2. Bundesliga
Gummersbach im Gipfeltreffen, Essen im Wolfsrevier
VfL erwartet den TV Hüttenberg. TuSEM ist in Rimpar gefordert und Dormagens Spiel in Dresden fällt aus.

Die „freie“ Auswahl: Gummersbachs Rechtsaußen Lukas Blohme (mit Ball) verfügt über eine derart große Sprungkraft, dass er durchaus im Rückraum aushelfen kann. Dort hat er dann aus entsprechender Höhe auch den Blick für die Kreisläufer-Kollegen Ellidi Vidarsson (Nummer 4) und Stepan Zeman (66). Beim VfL hätte keiner was dagegen, wenn die Achse gegen Hüttenberg wieder funktioniert. (Foto: Thomas Schmidt)

Natürlich ist das ein Spitzenspiel und natürlich ist der VfL Gummersbach der Favorit. Dafür sprechen alleine die bisherigen Ergebnisse aus der laufenden Saison in der Schwalbe-Arena – 31:22 gegen den VfL Lübeck-Schwartau, 35:27 gegen den Dessau-Roßlauer HV, 28:18 gegen den TSV Bayer Dormagen. Dafür sprechen auch die hohen Ansprüche der Hausherren, die zwar vor der Saison nicht wieder – wie vor einem Jahr – die Mission Aufstieg ausgerufen haben, aber am liebsten die Rückkehr in die Bundesliga so schnell wie möglich hinter sich bringen würden. Zu einer der vielen hohen Hürden auf dem Weg dorthin gehört am Freitagabend die Aufgabe gegen den TV Hüttenberg (10:2 Punkte), der als Dritter zum ungeschlagenen Tabellenführer (12:o) anreist. Verständlich: Die Gäste aus Mittelhessen halten den Ball flach. Für sie gilt immer noch das, was ihr Trainer Johannes Wohlrab vor dem Start in die Saison erklärt hatte: „Wir möchten 30 Punkte holen und so schnell wie möglich nichts mit dem Abstieg zu tun haben.“ Ob das als Ziel auf Dauer reicht? Auf jeden Fall ist den Gummersbachern bekannt, dass Hüttenberg von einer perfekten Mischung aus Teamgeist und Leidenschaft lebt.

Warn-Hinweise gab es außerdem im Laufe der zurückliegenden Wochen in reichlicher Zahl: Der TVH gewann auswärts unter anderem bei Bundesliga-Absteigern – 26:21 zum Auftakt bei den Eulen Ludwigshafen, 30:27 beim HSC Coburg. Eine Niederlage (30:34) passierte lediglich bei der ebenfalls abgestiegenen HSG Nordhorn-Lingen, deren Kader nicht wenige für den besten der Klasse halten. Wichtige Stützen im mit zahlreichen jungen Leuten bestückten Hüttenberger Aufgebot sind der aus Ludwigshafen gekommene Mittelmann Dominik Mappes (26), der aktuell beste Feldtorschütze der 2. Bundesliga (41 Tore plus zwei Siebenmeter), und der spielende Co-Trainer Stefan Kneer (35/Rückraum links), der die Abteilung Erfahrung in der Mannschaft anführt. Alle zusammen werden Gummersbach vermutlich eine über 60 Minuten überdurchschnittlich gute Leistung abverlangen.

Die konnte der VfL zuletzt zum ersten Mal in dieser Saison nicht abrufen und das 23:22 beim TV Emsdetten nach einem klaren Rückstand war mit dem Siegtreffer von Janko Bozovic kurz vor Schluss glücklich. Trainer Gudjon Valur Sigurdsson, der an der Seite wie immer einen ziemlich unaufgeregten Eindruck machte, brachte seine Einschätzung knackig auf den Punkt: „Wir haben in der ersten Halbzeit Katastrophen-Handball gespielt.“ Besonders wertvoll war allerdings aus seiner Sicht, dass der VfL selbst bei einem 12:18 (44.) in der zweiten Halbzeit nicht aufgab – und dafür am Ende belohnt wurde. Die zentrale Frage für den Tabellenführer: Wie lässt sich der Ausfall von Julian Köster kompensieren? Der 21-Jährige ist defensiv wie offensiv inzwischen eine kaum zu ersetzende feste Größe bei den Gummersbachern. Köster (Corona-Quarantäne), der bereits in Emsdetten nicht an Bord war, wird gegen Hüttenberg ebenfalls fehlen.

