04. Oktober 2021 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Es ist auch die Geschichte von zwei Außenseitern. Dabei kommt es im DHB-Pokal immer wieder vor, dass Kleinere auf Größere treffen. Hin und wieder gibt es dann eben eine Überraschung, weil sich ein Außenseiter doch durchsetzt. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn jetzt in der zweiten Runde der TSV Bayer Dormagen am Dienstagabend (19.30 Uhr) gegen den TBV Lemgo gewinnt, der immerhin der Titelverteidiger ist und in der Bundesliga eine feste Größe. Zweitligist Dormagen wird eine große Menge an Puzzleteilen an die richtige Stelle legen müssen, um in die dritte Runde einzuziehen. Irgendwie sind die beiden Kontrahenten aber noch halbwegs in derselben Welt zu Hause. Aus sportlicher Sicht deutlich unromantischer kommt die vor der SG Langenfeld liegende Aufgabe daher: Der Regionalligist aus dem Bereich des reinen Amateur-Handballs steht am Dienstagabend ab 20 Uhr gegen den Bundesligisten TSV Hannover-Burgdorf vor einer unlösbaren Mission. Fürs Team von Trainer Lars Brümmer geht es „nur“ darum, die Partie als einmaliges Erlebnis mitzunehmen. Dass null Chance auf eine Überraschung besteht, ist den Beteiligten klar.
Beim Start in die Saison 2021/2022 zeigte sich Langenfeld von seiner besten Seite. Die junge und neu formierte Mannschaft von Trainer Lars Brümmer holte vor gut zwei Wochen in Völklingen beim Final-Four-Turnier den Deutschen Amateurpokal, denn nach dem 26:20 im Halbfinale gegen den Gastgeber MSG HF Illtal gewann Langenfeld das Finale ebenfalls – 22:19 gegen die SG VTB/Altjührden (beide Oberliga). Dieser Erfolg brachte nicht nur einen Titel, sondern zusätzlich jene Eintrittskarte für den DHB-Pokal und die Zweitrunden-Partie gegen Hannover-Burgdorf. „Das ist eine Chance, uns auf einer schönen Bühne zu präsentieren“, sagt Brümmer, „der Amateurpokalsieg hat ein gutes Gefühl ausgelöst, jetzt wollen wir gegen Hannover-Burgdorf Spaß haben und Gas geben. Wir wollen uns gut präsentieren.“ Das werden die Gäste nachvollziehen können, bei denen seit dem Sommer der ehemalige Nationaltrainer Christian Prokop die Verantwortung trägt.
Die Vorbereitung auf das außergewöhnliche Duell mit dem Bundesligisten war eher kurz, weil tatsächlich andere Dinge im Vordergrund stehen/standen. „Die Liga ist unser täglich Brot, daher lag der Fokus in der Trainingswoche ganz klar auf der Vorbereitung für das Meisterschaftsspiel in Aldekerk.“ Das bisherige Abschneiden in der Regionalliga sorgt allerdings – bei aller Freude auf den Auftritt im DHB-Pokal – für ein paar Wermutstropfen. Nach dem 20:21 zum Einstieg gegen den BTB Aachen gab es jetzt beim TV Aldekerk sogar eine 31:41-Niederlage, sodass die SGL derzeit als Zwölfter mit 0:4 Zählern eher im Tabellenkeller zu Hause ist. Die gute Laune wollen sich Spieler und Verantwortliche davon allerdings nicht nehmen lassen, sondern jede Minute des Spiels gegen die Profis genießen: „Wir spielen vor ausverkaufter Halle. Das wird ein richtig gutes Erlebnis für alle, für Spieler und Zuschauer.“ Und vielleicht sorgt der Auftritt am Ende für ein ähnlich gutes Gefühl wie der Triumph im Amateurpokal.
In bester Laune ist zurzeit Dusko Bilanovic als Dormagener Trainer unterwegs, weil seine Mannschaft zuletzt in der 2. Bundesliga vor allen Dingen in eigener Halle selbst größere personelle Probleme wegkämpfte – 21:20 gegen SG BBM Bietigheim, 27:24 gegen DJK Rimpar Wölfe. Die 4:4 Zähler und Rang neun entsprechen im Wesentlichen den Erwartungen, sodass Bilanovic nun zusammen mit der Mannschaft einen Traum versuchen kann: „Ich will ins Final Four.“ Das ist jenes Turnier, in dem der Pokalsieger ermittelt wird – 2022 zum letzten Mal im Hamburg, danach in Köln: „Da hätten wir ja Heimspiele.“ Tatsächlich ist es so, dass Dormagens Coach genau weiß, wovon er spricht: Als Spieler der HSG Dutenhofen/Münchholzhausen stand er am 8. März 1997 im Finale – im Übrigen gegen den TBV Lemgo, der seinerzeit knapp mit 22:20 gewann. Unvergesslich war zudem das Halbfinale am 1. April 2000 mit der SG Wallau/Massenheim, die gegen den THW Kiel erst nach einer Verlängerung mit 27:28 den Kürzeren zog.
Ganz im Ernst sehen sich die Dormagener jetzt allerdings als klaren Außenseiter. „Lemgo ist der hohe Favorit“, betont Bilanovic, der unter anderem auf den stark besetzten Kader seines Kollegen Florian Kehrmann verweist. Das beginnt bei den extrem erfahrenen Guardiola-Zwillingen Isaias und Gedeon (27) aus Spanien und hört bei den schwedischen Rückraumspielern Jonathan Carlsbogard und Andreas Cederholm lange nicht auf. Einer wie Linksaußen Bjarki Mar Elisson war außerdem in der vergangenen Saison der drittbeste Werfer in der höchsten deutschen Klasse. Alles zusammen macht dann genau den Reiz für den TSV Bayer aus, es trotzdem zu probieren. „Das wird natürlich eine große Herausforderung. Wichtig ist, dass die Mannschaft Gas gibt“, betont Dormagens Coach, „ich traue ihr alles zu. Wenn das tatsächlich unsere 60 Minuten werden, hätten wir etwas Außergewöhnliches geschafft.“