2. Bundesliga
Dormagen kämpft – und bringt Essen echt in Gefahr
Das 25:25 im Montagskrimi zwischen dem TSV Bayer und TuSEM war insgesamt das korrekte Ergebnis.

Das Comeback: Benjamin Richter (vorne), als Kurzzeit-Leihgabe aus Longerich nach Dormagen zurückgeholt, hatte mit drei Toren keinen kleinen Anteil am Unentschieden gegen TuSEM. Auch Essens Rückraumspieler Lucas Firnhaber (Nummer 26) war angemessen erstaunt. (Foto: Michael Jäger)

TSV Bayer Dormagen – TuSEM Essen 25:25 (14:15). Sie feierten und tanzten, als hätten sie eben eine Meisterschaft gewonnen. Dabei war es doch „nur“ ein Unentschieden, das die Dormagener in der Tabelle zunächst nicht mal besonders nach vorne bringt. Die Gastgeber, in den vergangenen Wochen durchgängig von großen personellen Problemen geplagt, durften das Unentschieden vor allen Dingen als extrem wertvoll für die Moral ansehen – die in weiteren fünf Partien bis zum 26. Dezember die vielleicht wichtigste Rolle im Kampf um den Klassenerhalt einnehmen dürfte. Mit 6:20 Punkten ist die Mannschaft von Trainer Dusko Bilanovic weiter Vorletzter – und der Versuch, sich aus dem Tabellenkeller nach oben zu arbeiten, geht bereits am Donnerstagabend mit dem Nachholspiel beim HC Elbflorenz Dresden weiter (Rang 13/13:15 Punkte). Die Essener konnten am Ende vermutlich weniger mit dem einen Zähler anfangen, weil er weder als Mutmacher für die nächsten Partien noch als Ansage an die Konkurrenz vorne dienen durfte. Bei 18:12 Punkten und Rang sechs hat die Mannschaft von Trainer Jamal Naji immerhin noch losen Kontakt – nicht zum Spitzenreiter VfL Gummersbach (26:6), aber zum VfL Eintracht Hagen (23:9), der HSG Nordhorn-Lingen (22:10), dem TV Hüttenberg (21:9) und dem ASV Hamm-Westfalen (20:10). Der TSV Bayer liegt bei drei Spielen weniger sechs Zähler hinter der DJK Rimpar Wölfe (12:20) und dem rettenden Platz 17.

Naji hatte die Essener eindringlich vor der Mentalität der Dormagener, nie aufzugeben, gewarnt – aber die Hinweise schienen zuerst gar nicht angekommen zu sein. Weil Dormagen keineswegs wie ein seit Wochen auf den dritten Saisonsieg wartender Zweitligist aus dem Keller der Tabelle auftrat und immer wieder mit viel Mut und Druck in der Angriffen Lücken in der Abwehr der Gäste fand, gab es beim Stande von 5:1 (9.) bereits die erste Essener Auszeit – die sich bald auswirkte. Die offensive 5:1-Deckung störte den Fluss der Hausherren erheblich und gleichzeitig begann Justin Müller zu wirbeln. Der in der ersten Halbzeit nie zu kontrollierende Regisseur zog praktisch pausenlos im höchsten Tempo in die Defensive des TSV-Bayer und holte so einige Siebenmeter heraus – die Noah Beyer in der Regel sicher verwandelte (sechs von sieben). Weil der TSV mit dem überragenden Martin Juzbasic im Tor gleichzeitig mehr Fehler machte, entwickelte sich spätestens mit dem 10:10 (20.) eine Partie auf Augenhöhe – 12:12, (24.), 13:13 (25.), 14:14 (28.). Dass Essen zur Pause nur mit einem Treffer vorne lag, war dann wieder Juzbasic zu verdanken, der gegen den frei vor ihm auftauchenden Dimitri Ignatow kurz vor der Pause das 14:16 verhinderte.

Den deutlich besseren Start in die zweite Halbzeit erwischte TuSEM, das mit dem 18:14 (33.) nach dem Tempogegenstoß von Lukas Becher die Tür zu einem Sieg weit öffnete – und sich plötzlich erneut heftigster Gegenwehr der Hausherren ausgesetzt sah. Ein Grund: Bilanovic führte sein Team in einer eilig einberufenen Auszeit keine drei Minuten nach dem Wiederbeginn zurück in die Spur. Außerdem konnte der Dormagener Coach einen Joker aus dem Hut ziehen: Benjamin Richter, der erst vor einem halben Jahr zu seinem alten Verein Longericher SC in die 3. Liga zurückgekehrt war, kam aufs Feld – als für gut zwei Wochen bis zum Ende des Jahres ausgeliehene zusätzliche Kraft im Kader. Richter war schließlich sogar daran beteiligt, dass die Gastgeber in einer manchmal von irrwitzig vielen Fehlern und Ballverlusten geprägten Auseinandersetzung einen Zähler retteten: Erst traf er zum 17:19 (48.) und kurz darauf mit etwas Glück zum 18:20 (39.), s0dass Dormagen dranblieb. Und in der immer hektischer und zerfahrener werdenden Schlussphase mit einigen Zeitstrafen lag der TSV Bayer in der letzten Minute mit 24:25 hinten. Bis elf Sekunden vor dem Ende. Dann nahm Richter noch einmal Maß – und traf zum 25:25-Endstand, den er wenig später angenehm unaufgeregt kommentierte: „Das war ein sehr intensives Spiel und ein gerechtes Unentschieden.“ Kein Widerspruch.

TuSEM-Coach Naji ordnete das Geschehen gewohnt sachlich ein. „Das war ein sehr abwehrdominantes Spiel und in der zweiten Halbzeit auch sehr torwartlastig. Wir gehen relativ schnell mit vier Toren vor und müssen daraus einfach mehr Kapital schlagen. Der Vorsprung schmilzt mir zu schnell. Wenn wir die Chancen haben, scheitern wir zu oft an Juzbasic. Dann waren wir nicht abgezockt genug, wir haben den Deckel nicht draufgemacht“, stellte Essens Trainer fest. Und er schob für seinen früheren Arbeitgeber TSV Bayer, bei dem er bis zum Sommer 2020 als Jugend-Koordinator und Jugendtrainer tätig war, noch ein dickes Lob hinterher: „Dormagen hat aufopferungsvoll gekämpft. Die Punkteteilung ist am Ende des Tages gerecht.“ Wieder kein Widerspruch.

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Klama, Simonsen – Köster, Dasburg, Meuser (6), Eugler, Biernacki, Reimer (2/2), Richter (3), Zurga (2), P. Hüter (5), Sterba (1), Grbavac (5), Seesing (1), Steinhaus. 

TuSEM Essen: Bliß, Diedrich – Beyer (8/7), J. Ellwanger, Glatthard, Rozman (2), Dangers, Becher (6), Ignatow (2), Szczesny, Müller (2), Firnhaber (1), Seidel, Morante Maldonado (1), Klingler (3).