2. Bundesliga
Glückliches Gummersbach zieht Kopf aus der Schlinge
Der Spitzenreiter zeigt in Emsdetten die schwächste Saisonleistung, biegt aber einen klaren Rückstand zum knappen Sieg um.

Das hälst du doch nicht aus: VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson dürfte in Emsdetten bisweilen seinen Augen kaum getraut haben. (Foto: Thomas Wirczikowski)

TV Emsdetten – VfL Gummersbach 22:23 (12:8). Das ist keine gewagte These: Wer einen derart verkorksten Abend umbiegt und die bereits sehr fest um den Hals sitzende Schlinge wieder lösen kann, hat das Zeug zum Aufstieg. Und so stand schließlich das mit weitem Abstand Beste aus Sicht der Gäste auf der Anzeigetafel, denn die beiden Punkte aus dem Last-Minute-Sieg stockten das Konto auf 12:0 Zähler auf. Gummersbach verfügt – wonach es rund 50 Minuten lang nicht mal ansatzweise aussah – als einzige Mannschaft der 2. Bundesliga weiter über eine weiße Weste. Auf Rang zwei folgt der VfL Eintracht Hagen vor dem TV Hüttenberg (beide 10:2), der am kommenden Freitagabend um 19 Uhr zum Spitzenspiel in der Schwalbe-Arena antritt. VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson war nach dem Erfolg in Emsdetten glücklich übers Happy End – und er wird wissen, dass die Gummersbacher ohne eine deutliche Steigerung gegen Hüttenberg keine große Chance haben werden.

Was der VfL in der ersten Halbzeit ohne den an allen Ecken und Enden fehlenden Julian Köster (Corona-Quarantäne) ablieferte, gehörte in die Kategorie absurdes Theater. Es hatte auf keinen Fall etwas mit Handball für gehobene Ansprüche zu tun und nicht einmal unteres Zweitliga-Niveau. Vor allen Dingen die Angriffs-Leistung war von der ersten Sekunde an unterirdisch schlecht – was natürlich auch, aber nicht nur mit der Gala des Emsdettener Keepers Oliver Krechel zu tun hatte. Der 30-Jährige, der aus Krefeld ins Emsland gewechselt war, wehrte unter anderem die Siebenmeter von Janko Bozovic (19.) und Hakon Styrmisson (26.) ab. Außerdem nahm er den Gummersbachern viele andere freie Würfe weg – und das war dann eben nicht nur seine besondere Qualität, sondern gleichzeitig eine erstaunliche Schwäche der Gäste an diesem späten Sonntag-Nachmittag. Wenn schon ein Lukas Blohme als gewöhnlich treffsicherer Rechtsaußen wie in der 18. Minute unbedrängt scheitert, muss es beinahe zwangsläufig schwierig werden.

Der VfL legte bis zum 3:2 (6.) von Styrmisson jeweils vor, begann sich jedoch zunehmend aus der vom Kampf geprägten Partie zu verabschieden. Ole Pregler glich zum 4:4 (11.) aus, ehe die bis dahin im Durchschnitt 31 Mal pro Spiel erfolgreiche Offensive gar keinen Weg mehr zum und ins Tor des TVE fand – 4:7 (18.). Weil auch die Hausherren bei aller Leidenschaft eine extrem hohe Fehlerquote verzeichneten, bewegte sich das Duell phasenweise im Gewürge-Bereich – was die Hausherren allerdings deutlich besser verkraften konnten. Beim 7:9 (23.) schien Gummersbach ein bisschen besser zurechtzukommen, ehe es das eben Aufgebaute selbst wieder zum Einsturz brachte und zur Pause mit dem 8:12 (30.) verdient vier Treffer zurücklag.

Bozovic (33.) und Styrmisson (33.) verkürzten schnell auf 10:12, doch Gummersbach blieb sich treu und kam erneut komplett vom Kurs ab – 11:16 (39.), 12:18 (44.). Die Zeitstrafe gegen Alexander Hermann (46.) sowie die Ballverluste (47./48.) beim Stande von 13:18 deuteten ebenfalls nichts Gutes an, das 15:19 (49.) gab ähnlich wenig Anlass zu Hoffnung. Dass rund fünf Minuten später praktisch alles auf Null stand, hatte der VfL dem eklatanten Nachlassen der Hausherren und unter anderem seiner eigenen Abteilung Routine zu verdanken – angeführt von Kapitän Timm Schneider. Nach dem 19:19 (53.) durch Lukas Blohme machten die Gäste aus dem 19:20 (54.), 20:21 (55.) und 21:22 (56.) jeweils den Ausgleich, ehe sich die Dinge für die letzten 240 Sekunden weiter zuspitzten. Und womöglich fiel die Entscheidung beim Siebenmeter für die Hausherren, als Emsdettens Anton Runarsson ausgerechnet in dieser Situation einen riskanten Heber probierte – und scheiterte. Die allgemeine Fassungslosigkeit in Emsdetten war komplett, als Bozovic neun Sekunden vor der Schluss-Sirene mit der ganzen Abgezocktheit seiner 36 Jahre die 23:22-Führung für den VfL erzielte. Kurz darauf war Feierabend. Und selbst die Gummersbacher konnten kaum glauben, dass sie den Kopf aus der Schlinge bekommen hatten.

VfL Gummersbach: Valerio, Ivanisevic – Vidarsson (1), Blohme (3), Schroven, Hermann (1), Schneider (1), Herzig, Pregler (4), Dzialakiewicz (1), Santos, Styrmisson (7), Kiesler, Stüber, Zeman, Bozovic (5/2).