2. Bundesliga
„Mission Aufstieg“: Gummersbach bleibt nur das Prinzip Hoffnung
VfL muss selbst gewinnen und fremde Hilfe in Anspruch nehmen. Dormagen kämpft gegen den Abwärtstrend.

Wohin fliegen wir? Rechtsaußen Lukas Blohme (insgesamt 122 Saisontreffer) bildete zuletzt gemeinsam mit Rückraumspieler Janko Bozovic (138) eine starke rechte Seite. Vermutlich würde er gerne ein paar Tore abgeben, wenn Gummersbach dafür den einen oder anderen Punkt mehr aufs Konto bekäme. (Foto: Thomas Schmidt)

Das Zeitfenster wird kleiner für den VfL Gummersbach und damit die Möglichkeit, dass sich die Konkurrenten im Kampf um die zwei Tickets für die Bundesliga irgendwo einen Ausrutscher erlauben – den die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson unbedingt braucht, um die „Mission Aufstieg“ erfolgreich zu beenden. Ohne fremde Hilfe wird der Dritte VfL (49:15 Punkte) nicht am Zweiten TuS N-Lübbecke (52:14) und erst recht nicht am Ersten Handball Sport Verein Hamburg (54:12) vorbeikommen. Den Gummersbachern hängt außerdem jeweils der verlorene direkte Vergleich (entscheidet am Ende bei Punktgleichheit) wie ein Mühlstein um den Hals – 26:25 und 22:29 gegen Hamburg, 27:24 und 27:35 gegen Nettelstedt. Daraus folgt: Der Spitzenreiter müsste zwei seiner nur drei übrigen Spiele verlieren, der TuS wenigstens eins. Wir rechnen nach, wie wahrscheinlich das sein könnte – immer unter der Voraussetzung, dass die Mannschaft von VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson ihre restlichen vier Aufgaben ohne weiteren Makel über die Bühne bringt. 

Hamburg erwies sich bereits in dieser Woche als nervenstark genug und machte im Nachholspiel beim TV Hüttenberg aus einer knappen 11:10-Führung am Ende der ersten Halbzeit einen klaren 27:18-Erfolg. Es warten noch die Aufgaben beim Vierten HC Elbflorenz Dresden (Sonntag, 13. Juni, gegen den auf Rang 13 liegenden ASV Hamm-Westfalen (22. Juni) und beim Fünften SG BBM Bietigheim (26. Juni). Unsere Prognose: Der HSV gewinnt bereits in Dresden, das auswärts eine bessere Bilanz hat als in Heimspielen, und bereitet sich anschließend intensiv auf die Aufgabe Hamm vor – die wie jene Partie kürzlich gegen den ThSV Eisenach (31:29) mit Zuschauer-Unterstützung über die Bühne gehen dürfte. Damals bereits feierten 1000 Fans in der Barclaycard Arena bei einem Hamburger Modellversuch euphorisch die Rückkehr in die Halle. Die Konkurrenz muss nun davon ausgehen, dass der Spitzenreiter und sein Trainer Torsten Jansen alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um den Aufstieg mit den eigenen Fans im Rücken zu realisieren.

Der TuS N-Lübbecke hat das einen Monat alte 30:33 beim VfL Lübeck-Schwartau offensichtlich schnell hinter sich gelassen. Wichtigste Etappe auf dem Weg zu vier Siegen hintereinander war das 35:27 gegen die Gummersbacher, sodass die Tür für den Fahrstuhl nach oben mittlerweile nicht nur einen kleinen Spalt weit geöffnet ist. Letzte Hindernisse in dieser Saison sind die Aufgaben gegen den Zwölften Dessau-Roßlauer HV (Freitag, 11. Juni), bei der DJK Rimpar Wölfe (Rang 14/19. Juni) und gegen den Zehnten TuS Ferndorf (26. Juni). Unsere Prognose: Das Team des ehemaligen Gummersbacher Trainers Emir Kurtagic wird sich zu Hause von Dessau nicht aufhalten lassen und als auswärts erfolgreichste Mannschaft der 2. Bundesliga (27:7 Punkte) mit Niederlagen lediglich in Gummersbach und Lübeck auch die Wölfe in den Griff bekommen. Dann käme es gegen Ferndorf zu einem echten Finale, in dem der TuS natürlich ebenfalls sämtliche Vorteile auf seiner Seite hat. Trotzdem bleibt den Gummersbachern vielleicht nur diese Option, dass ihnen die Ferndorfer unter die Arme greifen. Ausgerechnet der Lokalrivale also. Geht nicht? Der Blick in die jüngere Vergangenheit lässt einen anderen Schluss zu, weil der lange mit Corona-Folgen kämpfende TuS da durchaus für größere Überraschungen sorgen konnte. 21. April: Ferndorf gewinnt gegen Gummersbach mit 27:25. 16. Mai: Ferndorf gewinnt in Hamburg mit 30:27. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Ferndorf jetzt am Mittwochabend zu Hause gegen den noch immer auf einem Abstiegsplatz festhängenden TV Emsdetten mit 27:28 den Kürzeren zog – was nicht unbedingt für eine Überraschung in Nettelstedt spricht.

