18. Juni 2021 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Vielleicht waren die Ansprüche zu schnell zu hoch. Vielleicht hingen sie alle zu sehr an der Vorstellungen fest, dass der VfL Gummersbach nach dem Abstieg aus der Bundesliga am Ende der Saison 2018/2019 ein natürliches Recht auf die direkte Rückkehr mitbekommen hätten. Und vielleicht war spätestens nach dem Abbruch der Saison 2019/2020 zu selbstverständlich, dass man als Vierter beim nächsten Mal ganz bestimmt an der Reihe sei. Der HSC Coburg (37:11 Punkte) und TuSEM Essen (34:14) wurden schließlich in die höchste deutsche Klasse befördert – mit gar nicht so großem Vorsprung auf die SG BBM Bietigheim und den VfL (beide 31:17). Zwei Runden vor Schluss ist jetzt allerdings längst klar, dass die als „Mission Aufstieg“ deklarierte Serie 2021/2022 kein Happy End haben wird: Der VfL, der am Samstagabend (18 Uhr, Schwalbe-Arena) gegen die HSG Konstanz sein letztes Heimspiel bestreitet, wird als Dritter (51:17 Zähler) hinter dem TuS N-Lübbecke und dem Handball Sport Verein Hamburg (beide 54:14) über die Ziellinie gehen. Es bestehen allenfalls geringste theoretische Zweifel daran, dass die Top-Teams die beiden wertvollen Erstliga-Tickets lösen werden. Die Nettelstedter können bereits am Samstag bei der DJK Rimpar Wölfe durch das weit offene Scheunentor gehen und die am Wochenende nicht beschäftigten Hamburger am nächsten Dienstag gegen den ASV Hamm-Westfalen folgen.
Beim Comeback von Zuschauern nach acht langen Corona-Monaten gewann das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson am Mittwochabend gegen den Vierten HC Elbflorenz Dresden verdient mit 32:29. Die offizielle HBL-Statistik wies für die Partie anschließend 650 Zuschauer aus – wobei bis zu 1000 Zuschauer hätten dabei sein dürfen. Hier liegt auch die Grenze fürs Heimspiel gegen Konstanz, das nach Lage der Dinge wie Dresden hartnäckigen Widerstand leisten dürfte. Einfache Erklärung: Die HSG stünde bei einer Niederlage in Gummersbach als Absteiger fest. Ebenso einfache Entgegnung aus Sicht der VfL; Er kann darauf aus eigenem Interesse null Rücksicht nehmen. Nur bei einem entsprechenden Auftritt/Ergebnis würde die Stimmung in der Halle passen. Der Verein will ja nach der Schluss-Sirene erstens gemeinsam mit seinen Fans feiern und zweitens genau dadurch die Spieler würdig verabschieden, die in der nächsten Saison nicht mehr das Gummersbacher Trikot tragen. Torhüter Matthias Puhle etwa oder Rechtsaußen Tobias Schröter, die über viele Jahre mit das Gesicht der Mannschaft prägten, mit einer Niederlage in der Schwalbe-Arena ziehen lassen? Das kann sich vermutlich niemand in der Mannschaft vorstellen.
Beim TSV Bayer Dormagen können sie sich sehr gut vorstellen, die bisherigen 36:30 Punkte und den aktuellen sechsten Tabellenplatz über die Ziellinie zu bringen oder im Idealfall sogar auszubauen. Weil es zuletzt mit dem 34:24 über die DJK Rimpar Wölfe das überzeugende Ende einer Serie von drei Niederlagen gab, geht die Mannschaft von Trainer Dusko Bilanovic mit frischem Rückenwind in den Endspurt – der als Schluss-Sequenz einer extrem fordernden Saison noch einmal zu einer echten Kraftanstrengung wird. Am Samstag (19.30 Uhr) geht es beim Zwölften ThSV Eisenach los, ehe am 23. Juni (Mittwoch, 18.30 Uhr) das Nachholspiel beim Zehnten TuS Ferndorf folgt und am 26. Juni (Samstag, 18 Uhr) gegen den Vierten HC Elbflorenz Dresden der Ausstand für 2020/2021. Bilanovic hat nachgerechnet: „Selbst wenn wir alle drei Spiele verlieren sollten, bleiben wir einstellig. Das wäre das beste Ergebnis nach der Rückkehr in die 2. Liga und das macht uns stolz.“ Gegenüber Rang 13 (33:43 Punkte) aus 2018/2019 und Platz zehn (24:24) aus 2019/2020 wird sich der TSV tatsächlich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verbessern, weil Ferndorf und der Elfte ASV Hamm-Westfalen (beide 31:35) kaum alle drei Rest-Spiele für sich entscheiden wird. Außerdem haben die Dormagener ihrerseits nicht vor, drei weitere eigene Niederlagen in die Bilanz aufzunehmen.
Bilanovic hat zunächst Respekt vor Eisenach und der Arbeit des Kollegen Markus Murfuni: „Das ist eine richtig gute Mannschaft.“ Seine Qualitäten stellte der ThSV unter anderem im Februar in Dormagen unter Beweis, als die Hausherren bis in die zweite Halbzeit hinein zurücklagen und erst in der letzten Viertelstunde die Wende zum 29:27 schafften. Bemerkenswerte Siege, durch die sich der Klub aus Thüringen aller Abstiegssorgen entledigte, waren im Juni das 31:27 gegen Dresden und das 35:32 in Bietigheim. Ein Erfolg des TSV ist natürlich trotzdem nicht ausgeschlossen und für den Coach und sein Teamsogar das Ziel: „Wir fahren nach Eisenach, um zu gewinnen.“ Es kann unter dem Strich definitiv nicht verkehrt sein, noch ein bisschen die Werbetrommel in eigener Sache und für den Saison-Ausklang zu rühren. Ein Finale um Platz vier gegen Dresden vor bis zu 1000 Zuschauern? Bilanovic gönnt sich diesen Traum: „Dann hätten wir eine volle Bude.“ Wie voll es wirklich wird, entscheidet sich auch in Eisenach und Ferndorf.