2. Bundesliga
Dienstreise nach Sachsen: Dormagen unter Druck
TSV Bayer muss in Dresden und Aue sein Konto für den Klassenerhalt aufstocken. Essen ist gegen Großwallstadt gefordert, Gummersbach in Rimpar.

Wir geben niemals auf: Patrick Hüter (mit Ball, dahinter Essens Tim Rozman) verkörpert als Kapitän perfekt die Dormagener Leidenschaft und den Willen, alles zu geben. (Foto: Michael Jäger)

Es war wieder einer dieser Abende, an denen der TSV Bayer Dormagen viel Lob von allen Seiten bekam – für eine Leistung voller Leidenschaft, für den unermüdlichen Kampf bis zur beinahe letzten Sekunde. Der Lohn dafür war dann ja auch der späte Treffer durch Benjamin Richter, der das insgesamt gerechte 25:25 gegen TuSEM Essen brachte. Wenigsten das – denn eine weitere Niederlage wäre vor den restlichen Aufgaben in diesem Jahr ein herber Rückschlag gewesen für die Dormagener, die zuletzt am 1. Oktober beim 27:24 über die DJK Rimpar Wölfe zwei Punkte holten. Anschließend gab es aus neun weiteren Partien sieben Mal gar nichts Zählbares und nur zwei Mal ein Unentschieden (Essen und vorher 18:18 gegen den TV Emsdetten). Die lange Durststrecke, in erster Linie die Folge anhaltenden Verletzungspechs und daraus resultierender personeller Schwierigkeiten, hat den TSV Bayer in den Keller der Tabelle geführt: Die Mannschaft von Trainer Dusko Bilanovic liegt mit 6:20 Zählern aktuell unter dem Strich und sechs Punkte hinter Rimpar (12:20), das bei drei mehr ausgetragenen Spielen den rettenden Rang 17 einnimmt. Es ergibt sich daraus die für Dormagen nicht besonders angenehme Vorstellung, dass sie auf ihrer herausfordernden Dienstreise nach Sachsen dringend etwas fürs mager aussehende Konto tun muss. Am Donnerstag folgt zunächst das Nachholspiel beim HC Elbflorenz Dresden (Rang 13/13:15 Punkte), ehe bereits am Samstag die Aufgabe beim EHV Aue folgt – was nach Lage der Dinge ein Schlüsselspiel wird, weil Aue im Keller ein direkter Tabellen-Nachbar ist (Platz 18/8:24). Bilanovic redet nicht drumherum: „Das wird richtiger Abstiegskampf.“

Für den Donnerstag sieht der Bayer-Coach die Rollen klar verteilt. „Dresden ist klarer Favorit“, sagt Bilanovic, „sie haben einen breiten Kader und können ohne Qualitätsverlust wechseln.“ Drama können sie beim HC Elbflorenz im Übrigen auch noch, weil neun der vergangenen zehn Partien mit einer Differenz von maximal zwei Treffern endeten – vier Siege, drei Unentschieden, drei Niederlagen, 11:9 Punkte. Ausreißer nach oben war vor Kurzem der 29:24-Erfolg über den Letzten TuS Ferndorf und beim folgenden 29:30 als Gast des Tabellenführers VfL Gummersbach sah Dresden ebenfalls nicht schlecht aus. Klar ist, dass die Dormagener erneut alles in die Waagschale werfen werden – und Essens Trainer Jamal Naji stärkt ihnen erst recht nach den frischen Eindrücken vom Montag den Rücken, dass es demnächst aufwärts geht: „Die Qualität dieser Mannschaft ist zu hoch.“

Die Essener stehen ihrerseits ebenfalls vor einem anspruchsvollen Jahres-Endspurt, der am Freitagabend gegen den TV Großwallstadt beginnt (Platz 14/13:17 Punkte) und anschließend über den Auftritt am 22. Dezember beim TV Hüttenberg (Vierter/21:9) zum Heimspiel am 26. Dezember gegen den HC Empor Rostock führt (Sechster/19:13). „Es gibt Einfacheres“, meint Naji, der zunächst den Fokus ganz auf Großwallstadt legt – und nicht durchrechnen mag, welches Ergebnis was bedeutet. „Die Tabelle ist für mich im Moment maximal uninteressant“, versichert er glaubhaft, „ich weiß nicht mal, was wird sind. Sechster? Siebter?“ Tatsächlich ist es Rang sieben, auf dem mit 18:12 Punkten immerhin Sichtkontakt zum VfL Eintracht Hagen (23:9) Rang zwei besteht – der ja am Ende ebenfalls den Aufstieg bringt.

