28. Oktober 2021 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Es ist eine verrückte Situation. Dabei kommt der Leichlinger TV, in den vergangenen Wochen und Monaten schon heftig gebeutelt, aus dem, was ein Übergangs-Quartier hätte sein sollen, auf absehbare Zeit nicht heraus: Als Fremde in der „eigenen“ Halle müssen sich die Leichlinger am Samstag wieder fühlen, wenn sie zum nächsten „Heimspiel“ antreten. Gegner sind im Derby die Bergischen Panther, in Burscheid, wo der LTV nach der Flutkatastrophe im Juli und den starken Schäden in der eigenen Halle Am Hammer einen Unterschlupf gefunden hat – wofür sie den Verantwortlichen dort grundsätzlich sehr dankbar sind. Wieder werden die Leichlinger jetzt alles für die Spieltags-Abwicklung in ihre Autos packen, wieder werden sie sich so gut wie möglich vorbereiten und die nächste Partie im Kampf um den Klassenerhalt in Angriff nehmen. Dass sie in der sonst auch von den Panthern genutzten Halle Schulberg wohl eher ein Auswärtsspiel bestreiten, ist für die Leichlinger vielleicht das kleinste Problem. Nach drei Niederlagen hintereinander und Rang neun bei 6:10 Punkten wäre trotzdem ein Erfolg Gold wert. Die Favoritenrolle werden allerdings die mit 8:6 Zählern Punkten auf Platz fünf geführten Panther übernehmen (müssen).
Für Leichlingens Co-Trainer Achim Symmanek, der in diesen Wochen die Rolle des Teamsprechers ausübt, ist zunächst eins völlig klar: „Wir erwarten einen Gegner, der sicherlich am Ende der Saison unter den ersten sechs zu finden ist, und der sich – im Gegensatz zu uns – keine Sorgen um den Klassenerhalt zu machen braucht.“ Dass sich an der Lage der Leichlinger bald etwas ändern wird, gilt als sehr unwahrscheinlich: „Wir haben immer noch keine ausreichenden Trainingszeiten in Leichlingen, maximal zwei Mal die Woche. Eine dritte versuchen wir jeweils in irgendwelchen Halle drumherum zu ergattern. Wir fühlen uns gerade eher wie Handball-Nomaden, wir haben kein wirkliches Zuhause.“ Die Befürchtung bei allen im Umfeld: Es wird nicht besser. Im Gegenteil. Die Halle Am Hammer dürfte vielleicht mindestens für den Rest der gesamten Saison nicht mehr nutzbar sein – also selbst in der im Frühjahr 2022 beginnenden Abstiegsrunde nicht. Im schlimmsten Fall kehren die LTV-Handballer überhaupt nicht mehr in ihre einstige Heimspiel-Stätte zurück.
Größtes Problem für Trainer Lars Hepp: Angesichts der schwierigen Umstände ist es nahezu unmöglich, die Mannschaft spielerisch und taktisch weiterzuentwickeln – was dringend erforderlich wäre, um dem zurzeit herrschenden Abwärtstrend entgegenzuwirken. Zuletzt erlebte die zusätzlich unter personellen Baustellen leidende Mannschaft mit dem 20:40 beim Meisterschafts-Anwärter HSG Krefeld ein Debakel und den bisherigen Tiefpunkt. Klarer Fall: Die Leichlinger werden gegen die Panther dennoch alles geben. „Wir haben nichtsdestotrotz versucht, vernünftig zu arbeiten“, erklärt Symmanek, „leider gestört durch viele krankheitsbedingte Ausfälle und daher nicht mit der vollen Mannschaft. Wir sind der krasse Außenseiter. Nach der krachenden Niederlage in Krefeld erwarten wir ein klein bisschen ein Aufbäumen.“
Der TuS 82 Opladen ist in der Bielerthalle zu Hause, die ebenfalls durch die Hochwasser-Katastrophe beschädigt war, aber seit ein paar Wochen wieder zur Verfügung steht. Nur ein einziges Mal mussten die Opladener ausweichen: Am 4. September starteten sie mit einem 24:22 über die SG Menden Sauerland Wölfe in die Saison – ebenfalls in der Schulberghalle. Von Opladen bis nach Leichlingen sind es keine zehn Kilometer, von Opladen bis nach Burscheid keine 20. Und trotzdem liegen Welten zwischen den beiden Nachbarn, denn der TuS 82 schwebt bislang wie auf Wolke sieben durch die Serie und ist mit seinen 14:2 Punkten mindestens sehr überraschend Zweiter. Auf die Partie am Samstag gegen den Vierten VfL Gummersbach II blickt Voigt dennoch nur bedingt euphorisch: „Puh. Ich habe mir die Jungs angesehen. Die stehen vollkommen zu Recht da oben, die haben schon sehr gut ausgebildete Spieler. Man sieht, dass die Jungs auf einem hohen Niveau oft trainieren.“ Zudem sind regelmäßig Leihgaben aus dem Zweitliga-Kader möglich – wie zuletzt beim 37:28 in Gensungen/Felsberg. Dort standen unter anderem die Torhüter Martin Nagy und Diogo Valerio sowie der deckungsstarke Rückraumspieler Tom Kiesler im Aufgebot des VfL. Voigt bringt die Qualitäten der Torhüter knackig auf den Punkt: „Die halten dann einfach mal 20 Minuten jeden Ball.“ Wer diesmal konkret dabei ist, wird sich erst am Spieltag zeigen, weil Zweitliga-Spitzenreiter Gummersbach fast parallel zum Auftritt der Dritten in der Schwalbe-Arena den Tabellenzweiten TuSEM Essen erwartet. Es ist kaum zu erwarten, dass Chefcoach Gudjon Valur Sigurdsson auf alle drei verzichtet.
