Regionalliga Nordrhein/Oberliga Niederrhein
Freitag, 20 Uhr: Mönchengladbach oder Korschenbroich?
Borussia erwartet den BHC II zum Topspiel der beiden einzigen Titelkandidaten in der Oberliga. TVK trifft im Regionalliga-Kracher auf Interaktiv.

Konzentriert: Trainer Ronny Rogawska weiß sehr genau, dass die Mönchengladbacher fürs Spitzenspiel vielleicht kleine Vorteile haben – aber gleichzeitig große Leidenschaft und hohen Einsatz brauchen. (Foto: Herbert Mölleken).

Darauf kann eigentlich keiner bei der Terminplanung kommen. Die Routenplaner bieten drei Strecken an, um von der Halle an der Volksgartenstraße 165 in Mönchengladbach zur Waldsporthalle „Am Sportplatz 11 a“ in Korschenbroich zu gelangen. Je nach Straßenauswahl ist der Weg dann 5,6 oder 5,9 oder 6,7 Kilometer weit, mehr auf keinen Fall. Und das könnte in der kommenden Saison je nach Verlauf der aktuellen Serie zu einem echt heißen Derby führen. Zwei Voraussetzungen: Die Borussia Mönchengladbach steigt aus der Oberliga Niederrhein in die Regionalliga auf – und gleichzeitig bleibt der TV Korschenbroich dort und verfehlt damit den Sprung in die 3. Liga. Eine weitere theoretische Möglichkeit, die allerdings in den Bereich des Absurden gehört: Mönchengladbach bleibt in der Oberliga und der TVK steigt dorthin ab. Welche der Varianten wirklich zum Tragen kommt, wird sich erst über die kommenden Monate zeigen. Ins direkte Duell miteinander treten die beiden Nachbarn allerdings jetzt schon. Der Zweite Borussia Mönchengladbach erwartet den Tabellenführer Bergischer HC II zum Spitzenspiel. Am Freitagabend um 20 Uhr. Der Vierte TV Korschenbroich, der einen der Spitzenplätze anpeilt, erwartet den bisher nur auf Rang fünf liegenden Titelfavoriten Interaktiv.Handball – früher unterwegs und besser bekannt als SG Ratingen. Übrigens am Freitagabend um 20 Uhr. Mehr Terminkollision geht nicht. Und schöner kann keiner den Handball-Fan um die Chance bringen, die besten Teams der Region tatsächlich mal im Doppelpack an einem Wochenende unter die Lupe zu nehmen. Brisant sind beide Duelle. Trotzdem hat das Oberligaspiel noch mehr Bedeutung – weil praktisch kein Konkurrent in der Klasse da ist, der einem der beiden Top-Klubs den Titel streitig machen könnte. Eine Etage höher dürfen weder die Korschenbroicher noch die Ratinger fest davon ausgehen, dass sie die Punkte immer aufs eigene Konto überweisen.

Der BHC hat bisher sechs Siege mit 12:o Punkten und 195:127 Toren eingefahren, Mönchengladbach fünf Erfolge mit 10:0 Zählern und 156:102 Toren. Beide waren zudem schon beim mit 8:4 Punkten auf Rang drei folgenden Dritten Unitas Haan erfolgreich – Borussia 31:23, BHC 23:22. Die klare Botschaft: Der Kampf um die Meisterschaft beschränkt sich auf genau zwei Mannschaften, die sich trotz gegenseitiger Interessen gemeinsam auf einen tollen Handball-Abend freuen und sowieso hohen Respekt voreinander/füreinander haben. „Das ist eine gute Mannschaft, die schon gute Ergebnisse erzielt hat, Die bringen eine gewissen Qualität mit“, sagt Borussia-Trainer Ronny Rogawska, der damit unter anderem, aber nicht nur die routinierten Kristian Nippes (33) und Nils Artmann (30) meint. Eine präzise Prognose hält Rogwaska einerseits für schwierig und andererseits wünscht er sich natürlich sehr einen Sieg der Borussia: „Es geht darum, den Heimvorteil mitzunehmen, den wir haben. Außerdem hoffe ich, dass uns unsere Erfahrung zugutekommt.“ Ehemalige Profis wie Dennis Aust (37), Heider Thomas (32) oder Niklas Weis (30) spielen tatsächlich auch nicht erst seit gestern. Ganz nebenbei haben sie offensichtlich bis jetzt nichts von ihrer Leidenschaft zum Handball verloren.