In keiner Rechnung kommt vor, dass Gummersbach einen einzigen Zähler abgibt – nicht am Samstag (12. Juni) beim EHV Aue, nicht gegen den HC Elbflorenz Dresden (16. Juni), nicht gegen die HSG Konstanz (19. Juni), nicht beim TV Großwallstadt (26. Juni). Es ist zumindest in der Theorie sogar das schwierigste Restprogramm aller Aufstiegs-Kandidaten, weil die drei Gegner neben der auf Platz 17 akut gefährdeten HSG auf den Rängen sechs, vier und acht zur oberen Tabellenhälfte gehören. Unsere Prognose: Der VfL wird sich in Aue zum Sieg kämpfen und in den beiden folgenden Heimspielen ebenfalls die Oberhand behalten. Etwas anderes würde sowieso nicht zu den eigenen Ansprüchen passen, denn Gummersbach ist mit bisher 30:2 Punkten die beste Heim-Mannschaft der 2. Bundesliga. Außerdem hofft der Verein, der ständig im Austausch mit den zuständigen Behörden steht, in der kommenden Woche bis zu 1000 Zuschauer in die Schwalbe-Arena lassen zu dürfen – womit quälend lange Monate mit Spielen vor leeren Tribünen zu Ende gingen. Daraus sollte sich, falls überhaupt erforderlich, ein Extra-Schub an Motivation ergeben.

Was ist denn hier los? Dormagens Trainer Dusko Bilanovic (rechts) muss auch mit seinen Torhütern Martin Juzbasic (Mitte) und Sven Bartmann (links) auf die Suche nach Ursachen für die zuletzt vielen Gegentreffer gehen. (Foto: Thomas Schmidt)

Diesen Extra-Kick scheinen sie beim TSV Bayer Dormagen besonders dringend zu benötigen, weil der Mannschaft von Trainer Dusko Bilanovic auf der Zielgeraden einer lange überzeugenden Saison mit vielen guten bis sehr guten Auftritten die Luft auszugehen scheint – 27:35 beim TV Großwallstadt, 25:27 gegen den Wilhelmshavener HV, 25:35 in Gummersbach. Nach der Pleite beim VfL wirkte Bilanovic, der sich in der Regel eher schützend vor seine Spieler stellt, vor allem angesichts der zweiten Halbzeit ziemlich bedient: „Das war schon mehr ein Freundschaftsspiel und das darf uns nicht passieren.“ In Zahlen ausgedrückt ergeben die jüngsten drei Partien null Punkte mit einem Torverhältnis von 77:97 – was besonders defensiv eine bittere Pille ist, weil der Durchschnitt nicht bei 32,33 Treffern, sondern bei 26,78 pro Begegnung liegt. Wie die defensive Tendenz stimmt nach den drei Niederlagen die gesamte Ausbeute aus dem Kalenderjahr 2021 nicht mehr, weil zu den 17:9 Punkten vom Jahreswechsel inzwischen negative 17:21 Zähler zu addieren sind.

Der TSV darf für das Heimspiel am Freitagabend im Sportcenter gegen die DJK Rimpar Wölfe mit bis zu 1000 Zuschauern planen – die vielleicht neue Kräfte freisetzen können. Darüber hinaus hat Dormagen aus der Hinrunde eine 19:25-Pleite auszubügeln und insgesamt die Chance, eine Kurskorrektur vorzunehmen: Für den Siebten (34:30 Punkte) ist selbst Rang vier hinter den drei Top-Teams immer noch in Reichweite. Der Weg wird ganz bestimmt nicht einfach, weil nach Rimpar zuerst die Hürden beim ThSV Eisenach (19. Juni) und beim TuS Ferndorf warten (23. Juni). Der TSV Bayer entscheidet trotzdem selbst, ob das Saisonfinale am 26. Juni gegen den HC Elbflorenz Dresden (36:28) vielleicht zu einem echten Endspiel um Platz vier wird – wieder mit der Möglichkeit, vor 1000 Fans zu spielen. Dafür wäre ein bisschen Eigenwerbung wohl kaum verkehrt.