Er legt am Samstag gegen den ASV Hamm-Westfalen vor und würde durch einen Sieg den Druck auf Sigurdssons Team wieder erhöhen – weil dessen Auftritt bei der SG BBM Bietigheim erst am Sonntag und einem klaren Diktat folgt. Der VfL muss gewinnen, weil sonst die Vorlage aus Lübeck nichts wert war und zudem der Kontakt zum Spitzenreiter Handball Sport Verein Hamburg (44:10) wohl zu groß wäre. In diesem Zusammenhang hätte Gummersbach wohl keine Einwände, sollte dem Nachbarn TuS Ferndorf in Hamburg eine Überraschung gelingen.

Der VfL scheint seine Krise mit den Niederlagen bei der DJK Rimpar Wölfe (24:28) und in Ferndorf (25:27) inzwischen gut bewältigt zu haben und auf dem Weg zurück zu früherer Stabilität zu sein, sodass es zuletzt drei Erfolge hintereinander gab – 33:23 gegen Rimpar, 30:28 gegen Ferndorf und 35:27 beim ThSV Eisenach. Ebenso wertvoll wie der wichtige Sieg in Thüringen: Rückraumspieler Alexander Hermann, der am 26. Februar in der Partie beim TuS Fürstenfeldbruck eine schwere Gesichtsverletzung erlitten hatte (unter anderem mehrere Frakturen im Nasenbein), gab sein Comeback und war selbst sehr erleichtert: „Für mich war es nach zehn Wochen ohne Spiel wirklich ein gutes Gefühl, endlich wieder auf der Platte zu stehen. Es waren 20 Minuten und das war für den Anfang wirklich gut. Ich bin zufrieden, wie das Spiel gelaufen ist, und deswegen war das für mich ein guter Start.“ Der 29 Jahre alte Österreicher ist zugleich erfahren genug, um die Anforderungen für die bevorstehende Aufgabe realistisch zu sehen:  „Wir müssen eine gute Abwehr stellen und dann über den Gegenstoß einfache Tore erzielen. Jeder muss – diesmal aber über die ganzen 60 Minuten – alles geben und wir dürfen uns keine Schwächephase erlauben.“ Im Hinrunden-Duell gelang das alles in der Schwalbe-Arena ziemlich perfekt und Hermann steuerte seinerzeit sechs Treffer bei.

Abgehakt hat der TSV Bayer Dormagen die 23:28-Niederlage vom Mittwochabend beim ASV Hamm-Westfalen, die trotz größerer personeller Probleme vermeidbar gewesen wäre – mit einer konsequenteren  Chancenverwertung und einer besseren Bilanz auf der Torhüter-Position, wo Sven Bartmann und Christian Ole Simonsen mit ihren Werten am Ende deutlich hinter Hamms Jan Wesemann lagen. Viel schmerzhafter aber als die Niederlage: Dormagen, das ohnehin weiter auf Stammkräfte wie André Meuser und Alexander Senden verzichten muss, droht der nächste Ausfall. Betroffen ist diesmal Abwehrchef Patrick Hüter, der in Hamm in der 21. Minute umknickte und nun mit einer Bänderverletzung (genaue Diagnose bisher offen) auszufallen droht. Daraus folgt: Bilanovic bleibt nicht viel anderes, als erneut Aushilfen aus der A-Jugend einzubauen. Das gilt in diesem Fall zunächst besonders für Aron Seesing, der im Zweitliga-Team fast schon zum Inventar gehört und nur ein „Problem“ hat: Er ist gerade – wie Christian Wilhelm, Lucas Rehfus und Sören Steinhaus – mit der A-Jugend im Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft gegen die SG Flensburg-Handewitt beschäftigt. „Sie sind am Samstag bei uns“, erklärt  Bilanovic. Er geht zuversichtlich davon aus, dass die Nachwuchs-Kräfte mit den hohen Strapazen umzugehen wissen. Das Pensum in dieser Woche: Mittwoch Hamm, Donnerstag Flensburg, Samstag Emsdetten (in Leverkusen), Sonntag Flensburg (ebenfalls in Leverkusen). Weil das Programm doch happig ist, haben/hatten die zum Zweitliga-Kader gehörenden A-Jugendlichen am Freitag immerhin trainingsfrei.

Dormagen könnte den Rest der Saison 2020/2021 relativ gelassen sehen, weil der aktuelle Platz sechs und die 31:23 Punkte völlig in Ordnung sind. Trotzdem will die Mannschaft wieder an ihre Leistungsgrenze gehen – was für Bilanovic im Grunde keine Besonderheit, sondern selbstverständlich und in der Bayer-DNA verankert ist. Zwei Problemkreise: Der eine oder andere der besonders stark belasteten Spieler kämpft inzwischen gegen nachlassende Akkus – und der Gegner aus dem nördlichen Teil des Münsterlandes steckt als Vorletzter (16:36 Punkte) tief im Tabellenkeller fest, wird also wenig zu verschenken haben. „Wenn ich mir den Kader ansehe, verstehe ich nicht, warum sie so weit unten stehen“, sagt Bilanovic, der auf jeden Fall eine Menge Arbeit auf die Dormagener zukommen sieht. Dass Emsdetten bislang in des Gegners Halle nur einen einzigen Sieg holte (29:27 beim TuS Fürstenfeldbruck) und mit 2:24 Punkten die schwächste Auswärtsbilanz aller Zweitligisten hat, macht die Aufgabe vielleicht noch schwieriger.