2. Bundesliga
Dormagen weiß Bescheid: Großwallstadt ist gefährlich
TSV braucht am Dienstagabend im Nachholspiel wieder eine überdurchschnittliche Leistung. Platz vier ist keine Garantie auf Punkte.

Die pure Entschlossenheit: Ian Hüter nimmt auch durchaus schmerzhafte Zwei- oder Dreikämpfe in Kauf, um seinen Dormagenern einen Vorteil zu verschaffen. (Foto: Thomas Schmidt)

Es ist so wie in der vergangenen Woche. Da war der TSV Bayer Dormagen beim Siebten VfL Lübeck-Schwartau zu Gast – und eher nicht in der Rolle des Favoriten mit besonders großen Ansprüchen unterwegs. Groß war dann allerdings die Leistung und groß war auch die Ausbeute, denn die Mannschaft von Trainer Dusko Bilanovic sicherte sich einen 32:27-Erfolg – der völlig verdient war. Durch diesen Sieg verbesserte sich der TSV nicht nur auf 34:24 Punkte, sondern auch auf den vierten Platz. Das heißt: Dormagen ist hinter den drei Branchenführern Handball Sport Verein Hamburg (48:12), TuS N-Lübbecke (48:14) und VfL Gummersbach (47:13), die in ihrer eigenen Welt um die beiden Eintrittskarten für die Bundesliga kämpfen, der Spitzenreiter in einer etwas anderen Tabelle – nämlich in der Wertung derjenigen, die mit dem Aufstieg nichts mehr zu tun haben oder erst gar nichts zu tun haben wollten. Zur letzteren Kategorie gehören unter anderem Bilanovic und sein Team. Ihr Ziel war es von Anfang an „nur“, nach Rang 13 (33:43 Punkte) aus der Aufstiegs-Saison 2018/2019 und Rang zehn (24:24) aus 2019/2020 am Ende sicher einstellig über die Ziellinie zu kommen. Es sieht danach aus, dass die Dormagener ihren Plan erreichen werden, und da passt es nahezu perfekt, dass der Endspurt am Dienstagabend (19.30 Uhr) mit dem Nachholspiel beim TV Großwallstadt beginnt. Der Klub aus Unterfranken mit einer an Traditionen reichen Vergangenheit ist auf jeden Fall kreuzgefährlich. Und er liegt als Neunter (28:28) genau an jener Schnittstelle zu den zweistelligen Positionen, von denen sich der TSV Bayer so weit wie möglich fernhalten will.

Es ist fast auf den Tag genau ein halbes Jahr her, als Dormagen am 28. November 2020 in der Hinrunde mit viel Mühe zu einem 23:23 gegen den TVG kam. Torschütze per Siebenmeter zum Endstand praktisch in der letzten Sekunde war damals Linksaußen Joshua Reuland – der jetzt nicht dabei ist (befindet sich nach Kreuzbandriss im Reha-Training). Erfolgreichster Werfer an jenem Abend: Linkshänder André Meuser, der seinerzeit sechs Treffer erzielte, in den vergangenen Spielen verletzt zuschauen musste und in Großwallstadt weiter fehlt. Daraus folgt, dass Bilanovic erneut improvisieren und die rechte Seite im Rückraum erneut mit einem Rechtshänder besetzen wird. Plus für die Gäste: Ian Hüter als unermüdlicher Antreiber und Benjamin Richter (13 Tore in Lübeck, neun beim 30:30 gegen den TV Emsdetten) mit enormer Treffsicherheit konnten die Lücke zuletzt überragend schließen. Richter ist inzwischen in der Torschützenliste der 2. Bundesliga der beste Dormagener und mit 128 Toren (68 Siebenmeter) in jenem Bereich angekommen, in dem Großwallstadts Top-Werfer Savvas Savvas zu Hause ist. Dessen 129 Treffer gewinnen noch an Wert, weil ihn der TVG erst nach dem Start in die Saison unter Vertrag nahm. Wie stark nicht nur der Grieche ist, sondern das gesamte Aufgebot um ihn herum, zeigen unter anderem im Jahr 2021 die Erfolge in Gummersbach (29:28) und Hamburg (28:27). 

Bilanovic weiß, dass die Dormagener – ähnlich wie in Lübeck – ihr Potenzial wenigstens zum größeren Teil ausschöpfen müssen, um für die rund 260 Kilometer weite Rückreise aus Unterfranken etwas Zählbares im Gepäck zu haben: „Das wird wieder ganz schwer. Wir müssen sehen, dass wir ein vernünftiges Spiel machen.“ Bei den Hausherren beeindruckt ihn unter anderem die offensiv interpretierte 6:0-Deckung, die dem TSV bereits beim 23:23 im vergangenen November viele Probleme bereitete. Gleichzeitig erfüllt es Bilanovic mit Stolz, wie sich seine Mannschaft im oberen Tabellendrittel festgesetzt und so den ständig steigenden Respekt der Konkurrenz erarbeitet hat – was gleichzeitig den Druck erhöht: „Wenn du Vierter bist, kannst du dich nicht mehr verstecken.“ Es sind allerdings neuere Ansprüche der angenehmen Art, die für den Rest der Saison mit sieben Spielen eher als Zusatzschub dienen sollten. „Wir dürfen uns auf keinen Fall zurücklehnen“, weiß der TSV-Coach, „wir werden weiter mit hundert Prozent kämpfen.“ Großwallstadt ist die erste Prüfung auf der Zielgeraden der Saison, die innerhalb eines Monats zusätzlich die Partien gegen den Wilhelmshavener HV (28.Mai), beim VfL Gummersbach (4. Juni), gegen die DJK Rimpar Wölfe (11. Juni), beim ThSV Eisenach (19. Juni), beim TuS Ferndorf (23. Juni) und gegen den HC Elbflorenz Dresden (26. Juni) bringt. Nicht mit an Bord (neben Meuser und Reuland) ist diesmal Aaron Seesing aus der A-Jugend, der inzwischen einen festen Platz im Zweitliga-Kader hat und zurzeit in einer Prüfungs-Dauerschleife gefordert ist – mit Einsätzen bei den Profis, beim Nachwuchs in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft und dem Abitur. „Aron schreibt eine Klausur“, sagt Dusko Bilanovic. Die nächsten Einsätze warten dann allerdings bereits am Freitag in der 2. Bundesliga gegen Wilhelmshaven und am Sonntag mit der A-Jugend im Halbfinal-Rückspiel gegen die Rhein Neckar Löwen. Langweilig ist anders.