Die Aufgabe Großwallstadt wird in der nicht nur aus Najis Sicht sehr ausgeglichenen Klasse auf jeden Fall schwierig. Das hat nicht nur, aber doch viel mit Savvass Savvass zu tun, dem Rückraumspieler des TVG, der zurzeit die Torschützenliste anführt. Der 24 Jahre alte Grieche steht bei 112 Toren aus 15 Partien und „netto“ (ohne seine 14 Siebenmeter) bei 98 Treffern, erzielt also auf der linken Seite durchschnittlich etwa sechseinhalb Feld-Tore pro Auftritt. Jamal Naji zeigt sich beeindruckt: „Seine Fernwurf-Qualität ist einmalig in der 2. Liga.“ Selbstredend wollen die Essener versuchen, Savvass durch allgemein starke Abwehrarbeit so gut wie möglich im Wirken einzuschränken. Großwallstadts nächstes dickes Plus: Auf der rechten Seite ist in Tom Jansen (14 Spiele/87 Treffer, davon zehn per Siebenmeter) ein ähnlich wurfgewaltiger Rückraumspieler wie Savvass Savvass unterwegs. Die beiden TuSEM-Torhüter Sebastian Bliß und Lukas Diedrich werden zusammen ihrer Deckung wohl eine Menge zu tun bekommen.

Den entspanntesten Eindruck können sie in diesen Tagen im Oberbergischen beim VfL Gummersbach machen. Das hat zuerst damit zu tun, dass die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson mit 26:6 Punkten an der Tabellenspitze liegt und die Mitbewerber im Kampf um die beiden Aufstiegsplätze ganz gut im Griff hat. Hagen (23:9) als derzeit erster Verfolger liegt drei Zähler zurück, der Bundesliga-Absteiger HSG Nordhorn-Lingen (22:10) bereits vier. Gummersbachs größte Gefahr sind ausgerechnet zwei bemerkenswerte Siege aus den vergangenen Wochen: Am 27. November gab es im Zweitliga-Duell in Nordhorn einen überzeugenden 28:22-Erfolg – und erst am Dienstagabend im Viertelfinale des DHB-Pokals einen phasenweise sogar beeindruckenden 38:26-Sieg über die HSG. Gummersbach muss nun direkt wieder den Schalter für den durchaus rauen Liga-Alltag umschalten, denn die Aufgabe am Sonntag bei der DJK Rimpar Wölfe wird auf ihre Art ebenfalls eine besondere Herausforderung – weil Rimpar auf Rang 17 mit 12:20 Punkten momentan soeben am rettenden Ufer liegt. Der VfL, der definitiv als klarer Favorit gilt, wird sich auf den härtesten möglichen Widerstand einrichten müssen. Vielleicht leisten die Wölfe insgesamt sogar mehr Widerstand als die zweimal früh geschlagenen Nordhorner. Dass Rimpar zu Hause die schlechteste Bilanz aller Zweitligisten aufweist (2:8 Punkte aus erst fünf Heimspielen), sollte die Gummersbacher eher  doppelt wachsam sein lassen.

Die Partie im Landkreis Würzburg ist der Auftakt zu einem Jahres-Endspurt, in dem Gummersbach vor Weihnachten noch zum Duell unter Nachbarn gegen den TuS Ferndorf antritt (22. Dezember), der als Letzter (4:28 Punkte) in größter Abstiegsnot steckt. Die Abschluss-Prüfung steht danach am zweiten Weihnachtag (26. Dezember) beim Bundesliga-Absteiger HSC Coburg auf dem Programm, der bisher als Neunter mit einem ausgeglichenen Konto (14:14) weit hinter den Erwartungen liegt. Dass der VfL an der Tabellenspitze überwintert, gilt inzwischen selbst für den Fall, dass die Konkurrenz keine weiteren Punkte abgibt, als ziemlich wahrscheinlich. Es liegt dabei in allererster Linie an den Gummersbachern  selbst, welches Gefühl sie mit in den wegen der Europameisterschaft in Ungarn und der Slowakei spielfreien Januar 2022 transportieren können. Im Februar geht es direkt wieder in die Vollen – mit dem Heimspiel und dem Revanche-Versuch gegen den VfL Eintracht Hagen (fürs 36:40 aus der Hinrunde). Das wäre nach dem Stand von heute wieder ein Gipfeltreffen.