Dass auf den TuS 82 eine anspruchsvolle Aufgabe wartet, liegt an der Stärke des Gegners – und an eigenen personellen Schwierigkeiten, die Opladen so bisher nicht kannte. Voigts Liste: André Boelken (genäht/Cut am Auge beim 29:24 in Baunatal) muss aussetzen, Birger Dittmer ist weiter erkrankt, Torhüter Nils Thorben Schmidt und Philipp Kreftig können nicht trainieren. Maurice Meurer ist angeschlagen, Oliver Dasburg beruflich verhindert. „Zum ersten Mal gehen wir nicht so gut vorbereitet in ein Spiel. Bisher hatten wir viel Glück, dass wir immer durchtrainieren konnten. Jetzt haben wir mal den Fall, wo wir vieles in einer Einheit aufholen müssen. Aber wir spielen zu Hause und wir haben auch eine gute Truppe. Wir hoffen, dass der eine oder andere Kranke zurückkommt und dass wir wieder ein volles Haus haben, um dieses Spiel erfolgreich bestreiten zu können und die zwei Punkte zu behalten“, sagt Opladens Coach.
Für den Tabellenführer HSG Krefeld Niederrhein (14:2) sind zwei Punkte im Kampf um die beiden ersten Plätze sogar Pflicht, denn das Team von Trainer Maik Pallach tritt als haushoher Favorit beim Zehnten SG Menden Sauerland Wölfe an (4:12 Punkte). Gleichzeitig dürfte der Blick der Krefelder aufs Duell zwischen den Verfolgern Opladen und Gummersbach sowie aufs Spiel des Dritten SG Schalksmühle-Halver Dragons (12:2) beim zuletzt ins Straucheln geratenen Siebten GSV Eintracht Baunatal (8:8 Punkte nach 6:0 vom Saisonstart) gehen. Ein Stück zurück wollen zuletzt als Serientäter auffällig gewordene Teams unbedingt ihren positiven Lauf fortsetzen: Der schlecht gestartete Longericher SC etwa ist inzwischen bei einem ausgeglichenen Konto (8:8) angekommen, liegt aber als Sechster immer noch ein Stück hinter den Erwartungen. Mit dem Schwung aus drei Siegen hintereinander wollen die Kölner nun gegen den Tabellenletzten TuS Volmetal (2:14) ihren erkennbaren Aufwärtstrend bestätigen – was so ähnlich für den Klassen-Neuling TuSEM Essen II gilt. Die Mannschaft von Trainer Nelson Weisz, nach 0:10 Punkten ebenfalls dreimal in Folge siegreich und auf Rang acht geklettert (6:10), tritt beim Vorletzten ESG Gensungen/Felsberg an (2:14). Überspringt Essen die Hürde in Nordhessen, findet sie Anschluss an den rettenden Rang sechs.
Der LSC hat nach dem 31:26 gegen Menden aufgrund eines Heimrecht-Tauschs mit Volmetal (Schäden an der Halle nach Hochwasser-Katastrophe) schon wieder ein Heimspiel. Und Trainer Chris Stark, Trainer und Sportlicher Leiter der Longericher, zieht unabhängig vom Ausgang des Abends den Hut vor den Gästen: „Wir schauen mit sehr, sehr viel Bewunderung und Respekt auf das, was der TuS nach der Flut auf die Beine gestellt hat. Die haben fast 600 000 Euro gesammelt und unbürokratisch an Bedürftige weitergegeben“, sagt Stark, „diese wundervolle Leistung übersteigt alles, was einer normalen Vorstellungskraft entspricht.“ Aus seiner Sicht hat die aktuell schlechte Tabellenposition der Volmetaler auch mit den schwierigen Verhältnissen dort zu tun – und trotzdem gibt es für ihn keinen Grund, den TuS irgendwie zu unterschätzen: „Wir sind gewarnt. Das letzte Spiel haben wir dort 27:27 gespielt, das war im Dezember 2019. Das ist eine kampfstarke Truppe. Wir sind der Favorit und wollen dieser Rolle gerecht werden.“