DHB-Pokal
Gummersbach im Viertelfinale: Kommt jetzt Kiel?
VfL beherrscht Achtelfinale beim 38:26 gegen den Zweitliga-Konkurrenten Nordhorn-Lingen. Neuzugang Odinn Thor Rikhardsson gibt gelungenen Einstand.

Ein „Isi“ im Anflug: Gummersbachs neuer Rechtsaußen Odinn Thor Rikhardsson (mit Ball) fand sich auf Anhieb gut zurecht in der Schwalbe-Arena – und HSG-Keeper Bart Ravensbergen auf der anderen Seite kein Mittel, um die Gummersbacher zu bremsen. (Foto: Thomas Wirczikowski)

VfL Gummersbach – HSG Nordhorn-Lingen 38:26 (19:11). Zu einem Kracher im Pokal oder wenigstens einem ernsthaften Kampf gehören immer zwei. Wenn sich nur einer auf der Höhe seines Schaffens beteiligt und mit Leidenschaft ums Weiterkommen kämpft, verläuft der Abend eben so einseitig wie dieser im Achtelfinale des DHB-Pokals. Gummersbach, der Tabellenführer der 2. Bundesliga (26:6 Punkte),  machte mit dem Bundesliga-Absteiger HSG Nordhorn-Lingen, der als Dritter (20:10) und Konkurrent im Kampf um den Aufstieg immerhin so etwas wie ein Kontrahent auf Augenhöhe hätte sein sollen, kurzen Prozess und zog durch den klaren Sieg verdient in die Runde der letzten Acht ein – für die der VfL nun auf eins der ganz großen Lose hoffen darf. Da kommen als Gegner zum Beispiel der THW Kiel, die Rhein Neckar Löwen, der Bergische HC (alle am Mittwoch im Einsatz) und der SC Magdeburg in Frage (tritt erst am 21. Dezember beim ASV Hamm-Westfalen an). Oder darf es vielleicht der Titelverteidiger TBV Lemgo sein? Die Mannschaft von Trainer Florian Kehrmann lieferte fast parallel zur einseitigen Partie in der Schwalbe-Arena eins jener für den Pokal typischen Dramen ab und gewann das aufregende Duell zweier Bundesligisten gegen die Füchse Berlin nach Verlängerung mit 32:29. Den Gummersbachern dürfte fast jeder Gegner aus dieser Preisklasse recht sein.

In welches Regal der Griff bei der Auslosung geht, hat der VfL nicht in der Hand – was bei seinen personellen Entscheidungen ganz anders ist. Nach der Verletzung von Rechtsaußen Lukas Blohme (Knie), der gegen Nordhorn ebenfalls zusehen musste, sahen die Verantwortlichen kurz vor Weihnachten noch einmal die Zeit des Handelns gekommen. Und sie schauten sich, keine ganz große Überraschung, in der Heimat ihres isländischen Trainers Gudon Valur Sigurdsson um, der dort vermutlich jeden einzelnen Kandidaten mindestens gut kennt. Deshalb ging am Ende die Verpflichtung (zunächst bis zum Jahresende) von Odinn Thor Rikhardsson sehr zügig über die Bühne und der 24-Jährige stand im Pokalspiel direkt von Anfang an auf den Platz. Sein Name deutete ohnehin an, womit die HSG zu rechnen hatte: Odin ist in der nordischen Mythologie der höchste Gott und Thor sein nicht weniger Furcht verbreitender Sohn. Größere Eingewöhnungs-Schwierigkeiten waren dann jedenfalls nicht zu erkennen – und der Rechtsaußen deutete in vielen Szenen an, dass er den Gummersbachern tatsächlich helfen wird. Bemerkenswert war unter anderem sein Tor zum 17:9 (26.), das er in einer isländischen Ko-Produktion nach einem weiten Pass von Hakon Styrmisson per Tempo-Gegenstoß erzielte. Dem ehemaligen Weltklasse-Linksaußen Sigurdsson gefällt diese Art der Tore sowieso besonders gut.

Gummersbach wirkte von der ersten Sekunde an sehr wach, griff hinten energisch zu und ließ die Gäste so nie zur Entfaltung kommen. Lediglich bis zum 5:5 (9.) blieb das Duell offen, ehe die Gastgeber auf 8:5 (12.) erhöhten und Gäste-Coach Daniel Kubes seine erste Auszeit beantragte. Das Ergebnis: Bescheiden. Dass die Hausherren „nur“ auf 19:10 (28.) davonzogen, ging vor allem auf das Konto des VfL selbst, der sich unter anderem den Luxus erlaubte, drei Siebenmeter auszulassen – und trotzdem nicht ansatzweise unter Druck geriet. Das Ergebnis für Kubes‘ nächste Auszeit direkt nach dem Tor von Jonas Stüber: Wieder bescheiden. Aus dem 19:11 (30.) machte Sigurdssons Team, das sich zunehmend am eigenen Schwung berauschte, das 25:14 (39.) und 29:15 (44.), ehe allmählich die große Zeit des Rotierens begann: So stand etwa in der 48. Minute beim Stande von 31:19 eine Mannschaft mit einem Durchschnittsalter von unter 21 Jahren auf dem Feld. Hakon Styrmisson (24) war in diesem Moment so etwas wie der Alterspräsident des VfL, der selbst mit der Variante Jugend forscht alles im Griff hatte und die Kräfte für die weiteren Aufgaben in diesem Kalenderjahr nach Wunsch verteilen konnte. Dass ganz am Ende die über weite Strecken starke Abwehrarbeit etwas weniger intensiv stattfand, störte fast niemanden mehr. Viele Gedanken dürfte bereits beim Freitag gewesen sein.

Klar: Die Gefühlslagen der beiden Cheftrainer lagen hinterher um Lichtjahre auseinander. „Wir freuen uns riesig, dass wir eine Runde weiter sind. Ich bin überglücklich, wie meine Mannschaft gespielt hat. Es war egal, wer angefangen hat oder wer reingekommen ist, alle haben ihren Teil beigetragen. Dass alle Spielanteile bekommen haben, finde ich positiv.“ HSG-Kollege Daniel Kubes wirkte frustriert: „Glückwunsch an Goggi und den VfL Gummersbach zu diesem absolut verdienten Sieg und dem Einzug in die nächste Runde. Wir waren heute Abend nicht ansatzweise konkurrenzfähig. Deshalb haben wir deutlich verloren, was natürlich sehr bitter ist.“

VfL Gummersbach: Nagy, Ivanisevic (1) – Rikhardsson (3), Fanger (1), Vidarsson (3), Köster (4), Schroven (2/2), Schneider (1), Herzig (3), Pregler, Dzialakiewicz, Styrmisson (7), Kiesler (1), Stüber (5), Zeman (2), Bozovic (5/1).