2. Bundesliga
Kampfansage: Gummersbach übernimmt die Spitze
Der VfL zeigte beim 34:20 in Dessau-Roßlau einen Klassen-Unterschied auf - und den unbedingten Willen zum Aufstieg.

Lasst uns tanzen: Timm Schneider (Mitte) brauchte die Mannschaft nicht lange zum feiernden Kreis zu bitten. Der Kapitän dürfte es locker verschmerzen, dass er in Dessau ohne eigenen Treffer blieb. (Foto: Thomas Schmidt)

Dessau-Roßlauer HV – VfL Gummersbach 20:34 (10:13). Die fast 500 Kilometer weite Heimfahrt dürfte für die Gummersbacher am Mittwochabend das reinste Vergnügen gewesen sein. Zuerst löste die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson ihre Aufgabe in Sachsen-Anhalt extrem deutlich. Bis auf die ersten Viertelstunde waren die Gäste sogar in einer eigenen Welt unterwegs – was sie direkt nachher in der Tabelle ablesen konnten. Da lag dann wohl der noch größere Wert des Resultats, weil der VfL zum ersten Mal seit Monaten wieder an der Tabellenspitze steht – und dadurch den Druck auf die Mitbewerber im Kampf um den Aufstieg erhöht hat. Mit 47:13 Zählern liegt Gummersbach jetzt vor dem Handball Sport Verein Hamburg (46:12) und dem TuS N-Lübbecke (46:12), die am Wochenende nachlegen müssen.

Es stand bereits in der ersten Halbzeit jener VfL auf dem Feld, der die Kontrahenten in der Hinrunde oft an den Rand der Verzweiflung gebracht hatte – weil er sich selbst von einer durchwachsenen Anfangsphase und der zu hohen Fehlerquote nicht erkennbar aus der Ruhe bringen ließ. Dass Dessau nach dem 3:2 (6.) für Gummersbach vier Treffer hintereinander erzielte und mit dem 6:3 (11.) für einen richtig beschwerlichen Abend der Gäste zu sorgen schien, wirkte auf das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson wohl erst recht wie ein Muntermacher: Vor dem wiederholt starken Keeper Matthias Puhle fanden die Gummersbacher zu exzellenter Abwehr-Arbeit – ähnlich wie kürzlich bei der SG BBM Bietigheim (31:25), als die Deckung bis zur Pause (16:9) ganz harten Beton aufbaute. Diesmal war 15 Minuten später aus dem Drei-Tore-Rückstand ein 11:8 (26.) geworden, obwohl sich beide Seiten ab dem 10:8 (21.) offensiv vorübergehend komplett aus der Partie verabschiedet hatten. Blohmes Treffer war allerdings die Blaupause dafür, was der VfL-Coach sehen will: Ballgewinn, Tempogegenstoß, Tor. Das Rezept, das der einstige Weltklasse-Linksaußen Sigurdsson liebt, sollte nach dem 13:10 am Ende der zweiten Halbzeit zur schnellen Klärung der ganzen Angelegenheit beitragen.

Dessau (Elfter/27:35 Punkte) war noch gar nicht richtig aus der Kabine zurück, als Ellidi Vidarsson (31.) und Fynn Herzig (32.) bereits auf 15:10 erhöht hatten. Der nächste von Lukas Blohme verwandelte Tempogegenstoß zum 16:10 (33.) veranlasste HV-Trainer Uwe Jungandreas zu einer sehr frühen Auszeit – die allerdings nahezu wirkungslos verpuffte. Die Achse Puhle-Abwehr-Gegenstoß bei den Gummersbachern funktionierte unter anderem beim 19:12 (38.) und 26:15 (47.) wie aus dem Lehrbuch, sodass der VfL bald in den Wechselmodus umschalten und allen im Kader stehenden Spielern ihre Einsatzzeit geben konnte. Weil selbst in der Schlussphase weder Einsatzbereitschaft noch Spielwitz nachließen, brachte allein die zweite Halbzeit ein 21:10 – und ab jenem 3:6 vom Anfang erreichte die Bilanz 31:14 Treffer. Das waren eigentlich zwei Klassen Unterschied.

Trainer Sigurdsson freute sich hinterher mehr nach innen, weil er sich mit Blick auf die weiteren schwierigen Aufgaben nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen wollte. „Wir haben uns zunächst sehr schwergetan, aber dann hat die Abwehr sehr gut und beweglich gearbeitet. Matthias Puhle hat in der ersten Halbzeit und am Anfang der zweiten überragend gehalten und uns damit die Chance gegeben, viele Gegenstöße zu laufen. Wir sind einfach glücklich über diese beiden Punkte und ich bin glücklich darüber, dass die Jungs im Moment so gut drauf sind.“ Und der Blick voraus aufs Spitzenspiel beim TuS N-Lübbecke? Sigurdsson war intensiv bemüht, die Aufgabe nicht zu überfrachten: „Manche sagen, dass ist das entscheidende Spiel für den Aufstieg. Das sehe ich nicht so. Es ist natürlich ein wichtiges Spiel. Aber in der 2. Bundesliga ist jede Aufgabe sehr schwierig.“ Die Gefahr, dass sie im Oberbergischen plötzlich abheben, besteht offensichtlich nicht. Die fast 500 Kilometer weite Rückfahrt dürfte trotzdem das reinste Vergnügen gewesen sein.

VfL Gummersbach: Puhle, Valerio – Schröter, Vidarsson (3), Köster (5), Blohme (9), Kontrec, Hermann (4), Schneider, Herzig (3), Meinhardt, Santos (1), Kiesler (1), Haller, Stüber (2), Bozovic (6/2).