08. November 2021 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Für ihn wird der dieser Sonntag im November immer was Besonderes bleiben. Und deshalb wirkte Julian Köster hinterher sehr aufgeräumt. Dass ihn Bundestrainer Alfred Gislason überhaupt ins Aufgebot der deutschen Nationalmannschaft für zwei Länderspiele gegen Portugal berufen hatte, war für sich genommen schon ziemlich großartig. Am Freitag trug der nun ehemalige Junioren-Nationalspieler dann nach einem intensiven Vorbereitungs-Lehrgang zum ersten Mal das Trikot der DHB-Auswahl Männer – und erlebte in Luxemburg einen 30:28-Sieg. Besser geht es nicht? Doch. Keine 40 Stunden später brachte Gislason den Rückraumspieler des Zweitliga-Tabellenführers in Düsseldorf als einen der Hauptdarsteller aufs Feld. In der 13. Minute. Wenig später ist genau 15.18 Uhr, als Köster zur 8:6-Führung für die Gastgeber trifft. Und es ist bis hoch auf die Tribünen zu spüren, dass sich jener Moment direkt ins Gedächtnis eingebrannt hat. „Echt? Hat man das gemerkt?“, fragt der 21-Jährige, der seinem ersten Länderspiel-Treffer vor der Pause den zweiten zur 17:13-Führung (25.) folgen lässt. Dass die deutsche Mannschaft nach 60 Minuten mit dem 30:32 als Verlierer vom Feld geht, tragen später die meisten mit ziemlich großer Fassung. Selbst der zwischendurch erkennbar unzufriedene Chefcoach Gislason gibt sich vor allem diplomatisch: „Das war eine extrem wichtige Woche, um mit den neuen Jungs zu arbeiten. Wir haben viele Erkenntnisse gewonnen. Die Neuen haben sich sehr gut präsentiert. Sie werden viel Druck machen.“
Julian Köster zieht für sich persönliche ebenfalls eine positive Bilanz: „Das war eine tolle Erfahrung.“ Und das hier meint er mit erkennbarer Leidenschaft während seiner Einsatzzeiten ebenfalls ernst: „Es ist für mich eine Ehre, für Deutschland zu spielen.“ In Gislasons Abwehr nimmt er in der 5:1-Variante oft den Part des vorgezogenen Deckungsspielers ein – der sich bei Bedarf zurückfallen lässt. Jene Vorzüge gepaart mit dem, was im Neudeutschen „schnelle Beine“ heißt, dürfte ihm alleine ganz gute Karten für weitere Nominierungen bringen. Julian Köster zeigt außerdem vorne, dass er über viel Spiel-Übersicht verfügt. Sein Anspiel an Kreisläufer Johannes Golla zum 11:9 (13.) und jener Querpass über das ganze Feld auf Rechtsaußen Lukas Zerbe zum 13:10 (20.) sind zwei Beweise dafür. Daraus, dass ihm auf der Zielgeraden der ersten Halbzeit zwei Fehler passieren, weil er jeweils den zu engen Weg zum Kreis sucht, wird er vor allem lernen. Unter dem Strich steht die klare Erkenntnis, dass Julian Köster in seiner Karriere einen weiteren wichtigen Schritt geschafft hat. Das nächste Ziel ist fast logisch die 1. Bundesliga – was sich in diesem Fall natürlich mit den Plänen des VfL deckt: „Wir wollen aufsteigen.“
Vor dem Auftritt des neuen Gislason-Kaders, der beim Tag des Handballs in Düsseldorf im Mittelpunkt stand, hatte bereits die U 20 des DHB beim 26:26 gegen Ungarn ihr Können gezeigt. Und einer aus der Talente-Fabrik des Zweitligisten TSV Bayer Dormagen stand im Team von Bundestrainer Martin Heuberger in der Start-Formation: Lennart Leitz trug sich auch mit dem 4:3 (9.) in die Torschützenliste ein, ehe sein Dreher nur 30 Sekunden später das Ziel knapp verfehlte. Während Leitz‘ „Arbeitstag“ nach rund 18 Minuten beendet war, kam Sören Steinhaus in der Rückraum-Mitte erst jetzt zum Zug – und traf zur 13:12 (27.)-Führung für Deutschland – keine schlechte Empfehlung für einen, der noch 17 Jahre jung ist und erst im Dezember 18 wird. Auch Dormagens Chefcoach Dusko Bilanovic wird das alle sehr gerne registriert haben, weil beide Spieler in seinen Planungen für den weiteren Saisonverlauf längst eine Rolle spielen.
Die letzte Aufmerksamkeit beim Tag des Handballs gehörte den DHB-Frauen, die im 28:27-Krimi gegen den Olympia-Zweiten Russland mit dem Happy End den einzigen deutschen Tagessieg erreichten und damit für eine ausgeglichene Bilanz von einem Unentschieden, einer Niederlage und einem Erfolg sorgten. Wie das mit der Stimmung im PSD Bank Dome war? Durchwachsen. „Rappelvoll“, wie der Hallensprecher in einer seiner Anmerkungen erkannt zu haben glaubte, trifft es sicher nicht. Die Besucherzahl wurde mit 5478 angegeben – für eine Spielstätte, die dem Handball präzise 11164 Plätze bieten soll. Wie Top-Atmosphäre aussieht, könnte unter anderem Julian Köster erzählen: Er gewann kürzlich mit den Gummersbacher das Spitzenspiel der 2. Bundesliga gegen TuSEM Essen mit 29:23 – vor „amtlich“ notierten 3911 Fans in der Schwalbe-Arena, deren Fassungsvermögen in den offiziellen HBL-Angaben mit 4132 Zuschauern steht. Das war eine Auslastung von 94,65 Prozent, das war wirklich knisternde Atmosphäre.