Thema Abstiegskampf
Die heiße Phase: Wir freuen uns auf Dramen und Krimis
Alles hängt mit allem zusammen. Beispiel: Das Abschneiden der Bergischen Panther in der 3. Liga wirkt sich auch auf die Regionalliga und beide Oberligen aus.

Der Biegsame: Maximilian Weiß (mit Ball) und die Bergischen Panther haben natürlich im Kampf um die vorzeitige Rettung viele Vorteile auf ihrer Seite, werden sich aber in den letzten fünf Spielen der Normalrunde noch das eine oder andere Mal krummlegen müssen, um endgültige Sicherheit zu erlangen. (Foto: Thomas Ellmann)

Harzhelden existiert jetzt seit September 2019, also doch schon eine ganze Weile. Eines hat dieses Handball-Magazin in seiner Region zwischen Bonn und der niederländischen Grenze sowie zwischen Aachen und dem Oberbergischen in zweieinhalb Jahren bislang aber noch nicht gesehen: Absteiger. Weder in der 2020 zumeist nach Quotientenregel gewerteten noch in der 2021 komplett abgebrochenen Serie wollten es die Verbände ihren Vereinen zumuten, Absteiger zu bestimmen. Die Folge sind zum Teil stark vergrößerte Klassen mit interessanten Spielmodi – vor allem in der 3. Liga. Aber auch die Oberliga Mittelrhein, die sich bald in eine Auf- und eine Abstiegsrunde teilen wird, bietet viel Spannung. Denn allen Beteiligten musste schon vor der aktuellen Saison klar sein: Die Schonzeit ist vorbei. In diesem Jahr wird es Absteiger geben. Und das nicht zu knapp.

Was die Angelegenheit besonders kitzelig macht: Wie viele Absteiger es in den einzelnen Ligen gibt, wird vermutlich erst sehr spät feststehen. Für die Vereine aus der Harzhelden-Region muss der Blick dabei zuallererst in die 3. Liga gehen – und dort in die Gruppe D. Nur diejenigen Teams, die von dort in die Regionalliga Nordrhein absteigen, sind für die Berechnungen relevant. Der Rückzug des Leichlinger TV vom Spielbetrieb dürfte hier bereits eine Erleichterung sein, denn die Leichlinger haben angekündigt, erst gar nicht für die Regionalliga zu melden. Die nächsten Kandidaten aus der Region sind TuSEM Essen II und der VfL Gummersbach II. Beide Mannschaften stehen derzeit auf Plätzen, die den Gang in die Abstiegsrunde bedeuten. Für den VfL (13:15 Punkte) ist der direkte Klassenerhalt zwar noch theoretisch machbar. Dazu müssten die Oberbergischen allerdings in ihren sechs verbleibenden Spielen den GSV Eintracht Baunatal oder die Bergischen Panther (beide 17:13) abfangen. Die Panther wären im Übrigen im Fall der Fälle ebenfalls ein Absteiger ins Harzhelden-Gebiet, sodass die Regionalligisten auch ihnen die Daumen drücken sollten. Die Abstiegsrunde der 3. Liga beginnt Ende März und geht bis in den Mai. Erst dann wird feststehen, wer sich aus der Region endgültig retten kann.

Noch sechs Punkte? Werden vielleicht nicht reichen für die HSG Siegengebirge, denn die Mannschaft von Trainer Lars Degenhardt hat als Letzter nur 4:22 Zähler. Insgesamt zehn könnten zu wenig sein, um auf einen rettenden Platz zu kommen. Auch Siebengebirge wird den Bergischen Panthern oben die Daumen drücken, damit es möglichst wenige Absteiger aus der Regionalliga gibt. (Foto: Tomas Ellmann)

