3. Liga
Der reine Wahnsinn: Opladen. Ist. Tabellenführer!
TuS 82 gewinnt Derby beim Longericher SC mit 34:29 und löst vorne die HSG Krefeld Niederrhein ab, die beim 33:33 gegen Baunatal einen Sieg verpasst.

Ihr haltet uns nicht auf! Jan Jagieniak (Mitte/mit Ball, dahinter Yannik Nitzschmann) setzte sich mit den Opladenern in Longerich durch – auch gegen Marian Dahlke (Nummer 55), Christopher Wolf (22) und Dustin Thöne (rechts), denen definitiv nicht Kampf und Leidenschaft fehlten. (Foto: Thomas Ellmann)

Longericher SC – TuS 82 Opladen 29:34 (13:17). Die Longericher scheinen einen Opladen-Komplex zu entwickeln und die Opladener immer mehr Spaß daran zu finden, die Rolle des Hechts im Karpfenteich mit voller Leidenschaft durch die Saison zu transportieren. Nach dem 31:28 aus der Hinrunde, als der LSC noch größere personelle Probleme als eine der Ursachen für die Niederlage anführen konnte, verlor er nun auch in eigener Halle das Derby, das sich in zwei völlig verschiedene Richtungen auswirkt: Erstes: Longerich, dessen imponierende Serie von neuen Siegen hintereinander erst vor einer Woche mit dem 27:30 beim GSV Eintracht Baunatal zu Ende gegangen war, verlor zum zweiten Mal hintereinander, steht nun als Vierter bei 18:12 Zählern und ist endgültig kein Kandidat mehr für einen der beiden ersten Plätze und eine Fahrkarte für die Aufstiegsrunde. Dieses Phänomen stellt sich jedoch am inzwischen gar nicht mehr so weit entfernten Horizont dem TuS 82, der eigentlich sowieso „nur“ die Klasse halten und einen der Ränge drei, vier, fünf oder sechs belegen will. Die Wahrheit in Zahlen: Seit Samstagabend gegen 20.30 Uhr liegen die Opladener wenigstens bis Sonntagabend an der Tabellenspitze – wie die HSG Krefeld (33:33 gegen Baunatal) mit 25:5 Punkten, aber mit der besseren Tordifferenz ausgestattet (446:396/plus 50 gegenüber 475:427/plus 48). Dass der Dritte SG Schalksmühle-Halver (22:4) durch einen Erfolg beim gefährdeten Aufsteiger TuSEM Essen II (Sonntag, 17 Uhr) dicht aufschließen kann, wird die Opladener nicht davon abhalten, den Stand der Dinge in vollen Zügen zu genießen. „Ich bin total platt“, fand Voigt, „eben sind Zuschauer zu uns gekommen und haben gefragt, was für einen geilen Handball wir gespielt haben. Das war hinten wie vorne eine überragende Leistung. Ich bin sprachlos.“ Und das Beste kommt ohnehin erst am nächsten Samstag: Der TuS 82 Opladen geht auf jeden Fall als Erster ins Gipfeltreffen mit dem Zweiten Krefeld.

Der LSC, der die Gäste definitiv nicht unterschätzt hatte, vermochte in eigener Halle nur ein Mal in Führung zu gehen – mit dem 1:0 (2.) durch Benjamin Richter. Der Doppelpack von Oliver Dasburg zum 1:1 (4.) und 2:1 (5.) brachte die Opladener zum ersten Mal nach vorne, doch niemand ahnte wenig später, dass Longerich beim 2:2 (7.) von Matthias Peters zum letzten Mal für die weiteren 53 Minuten ausgleichen würde. Übers 6:5 (13.), 10:9 (20.), 12:11 (27.) und 14:13 (28.) bog Opladen mit der eiskalten Konsequenz eines Spitzenteams auf den Weg zum wenigstens in dieser Form nicht erwarteten Erfolg ein: Yannick Nitzschmann (29.), Marius Anger (29.) und Jan Jagieniak (30.) brauchten genau 114 Sekunden, um durch drei Treffer hintereinander auf 17:13 am Ende des ersten Abschnitts zu erhöhen.

Longerich wäre nicht Longerich, wenn es sich nicht mit dem Start in den zweiten Abschnitt mit voller Wucht gegen das drohende Unheil zur Wehr gesetzt hätte. Und das Team von Trainer Chris Stark kämpfte sich wieder heran – zunächst auf 19:21 (40.) und wenig später vom 21:25 (44.) zum 24:25 (45.). Die Antwort des TuS 82 dürfte die Opladener Fans begeistert haben und sie ließ die Hausherren mehr oder weniger entgeistert zurück: Daniel Koenen war für die Gastgeber das 26:28 (53.) gelungen, bevor  Voigts Mannschaft für die nächsten 98 Sekunden in Turbogeschwindigkeit über den LSC hinwegfegte. Das 29:26 (55.) von Markus Sonnenberg, das 30:26 (56.) und 31:26 (56.) von Marius Anger sowie das 32:26 (56.) erneut von Markus Sonnenberg machten den Weg endgültig frei für Opladen, das sich nun in den kompletten Feiermodus begeben durfte.

