27. Oktober 2021 | Zurück zur Artikelübersicht » |
HC Empor Rostock – VfL Gummersbach 34:33 (19:16). Sie schlichen geknickt vom Platz, zum ersten Mal in dieser Saison. Aber die Gummersbacher hatten nach der Niederlage keinen Grund, sich über irgendwas oder irgendjemanden zu beklagen – nicht über die Schiedsrichter, nicht über die kämpferisch starken Rostocker, die einfach hundert Prozent Willen einsetzten, nicht über das Fehlen wichtiger Stützen wie Alexander Hermann (Stirnhöhlen-Entzündung) oder Julian Köster (nach Corona-Quarantäne). Was dem VfL vor allem fehlte: Die Leidenschaft, die Emotionen und der Spielwitz, die das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson am vergangenen Wochenende beim phasensweise begeisternden 40:34 über den TV Hüttenberg gezeigt hatte. Unter dem Strich bewies der Auftritt beim Sechsten erneut, dass Gummersbach in der Schwalbe-Arena und Gummersbach auswärts zumindest derzeit zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Immerhin: Trotz der Premieren-Niederlage am achten Spieltag bleibt der VfL, der sicher nicht damit gerechnet hatten, die ganze Serie unbeschadet zu überstehen, mit jetzt 14:2 Punkten auf dem ersten Tabellenplatz – wo er nur noch einen Zähler vor dem neuen Zweiten TuSEM Essen liegt (13:3), der seine eigene Aufgabe gegen den TuS Ferndorf ungefährdet mit einem 30:23-Sieg löste. Und jetzt ist das Duell der beiden Traditionsklubs am nächsten Samstag nicht nur ein Spitzenspiel, sondern ein Gipfeltreffen zwischen Erstem und Zweitem. Es scheint schon jetzt zu knistern.
Gummersbachs Albtraum an diesem Mittwochabend hatte einen Namen: Jonas Thümmler, die Nummer 46. Den Kreisläufer der Hausherren bekam die Abwehr zu keinem Zeitpunkt in den Griff – weder vor der Pause noch in der zweiten Halbzeit. Sigurdsson konnte fast jede mögliche Deckungsvariante probieren: Es änderte sich nichts. Als nach der spannenden Schlussphase die Sirene zum Ende des Spiels ertönte, hatte Thümmler unglaubliche 15 Tore auf sein persönliches Konto überwiesen. Und natürlich ließ es sich der 28-Jährige nicht nehmen, auf der Zielgeraden für die Entscheidung zu sorgen: Janko Bozovic hatte kurz zuvor am Anfang der letzten Minute für den 33:33-Ausgleich der Gäste gesorgt und wenigstens ein Punkt schien im Bereich des Möglichen zu liegen – bis Thümmler zehn Sekunden vor dem Ende mit einer weiteren Energieleistung zum 34:33 traf. Gummersbachs letzte Auszeit brachte anschließend wenig und der finale Wurfversuch von Ole Pregler blieb in der Deckung der Rostocker hängen.
Gummersbach begann mit dem 3:1 (3.) schwungvoll und lag beim 11:10 (20.) oder 14:13 (25.) immer wieder vorne – trotz einiger unnötiger Würfe und trotz zahlreicher Fehlpässe. Nach drei Gegentoren vom 15:15 (27.) zum 15:18 (29.) deutete sich zum ersten Mal größeres Ungemach an, ehe Sigurdssons Team erneut einen ordentlichen Start erwischte – 22:21 (38.). Mit dem 26:24 (45.) schien sich die Partie sogar in die erhoffte Richtung zu entwickeln, doch der HC durchkreuzte alle Hoffnungen des Tabellenführers und legte eine eigene 5:0-Serie hin – 29:26 (50.) für Rostock. Obwohl entschlossene Abwehrarbeit auf beiden Seiten kaum stattfand, gaben die Gäste nach dem 29:32 (54.) oder 31:33 (58.) trotzdem nicht auf. Der reaktionsschnelle Lukas Blohme mit dem 32:33 (58.) und Bozovic mit jenem 33:33 schafften auch wieder den Ausgleich, der allerdings kurz darauf nicht mehr viel wert war.
VfL Gummersbach: Nagy, Ivanisevic (1) – Vidarsson (3), Blohme (7), Schroven, Schneider (2), Pregler (5), Dzialakiewicz, Santos (3), Styrmisson (1), Kiesler, Stüber (1), Zeman (1), Bozovic (9/4).
TuSEM Essen – TuS Ferndorf 30:23 (14:10). Die Dinge könnten gerade schlechter laufen für die Essener, die nach vier Auftaktsiegen zunächst mit dem 25:34 am 10. Oktober bei der SG BBM Bietigheim den Faden zu verlieren schienen. Das ist keine drei Wochen her. Und jetzt? Drei Partien später und 5:1 Punkte weiter ist das Team von Trainer Jamal Naji auf den zweiten Platz geklettert – und der erste Verfolger des Spitzenreiters VfL Gummersbach. Dass die Erfolge am vergangenen Wochenende bei der DJK Rimpar Wölfe (25:20) und nun über das Schlusslicht keinen besonderen Glanz ausstrahlen, sondern eher als normale Pflichtübung daherkommen, wird die Essener wohl nur am Rande berühren. Auf das Spitzenspiel in Gummersbach am nächsten Samstag freuen sich jetzt beim Bundesliga-Absteiger trotzdem alle.