Schaffen sowohl Essen als auch Gummersbach den Klassenerhalt in der 3. Liga, würde dies zu einem reduzierten Abstieg in der Regionalliga mit nur einem Absteiger führen. Geht einer der beiden runter, trifft es in der Regionalliga wie üblich zwei Teams. Müssen beide Zweitvertretungen absteigen, erhöht sich in der Regionalliga die Anzahl der Absteiger auf drei. Daraus ergibt sich: Wer in der höchsten Spielklasse des Nordrheins als für die Regionalliga geschaffener Zusammenschluss der Verbände Niederrhein und Mittelrhein auf Nummer sicher gehen will, sollte drei Teams hinter sich lassen. Im Moment wäre hier der MTV Rheinwacht Dinslaken (8:14 Punkte) am rettenden Ufer, während die SG Langenfeld (5:19), der TV Rheinbach (4:20) und die HSG Siebengebirge (4:22) in höchster Gefahr schweben. Wie hoch die Anzahl der Absteiger in den Oberligen wird, hängt außerdem davon ab, aus welchen Verbänden die Absteiger der Regionalliga stammen. Ein Beispiel: Die derzeit gefährdeten Rheinbach und Siebengebirge gehören zum Verband Mittelrhein. Würden lediglich diese beiden Mannschaften den Weg nach unten antreten, gäbe es keinen Absteiger in die Oberliga Niederrhein und damit auch dort wieder entsprechend weniger Absteiger. Andersherum: Erwischt es in der Regionalliga am Ende etwa doch Langenfeld und Dinslaken, profitiert die Oberliga Mittelrhein.

Es kommt hinzu, dass die beiden Oberligen mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen in die Saison 2021/2022 gegangen sind. Am Niederrhein bilden lediglich 13 Teams die Klasse. Da die Liga möglichst wieder auf die Sollstärke von 14 Teilnehmern aufgefüllt werden soll, gibt es grundsätzlich nur einen Absteiger. Erst dann, wenn mehr als eine Mannschaft aus der Regionalliga in die Oberliga Niederrhein runterkommt, erhöht sich gleichzeitig der Abstieg in der Oberliga Niederrhein (maximal drei Absteiger). Lange sah es so aus, als wäre der TV Angermund hier auf den einen „sicheren“ Platz fest gebucht. Durch zwei Siege zum Jahresbeginn stehen die Angermunder inzwischen allerdings bei 4:18 Zählern gar nicht mehr so weit weg vom VfB Homberg (5:17), dem TV Krefeld-Oppum (7:11), dem LTV Wuppertal (8:16) oder dem TSV Aufderhöhe (8:12). Der Kampf um den Klassenerhalt könnte – je nachdem, was weiter oben passiert – somit unter Umständen richtig heiß werden.

Die Oberliga Mittelrhein geht in dieser Spielzeit mit 16 Mannschaften an den Start und soll schrittweise auf die Größe von 14 Teams zurückgeführt werden. Klar ist somit, dass es mindestens zwei Vereine bereits in dieser Saison treffen wird – selbst dann, wenn aus der Regionalliga niemand in den Mittelrhein absteigt. Schlimmstenfalls sind sogar bis zu fünf Absteiger möglich. Das bedeutet: Wer frühzeitig für ein weiteres Jahr Oberliga planen will, sollte sich bis zum Ende der Hinrunde im Februar einen Platz unter den ersten acht Teams gesichert haben. Die spielen ja bis zum Saisonende den Meister unter sich aus und haben mit dem Abstieg nichts mehr zu tun. Für die anderen acht Teams beginnt im März dagegen ein Hauen und Stechen in der Abstiegsrunde, in der jede Partie zum Endspiel werden kann.

Wir wagen mal einen Blick nach vorne: Am Ende werden vermutlich nicht alle mit dem Modus oder den Umständen glücklich sein. Vor allem nicht die, die es treffen wird. Klar ist aber auch das: Ohne Abstiegskampf fehlt dem Sport ein gehöriges Stück Spannung. Wir freuen uns jedenfalls auf ganz viel Drama und Krimis bis zum letzten Spieltag. Es wird das erste Mal sein, seitdem es Harzhelden gibt. Die Schonfrist ist eben vorbei.