Deutsche Meisterschaft A-Jugend
Tierisches Finale: Wiesel fordern Füchse heraus
TSV Bayer Dormagen gilt in zwei Endspielen gegen Berlin als Außenseiter.

Wir sind bereit: Trainer David Röhrig (Mitte) freut sich mit seiner Mannschaft (Nummer 6 Florian Träger, Nummer 77 Alexander Schoss) riesig darauf, in zwei Endspielen um die Deutsche Meisterschaft gegen die Füchse Berlin antreten zu können. (Foto: Heinz J. Zaunbrecher)

Es ist wie eine Anleihe des Handballs aus Brehms Tierleben aus dem 19. Jahrhundert. Dort kamen beide Arten auch schon vor. Anderswo heißen sie vielleicht Adler, Eagles, Löwen, Hornissen oder Wölfe. Es hat sich im Handball an nicht wenigen Stellen eingebürgert, dem Vereins- noch eine Art Künstlernamen hinzuzufügen – oder diesen direkt in den Klubtitel aufzunehmen. So machen es zum Beispiel die Füchse aus Berlin, die im Finale um die Deutsche Meisterschaft der A-Jugend auf den TSV Bayer Dormagen treffen. Weil das ein bisschen nüchtern daherkommt, bezeichnen sich die Dormagener seit einiger Zeit als „Die Wiesel“. Der Termin fürs Final-Hinspiel ist dabei so ungewöhnlich wie die Namensgebung beider DM-Kandidaten. Dormagen tritt zuerst bei den Füchsen an und das nicht mal in Berlin, sondern am Montag um 17 Uhr in der MBS-Arena. In Potsdam. Dort geht es um eine gute Ausgangsposition fürs Rückspiel am 13. Juni (Sonntag, 17 Uhr) im Bayer-Sportcenter.

Des Rätsels Lösung fürs Ausweichen: Die Berliner kamen mit der Bitte um Verlegung des ursprünglichen Termins 5. Juni auf die Dormagener zu, weil Füchse-Talente wie Robin Heinis oder Nils Lichtlein mit einem Zweitspielrecht für den Kooperationspartner VfL Potsdam ausgestattet sind – der am Samstag in der Aufstiegsrunde der Drittligisten zur 2. Bundesliga beim HC Empor Rostock gefordert war. „Klar haben wir zugestimmt“, sagt Dormagens Trainer David Röhrig, „das passt doch beiden Seiten ganz gut und keiner hat einen Nachteil dadurch.“ Der TSV Bayer konnte sich so zudem sicher sein, dass die zuletzt in der 2. Bundesliga zusätzlich beanspruchten Dormagener A-Jugendlichen wie Aaron Seesing, Christian Wilhelm oder Lucas Rehfus ebenfalls ausreichend Zeit zur Erholung bekommen würden. Am Ende gehörte Seesing allerdings in der Partie beim VfL Gummersbach (25:35) nicht zum Kader, während Wilhelm und Rehfus auf dem Spielbericht standen und nicht zum Einsatz kamen.

Dormagens Nachwuchs wird gegen Berlin jedes Korn an Kraft brauchen, damit sein Traum vom Titel leben kann. „Die Favoritenrolle ist klar verteilt“, erklärt Röhrig, „es gab vorher keinen, der nicht auf die Füchse als Meister getippt hat.“ Seiner eigenen Mannschaft, die im Viertelfinale die SG Flensburg-Handewitt und im Halbfinale die Rhein-Neckar Löwen ausschaltete, traut er natürlich trotzdem eine Menge zu. Und er kann zumindest eins versprechen: „Wir werden alles reinwerfen, was wir haben.“ Nicht nur für die Spieler werden die Duelle mit Berlin etwas Besonderes, sondern auch für Dormagens Coach – was mit seinem für den Gegner verantwortlichen Kollegen zu tun hat. Bob Hanning ist Geschäftsführer der Füchse und als Vizepräsident des Deutschen Handball-Bundes immer wieder für kontrovers diskutierte Standpunkte gut, aber für Röhrig in erster Linie ein leidenschaftlicher Verfechter der Arbeit mit jungen Leuten: „Was er da leistet, ist beeindruckend.“ Dass die Dormagener nun im Finale stehen, allerdings genauso.

Dusko Bilanovic, Trainer des Dormagener Zweitliga-Teams, hat folgende Aussage als Kernbotschaft: „Wir müssen schlau spielen.“ Das passt haargenau zu Wieseln, die besonders intelligente Jäger sein sollen. Und tatsächlich will sich der Außenseiter, der hinten wie vorne eine optimale Leistung benötigt, einiges für eine Überraschung einfallen lassen gegen die Füchse, die irgendwo als „Nahrungs-Opportunisten“ bezeichnet werden. Das lässt sich relativ einfach übersetzen: Um ihren Hunger zu stillen, fressen sie alles, was sie bekommen können. Die Wiesel haben mindestens andere Ideen als die, sich wehrlos in die Rolle des Opfers zu fügen. Das dürfte bereits in Brehms Tierleben so gewesen sein.