Essen lief ab dem frühen 0:1 (1.) in den ersten 15 Minuten beständig hinterher – bis zum 6:7 (15.). Drei Tore von Felix Klingler (17./Siebenmeter), Lucas Firnhaber (19.) und erneut Klingler (19.) brachten beim 9:7 die erste für etwas mehr Ruhe sorgende Führung, doch geschlagen gab sich der Tabellenletzte nicht. Erst kurz vor der Pause sorgte TuSEM mit dem 12:10 (27.) von Justin Müller, dem 13:10 (28.) von Firnhaber und dem 14:10 (30.) von Lukas Becher für einen klareren Vorsprung. In der zweiten Hälfte reichten den Gastgebern dann konzentrierte zehn Minuten, um übers 18:13 (36.) mit dem 21:14 (41.) auf den Weg zu zwei Punkten abzubiegen. Ferndorf, das kämpferisch alles gab, konnte später noch auf 22:26 (52.) verkürzen, aber die Essener nicht mehr ernsthaft in Bedrängnis bringen.
„Wir starten relativ verhalten. Das war ein Abtasten, sowohl von Ferndorf als auch von uns. Dann haben wir das Heft in die Hand genommen und konnten uns sukzessive absetzen“, fand TuSEM-Trainer Naji, „wir haben zu dem Zeitpunkt schon wirklich gut gedeckt.“ Einzige Ausnahme: Gegen Ferndorfs Rückraumspieler Andreas Bornemann (vier Tore) sah die Abwehr nicht immer gut aus. Basis für den Erfolg waren für den Coach die gute 5:1-Deckung und der überzeugende Start in die zweite Halbzeit. Dass es später wieder ein bisschen enger wurde, hatte aus Najis Sicht vor allem mit den zahlreichen personellen Wechseln zu tun – die er vornahm, um die Belastung für einzelne Spieler zu verteilen: „Da entstand ein Bruch im Spiel und das geht definitiv auf meine Kappe. Ich würde es aber immer wieder so machen, weil wir einfach die Kräfte bei drei Spielen in einer Woche steuern müssen.“
TuSEM Essen: Bliß, Diedrich – Glatthard, Rozman (2), Dangers, Homscheid (2/1), Lewandowski (1), Becher (2), Ignatow (2), Szczesny (2), Bergner (2), Müller (3), Firnhaber (4), Seidel, Morante Maldonado (5), Klingler (5/2).
TSV Bayer Dormagen – Dessau-Roßlauer HV 23:27 (13:13). Es droht ein unruhiger Herbst für den TSV Bayer, der gegen die keineswegs übermächtigen Gäste aus Sachsen-Anhalt die dritte Niederlage in Folge kassierte und seit fast vier Wochen auf ein Erfolgserlebnis in der 2. Bundesliga wartet. Die Konsequenz: Mit nun 4:10 Punkten stehen die Dormagener auf Rang 18 für den Moment sogar auf einem Abstiegsplatz. Ante Grbavac, mit sieben Toren bester TSV-Werfer, sah einen Hauptgrund für die Pleite in der angespannten Personallage: „Wir haben viele Verletzte. Es ist eine schwierige Situation für uns. Wir müssen die letzten zwei Spiele vergessen und gegen Schwartau zwei Punkte holen.“ Die Hoffnung aller Dormagener: Der verletzte Regisseur Ian Hüter (Muskel) könnte in der Partie am Sonntag beim VfL Lübeck-Schwartau wieder mitmischen.
Ohne ihren Spielmacher boten die Gastgeber in der ersten Halbzeit eine ordentliche Vorstellung und in der ersten Viertelstunde blieb die Partie vollkommen offen – 7:7 (16.). Dessau-Roßlau legte mit dem 9:7 (18.) und 12:9 (24.) dann erst mal vor. Doch ausgerechnet in Unterzahl (25./Zeitstrafe gegen Patryk Biernacki) glichen Lucas Rehfus (26/11:12) und Grabavac (27./12:12) wieder aus. Und auch nach dem 13:13 zur Pause kamen die Hausherren zunächst besser aus der Kabine: Andre Meuser (33.) und Grbavac (34./Siebenmeter) besorgten das 15:13. Defensiv stand der TSV auch zumeist sicher, leistete sich in der Folge aber im Angriff zu viele einfache Fehler und Ballverluste.
Die Gäste hatten es in den nächsten Minuten oft zu einfach, zu ihren Treffern zu kommen. Vor allem Dessaus Linksaußen Jakub Hrstka (mit neun Toren am Ende bester Werfer des Abends) zog seinen Nutzen aus Dormagener Fehlern – wie beim Tempogegenstoß, den er zum 19:16 (41.) für den HV abschloss (41.). Bayer-Trainer Dusko Bilanovic reagierte mit einer Auszeit und im Anschluss kämpfte seine Mannschaft sich noch auf 20:21 (48.) heran. Zur Schlüsselszene wurde nun die Zeitstrafe gegen TSV-Kreisläufer Patrick Hüter (49.), denn die Gäste nutzten diese Überzahlsituation zum 22:20 (49.) und 23:20 (50./ins leere Dormagener Tor). Die Gastgeber fanden keine Antwort mehr – unter anderem deshalb, weil HV-Keeper Philip Ambrosius in den letzten Minuten ein paar wichtige Paraden zeigte. Mit dem 22:27 (58.) war die Pleite besiegelt.
TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Broy – Meuser (3), Leitz (2), Rehfus (3), Biernacki (1), Reimer (1), P. Hüter (2), Johannmeyer, Grbavac (7/4), Seesing (1), Mast (3), Steinhaus, Eugler.