Fingerzeig: BHC-Trainer Mirko Bernau bringt – wie Kollege Rogawska – eine Menge Erfahrung als früherer Spieler in höheren Klassen mit. Obwohl sich die Herren durchaus schätzen, peilt natürlich auch Bernau einen Sieg an. (Foto: Thomas Ellmann)

BHC-Coach Mirko Bernau weiß genau, dass sich der von ihm sehr geschätzte Trainerkollege Rogawska nicht noch einmal so entgegenkommend zeigen wird wie im vergangenen Sommer. Da kam nämlich der erste Terminplan heraus – und die Partie zwischen Mönchengladbach und Solingen war aufs erste November-Wochenende gelegt. Das kollidierte voll mit einer Trainer-Fortbildung für Bernau im weit über 200 Kilometer entfernten Großwallstadt. Also telefonierten die Herren miteinander. Fast logisch: Die Borussia stimmte der Verlegung zu und beide Seiten einigten sich auf den 19. November an einem sonst in der Oberliga freien Wochenende. Bernau sieht die ganze Sache so: „Es treffen die beiden besten Mannschaften aufeinander. Vorteile sehe ich bei Gladbach, was die Erfahrung angeht – mit vielen Spielern im besten Handballer-Alter. Was die machen, hat Hand und Fuß. Und sie haben in Ronny einen guten Trainer. Wir haben neben Nils Artmann und Kristian Nippes auch viele junge Leute, die jetzt eigentlich ihre erste Senioren-Saison spielen. Wir setzen also jugendlichen Elan und eine gute Physis entgegen. Ich hoffe einfach auf ein geiles Top-Handballspiel.“ Heißt unter den Strich: Es könnte ein packender Abend werden – ein Duell zwischen Kontrahenten, die wohl bereits jetzt eine gute Rolle selbst in der Regionalliga spielen würden.

Dort gehören nun bereits seit ein paar Jahren die Korschenbroicher und die Ratinger zu den Top-Teams – was durchaus dem Selbstverständnis der beiden Meisterschafts-Aspiranten entspricht. Der gravierende Unterschied: Der TVK würde unter der Regie von Noch-Trainer Dirk Wolf, der am Ende der Saison aufhört, sehr gerne den Sprung in die 3. Liga schaffen, der er bereits früher mal angehörte. Dass es bislang nicht geklappt hat, können sie rund um die Waldsporthalle allerdings verkraften – weil der (Wieder-) Aufstieg ein eher mittelfristig ausgelegtes Ziel ist. Interaktiv, unter dem alten Firmennamen SG Ratingen drei Jahre lang in der 3. Bundesliga unterwegs, musste diese Klasse nach der Serie 2016/2017 mit der kläglichen Bilanz von 5:55 Punkten wieder verlassen – und bemüht sich seitdem trotz eines immens hohen personellen Aufwands bislang vergeblich darum, an die alten Zeiten anzuknüpfen. Zweimal reichte es zu Rang zwei – erst 2017/2018 klar hinter der SG Langenfeld, dann 2018/2019 in einem dramatischen Saisonfinale hinter dem MTV Rheinwacht Dinslaken (beide 38:14). In der abgebrochenen Corona-Saison 3019/2020 gab es Rang acht (19:19 Punkte) und einen großen Rückstand zum als Meister festgelegten TuS 82 Opladen (30:8). Die Mini-Serie von 2020/2021 mit Platz sieben und 4:2 Zählern war dann weniger aufschlussreich als später im vergangenen Sommer die Aufstiegsrunde zur 3. Liga: Hier scheiterte das Team von Trainer Ace Jonovski erstaunlich klar mit einem 19:27 an TuSEM Essen II. Nun läuft also gerade der fünfte Comeback-Versuch.

Geht es allein nach dem bisher letzten Aufeinandertreffen der Kontrahenten, liegen die Vorteile beim TV Korschenbroich – der sein Heimspiel am 11. Januar 2020 mit 34:26 zu seinen Gunsten entschied. Der Erfolg drückte ziemlich gut den damaligen (Klassen-) Unterschied aus, wie er später in der Tabelle auf ähnliche Art zu erkennen war. Der TVK hatte hier allerdings als Dritter (23:13 Punkte) hinter Opladen (30:8) und Langenfeld (23:13) ebenfalls nichts mit der Vergabe des Titels zu tun. In der laufenden Saison mussten beide bisher eine Niederlage hinnehmen – Korschenbroich mit dem damals überraschenden 19:24 beim Zweiten BTB Aachen, Ratingen mit dem 30:31 trotz zwischendurch hoher Führung beim Ersten Gelpe/Strombach. Den dritten Punkt gab Interaktiv beim 33:33 gegen den TSV Bonn rrh. ab, bei dem die Korschenbroicher wiederum erst vor Kurzem mit 32:26 gewannen. Einiges deutet darauf hin, dass es am Freitagabend ein Duell auf Augenhöhe gibt, in dem jedes Ergebnis denkbar zu sein scheint. Dass anschließend beide Seite an Seite durch die Klasse marschieren? Darauf kann eigentlich keiner kommen. Wie bei der Terminplanung.