Den TSV Bayer Dormagen plagt ein ähnliches personelles Problem – mit noch größeren Auswirkungen, denn Trainer Dusko Bilanovic kann den unter einem Muskelfaserriss (Adduktoren-Bereich) leidenden Regisseur Ian Hüter nicht annähernd gleichwertig ersetzen. Der gerade noch 23-Jährige (wird am Freitag 24), der die Dinge vorne wie hinten antreibt, fehlte zuletzt schon beim 18:28 in Gummersbach und beim 25:30 gegen den VfL Eintracht Hagen. Dormagen hofft, die Ausfallzeit bald überstanden zu haben, doch fürs Spiel am Freitagabend beim Zwölften HC Elbflorenz Dresden wäre ein Einsatz Hüters noch kein Thema gewesen. Bilanovic hätten außerdem weiter Stammkräfte wie Alexander Senden (Rückraum/Schulter) oder Linksaußen Joshua Reuland (nach Kreuzbandriss im Aufbau-Training) gefehlt. Obwohl der TSV-Coach von Jammern oder Selbstmitleid trotz aller Schwierigkeiten wenig hält, dürfte ihm die jetzt eingetroffene Nachricht aus der Hauptstadt Sachsens nicht ganz ungelegen kommen: Wegen positiv ausgefallener Corona-Tests im Team des HC wurde die Partie gegen Dormagen verschoben und als Nachholtermin der 15. Dezember festgelegt. Seine nächste Aufgabe bestreitet der momentan auf Rang 14 (4:8 Punkte) angesiedelte TSV Bayer damit erst am 27. Oktober gegen den Neunten Dessau-Roßlauer HV.

Größere Ansprüche und kleinere Sorgen als sein alter Verein Bayer Dormagen hat zurzeit Trainer Jamal Naji mit dem Bundesliga-Absteiger TuSEM Essen, der als Vierter mit 9:3 Punkten noch alle Möglichkeiten für die kommenden Wochen und Monate besitzt. Deshalb findet Naji vor der Partie am Sonntag bei der DJK Rimpar Wölfe (Platz 17/4:8 Punkte) klare Worte: „Es ist unser Anspruch, dass wir dort gewinnen.“  Dabei vergisst er gleichzeitig keineswegs, dass die Essener in ihren Auftritten meist einige Luft nach oben hatten – vor allem rund ums 25:34 bei der SG BBM Bietigheim, aber auch jüngst trotz einer deutlich verbesserten Abwehrleistung beim 24:24 gegen die Eulen Ludwigshafen. „Wir sind selbstkritisch genug“, sagt Naji, „wir haben es bisher noch nicht geschafft, über 60 Minuten konstant zu spielen.“ Unter den bisherigen vier Siegen gab es keinen richtigen Ausreißer nach oben – 32:28 beim EHV Aue, 29:26 gegen ASV Hamm-Westfalen, 31:29 beim HC Elbflorenz Dresden, 26:23 gegen HSC Coburg. Im Torverhältnis (plus 3/167:164) liegt Essen deshalb relativ weit hinter Gummersbach (plus 38/178:140), dem VfL Eintracht Hagen (plus 29/189:160) und dem TV Hüttenberg (plus 27/177:150). 

Dass die Wölfe mit 4:8 Zählern und Rang 17 eher zu den bereits jetzt gefährdeten Klubs gehören, macht sie vermutlich eher gefährlicher. Und einen Anlass, die Aufgabe irgendwie auf die leichte Schulter zu nehmen, sieht Naji sowieso nicht – sondern eher durchaus einige Stärken beim kommenden Gegner: „Sie spielen mit relativ viel Tempo und verteidigen sehr offen. Torhüter Marino Mallwitz kann ein Spiel alleine entscheiden.“ Das belegt der Blick in die offzielle Statistik der HBL, denn dort ist Mallwitz bei den gehaltenen Bällen mit einer Quote von 35,59 Prozent aktuell die unangefochtene Nummer eins der 2. Bundesliga. Als Rimpar vor knapp zwei Wochen gegen den TV Emsdetten mit 24:20 gewann, lag der Wert sogar bei traumhaften 54,55 Prozent. Anders gerechnet: Emsdetten brauchte für jedes seiner Tore exakt 2,20 Würfe. Da dürften selbst die Essener Keeper Sebastian Bliß (30,00 Prozent) und Lukas Diedrich (27,00) beeindruckt sein.