Voigt lobte seine Opladener als Ganzes in Superlativen: „Spielerisch war das echt am Limit und wir mussten am Limit spielen gegen eine starke kämpfende Longericher Mannschaft. Das war auch für die Zuschauer ein richtig geiles Spiel, absoluter Wahnsinn. Das war schon höchstes Niveau. Wir haben hier 60 Minuten alles reingetan. Ich bin komplett zufrieden und stolz.“ Ganz nebenbei: Den vorzeitige Sicherheit bringenden sechsten Tabellenplatz hat der TuS 82 tatsächlich mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit bereits in der Tasche, weil der Vorsprung auf den Siebten VfL Gummersbach II (13:15) mittlerweile zwölf Punkte beträgt. Daraus folgt, dass die Opladener ab sofort keinen einzigen Zähler mehr holen müssten und die Gummersbacher alle übrigen Spiele gewinnen. Das wird nicht passieren. Eher ergattert Opladen tatsächlich eine Fahrkarte für die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga.

Longericher SC: Ruch, Briese – Koenen (2), Peters (1), Zerwas (2), Pyszora (4), Richter (2), Lux, Thöne (1), Wolf, Zimmermann (7), Schulz (7/5), Johnen, Nolting (1), Dahlke (2).

TuS 82 Opladen: N.-T. Schmidt, J. Schmidt – Bachler, Rachow (2), J. Sonnenberg (1), Meurer, Swiedelsky, Anger (6), Dittmer, Nitzschmann (10), Göddertz, Jagieniak (3), Dasburg (7/4), Boelken, M. Sonnenberg (5), Rinke.

 

HSG Krefeld Niederrhein – GSV Eintracht Baunatal 33:33 (16:20). So richtig werden sie in Krefeld nach der Schluss-Sirene nicht gewusst haben, was sie mit dem Ergebnis anfangen sollten. Dem Anspruch eines Aufstiegskandidaten entspricht das Unentschieden gegen die lediglich um den sicheren Klassenerhalt kämpfenden Hessen sicher nicht. Lange Zeit deutete sogar vieles darauf hin, dass die Mannschaft von Trainer Maik Pallach komplett mit leeren Händen dastehen würde – wie beim 14:20 kurz vor der Pause (29.). Dann bekam die HSG die Partie nach dem Seitenwechsel aber in den Griff und sie schien beim 29:26 (48.) auf dem richtigen Weg zu sein. In einer spannenden Schlussphase verpassten die Hausherren allerdings die mögliche Entscheidung und kassierten in der letzten Minute den 33:33-Ausgleich. In der Tabelle hat das Resultat zumindest für den Moment klare Auswirkungen, denn der TuS 82 Opladen zog mit den Krefeldern nach Punkten gleich (beide 25:5) und liegt über das Torverhältnis vorne – weil der direkte Vergleich erst am Ende der Saison berechnet wird.

Die Gastgeber erwischten einen holprigen Start und sie lagen nach dem 2:2 (4.) schnell mit 2:5 (7.) zurück. Pallachs erste Auszeit beim 4:7 (12.) brachte ebenfalls keine Besserung. Stattdessen kassierte Matija Mircic in kurzer Folge zwei Zeitstrafen (16./19.) und wenig später lag die HSG mit 7:13 (20.) zurück. Bis zur Pause liefen die Krefelder vor allem hinterher, doch Andrej Obranovic und Maik Schulz (jeweils 30.) konnten immerhin kurz vor der Halbzeit auf 16:20 verkürzen. Irgendwann in der 35. Minute fand Pallachs Team plötzlich den Turbo: Aus dem 18:23 (35.) machten Lars Jagieniak (zweimal 36.), Steffen Hahn (37./38.) und Pascal Noll (39.) innerhalb von dreieinhalb Minuten den 23:23-Ausgleich.

Alexander Kübler sorgte mit dem 26:25 (43.) wenig später für die erste HSG-Führung, Hahns 29:26 (48.) deutete in die richtige Richtung aus Krefelder Sicht. Aber die Gäste gaben sich nicht geschlagen und glichen wieder aus – 30:30 (52.). In den letzten Minuten ließ der Titelkandidat anschließend einige Möglichkeiten zum Sieg liegen und konnte unter anderem zwei Überzahl-Situationen nicht nutzen. So blieb es bei der Punkteteilung, die unterm Strich vermutlich in Ordnung ging. Pallach war vom Auftritt seines Teams allerdings wenig begeistert: „Wir haben katastrophale erste 30 Minuten abgeliefert. Meine Mannschaft hat viel zu viele Fehler gemacht und den Torhüter im Stich gelassen. In der zweiten Halbzeit sind wir mit viel Ehrgeiz und Lust zurückgekommen und hätten den Sack zumachen müssen. Wir kriegen hier heute wieder aufgezeigt, dass Mannschaften gegen die HSG besonders motiviert antreten und wir bei den nächsten beiden Aufgaben deutlich zulegen müssen.“

HSG Krefeld Niederrhein: Hasenforther, Bartmann – Krings (4), Novickis (1), Schnalle, Schneider (2), Noll (3/1), Hahn (3), Kübler (2), Molz, Schulz (2), Brüren (8/3), L. Jagieniak (4), Obranovic (3), Mircic (1).