04. Juni 2021 | Zurück zur Artikelübersicht » |
VfL Gummersbach – TSV Bayer Dormagen 35:25 (18:13). Was von diesem Freitagabend für beide Mannschaften hängen bleibt? Schwierige Frage. Einen Eintrag ins große Geschichtsbuch des Handballs werden die Beteiligten selbst kaum erwarten, weil sie in ein paar Phasen nicht auf dem höchsten Niveau unterwegs waren – und trotzdem mit klaren Vorteilen bei den Gastgebern. Das zuletzt im Spitzenspiel beim TuS N-Lübbecke (27:35) schwer geschlagene Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson holte zwei wichtige Punkte und wahrte so die Chance, den Kampf um den Aufstieg bis zum Schluss spannend zu halten. Weil die Mitbewerber oben ihre Hausaufgaben aber ebenfalls erledigten, ist der Stand der Dinge unverändert: Der Handball Sport Verein Hamburg (52:12 Punkte nach 24:20 bei der DJK Rimpar Wölfe) und der TuS N-Lübbecke (50:14/32:21 beim Wilhelmshavener HV) nehmen die beiden Plätze für den Aufzug in die Bundesliga ein, während die Gummersbacher (49:15) weiter hoffen müssen. Dormagen auf der anderen Seite sollte nach der dritten Niederlage hintereinander ein bisschen aufpassen (vorher 27:35 beim TV Großwallstadt, 25:27 gegen Wilhelmshaven), dass der bisherige Eindruck einer überzeugenden Saison nicht auf der Zielgeraden verloren geht. Aus einst 34:24 Zählern und der Möglichkeit, den vierten Rang anzupeilen, sind 34:30 Punkte und der siebte Platz geworden.
Bei einem Torhüter ist die Quote gehaltener Bälle immer wichtig. Und in diesem Bereich hat Gummersbachs Matthias Puhle im Laufe dieser Saison schon oft so stark abgeschnitten, dass er in der 2. Bundesliga als Nummer eins geführt wird. Gegen Dormagen zeigte Puhle zudem erneut sein Gespür für die Situation – weil er oft genau dann einschritt, wenn es seine Mannschaft besonders gut gebrauchen konnte. Beispiel eins: Beim Stande von 8:7 (16.) rettete er innerhalb von 30 Sekunden gegen Ian Hüter, Alexander Senden und Patrick Hüter. Beispiel zwei: Nicht viel später wehrte er beim 11:8 (19.) den ersten Siebenmeter von Benjamin Richter ab, beim 21:16 (35.) den zweiten. Direkte Folgen: Gummersbach hielt die Gäste auf Distanz und der TSV rannte permanent vergeblich hinterher. Außerdem nahm sich das Team von Bayer-Trainer Dusko Bilanovic teilweise selbst aus dem Spiel – weil es in der Auszeit nach dem 16:13 (28.) wohl nicht richtig zugehört hatte. In den folgenden zwei Minuten bis zur Pause gab es jedenfalls keine Besserung, sondern die Treffer des VfL zum 17:13 und 18:13 (jeweils 30.) durch Janko Bozovic und Lukas Blohme, dessen Wurf eine halbe Sekunde vor der Sirene den Weg in den Kasten fand. Von der frühen Dormagener 4:2-Führung (5.) war hier längst keine Rede mehr.
An den Kräfteverhältnissen änderte sich später wenig, obwohl Dormagen den Rückstand bis zum 17:22 (37.) bei fünf Treffern hielt und der VfL nach dem 24:17 (38.) von Blohme vorübergehend in den kleineren Gang schaltete. Innerhalb von weniger als drei Minuten wechselte der Ball vier Mal den Besitzer – ehe es Gummersbach sogar noch verrückter trieb und das 24:19 (43.) kassierte. Eine echte Wende stand allerdings nie im Raum und zwei Blohme-Treffer zum 26:20 und 27:20 (jeweils 45.) machten endgültig den Weg zum ungefährdeten Sieg der Gastgeber frei. Wie sicher sich die Gummersbacher ihrer Sache später waren, zeigte die Schlussphase – als Trainer Gudjon Valur Sigurdsson ab dem 29:22 (50.) personell viel zu wechseln begann. Aufs Feld kam unter anderem der 18 Jahre junge Gabriel Da Rocha Viana (aus der A-Jugend), der mit dem 32:24 (57.) sogar seinen ersten Zweitliga-Treffer erzielte. Das gefiel natürlich allen Gummersbachern – nicht zuletzt dem nur auf der Tribüne anwesenden Kapitän Timm Schneider, der wie der ebenfalls verletzte Raul Santos bloß zuschauen durfte. Besonders beunruhigt dürften als reine Daumendrücker beide nicht gewesen sein.
Sigurdsson war – wie seine Spieler – erleichtert über den Sieg: „Ich freue mich, dass wir gewonnen haben, sehe aber immer noch Luft nach oben.“ Damit meinte er unter anderem jene verhaltene Phase beim Start und die zu hohe Zahl an technischen Fehlern. „Wir haben nicht gut angefangen und wir waren nicht konsequent genug. Die letzten fünf bis sieben Minuten im ersten Durchgang haben wir sehr gut gedeckt“, fand der Isländer. Seine trockene Zusammenfassung: „Am Ende zählen die beiden Punkte.“ Kollege Bilanovic erwies sich als fairer Verlierer: „Glückwunsch an Gummersbach zum auch in dieser Höhe verdienten Sieg. Wir haben in den ersten 25 Minuten guten Handball gespielt und plötzlich aufgehört, eine angemessene Aggressivität an den Tag zu legen.“ Weil der TSV-Coach als Freund des Handballs mit Herz und Leidenschaft gilt, konnte er mit dem Dormagener Auftritt in der zweiten Halbzeit überhaupt nichts mehr anfangen: „Es hat sich nicht so angefühlt, als würden wir ein Derby spielen. Das war schon mehr ein Freundschaftsspiel und das darf nicht passieren. Ich verstehe, dass die Saison lang ist, aber so dürfen wir in einem Derby nicht auftreten.“ Für den TSV Bayer ist die Frage, was von diesem Abend hängenbleibt, offensichtlich noch schwieriger zu beantworten.
VfL Gummersbach: Valerio, Puhle – Schröter, Fanger (2), Vidarsson (4), Da Rocha Viana (1), Köster (2), Blohme (9), Kontrec, Hermann (4), Herzig, Meinhardt (3), Kiesler, Haller, Stüber (3), Bozovic (7/2).
TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Bartmann – Wilhelm, Senden (2), Meuser (4), Richter (2/2), Iliopoulos, I. Hüter (4), Reimer (1/1), Skroblien, Görgen, P. Hüter (5), Rehfus, Sterba (3), Grbavac (3), Mast (1).