DHB-Pokal
Hamburg ruft: Gummersbach muss „nur“ Erlangen ausschalten
Der Tabellenführer der 2. Bundesliga trifft im Viertelfinale auf den Bundesligisten aus Mittelfranken. Es ist für beide die letzte Hürde vor dem Final-Four-Turnier im April.

Kommt ein Köster geflogen: Rückraumspieler Julian Köster (mit Ball) steht nach seinen überzeugenden EM-Auftritten im Trikot der deutschen Nationalmannschaft nun auch mit den Gummersbachern vor außergewöhnlichen Aufgaben – wie jetzt im Viertelfinale des DHB-Pokals gegen Erlangen. (Foto: Thomas Wirczikowski)

Für viele Mannschaften beginnt am Wochenende in der 2. Bundesliga wieder der Ernst des sportlichen Lebens. Es geht entweder um den als erstrebenswertes Saisonziel ausgegebenen Aufstieg in die höchste deutsche Klasse oder darum, den Abstieg zu vermeiden. Der Tabellenführer VfL Gummersbach befindet sich sportlich in einer äußerst komfortablen Situation – anders als etwa TuSEM Essen und der TSV Bayer Dormagen, die bei den Eulen Ludwigshafen und bei der HSG Nordhorn-Lingen am ersten Spieltag nach der langen Pause (Europameisterschaft im Januar) auch vor schwierigen Aufgaben stehen. Mit 30:8 Punkten bleibt die Mannschaft von VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson sogar unabhängig von den Wochenend-Ergebnissen der anderen auf jeden Fall vorne. Weder Nordhorn (26:12)  noch der VfL Eintracht Hagen (25:13) oder der TV Hüttenberg (24:12) und auch nicht der ASV Hamm-Westfalen (23:11) können aufschließen – obwohl die Gummersbacher selbst gar nicht um Punkte kämpfen. Der Spitzenreiter hat in einem bestimmten Sinn diesmal etwas Besseres zu tun und ganz bestimmt etwas Außergewöhnliches: Es ist Pokalzeit. Im Viertelfinale des DHB-Pokals trifft der VfL am Samstag auf den Bundesligsten HC Erlangen und für beide ist es eine nahezu einmalige Gelegenheit, sich fürs große Final Four zu qualifizieren, das am 23./24. April vor seinem Umzug nach Köln (2023) zum letzten Mal in Hamburg zu Hause ist. Alle anderen Teilnehmer am Viertelfinale kommen aus der Bundesliga: THW Kiel, SC Magdeburg, Erlangen, TBV Lemgo Lippe (Titelverteidiger), Rhein Neckar Löwen, MT Melsungen und Erlangen.

Gummersbach fiebert dem Pokal-Samstag in der Schwalbe-Arena entgegen – weil im Normalfall und bei günstigen Umständen wirklich der Einzug ins Endturnier möglich ist. Auf der einen Seite sollte Erlangen der Favorit sein, auf der anderen hat der HC bisher mit Rang 13 und 14:22 Punkten in dieser Saison die Erwartungen in der höchsten deutschen Klasse nicht erfüllt. Das nahm der Verein dann in der Winterpause im Übrigen zum Anlass, sich von Trainer Michael Haaß trotz eines bis 2024 laufenden Vertrages zu trennen. An der Seitenlinie steht als Interimscoach bis auf Weiteres der Sportliche Leiter Raul Alonso, der nun mit Erlangen in Gummersbach den ersten Schritt in eine bessere zweite Saisonhälfte schaffen will. Am Willen wird es sicherlich auch beim VfL nicht fehlen, wie Torhüter Tibor Ivanisevic betont: „Unser erstes Ziel ist, dass wir unser Bestes geben. Es ist ein Pokalspiel, alles ist möglich.“ Viel spricht bestimmt dafür, dass es auf die Zusammenarbeit des serbischen Keepers mit seiner Abwehr besonders ankommt.

Die (Vor-) Freude bei den Gummersbachern wäre vermutlich noch größer und die Vorbereitung insgesamt einfacher, wenn nicht das eine oder andere personelle Hindernis da wäre – denn rund um die Europameisterschaft in Ungarn und der Slowakei meldete Österreich nach seinem Ausscheiden in der Vorrunde einige bei Nachtestungen festgestellte Corona-Infektionen. Betroffen davon waren zum Beispiel die VfL-Rückraumspieler Alexander Hermann und Janko Bozovic, die deshalb erst verspätet ins Mannschaftstraining einstiegen. Ebenfalls ein positives Test-Ergebnis lag beim isländischen Kreisläufer Ellidi Vidarsson vor, ehe jetzt zum Schluss auch Kapitän Timm Schneider und Co-Trainer Anel Mahmutefendic zunächst aussteigen mussten. Die gute Nachricht für den VfL: Bozovic und Vidarsson standen bei 34:35 im Test am Mittwoch gegen den Bundesligisten HSG Wetzlar wieder auf der Platte und gehörten dabei zu den Torschützen (Bozovic 7/3, Vidarsson 3).

Unbeeindruckt von allen Widrigkeiten dürfte ein beflügelter Julian Köster sein, der erst seit ein paar Monaten zur A-Nationalmannschaft gehört und dann im Januar ein ganz starkes EM-Turnier hinlegte. Aufsehenerregend war besonders sein Vorrunden-Auftritt gegen Polen, als der 21-Jährige sechs Treffer zum 30:23 beisteuerte. Noch erfolgreicher war an diesem Abend lediglich Linkshänder Christoph Steinert. Der ist 32, erzielte neun Tore und wurde wenig später unfreiwillig zum Hauptdarsteller in einem Corona-Krimi. Nach dem Sieg über Polen schien ein (faslch-) positiver Test das EM-Aus für Steinert zu bringen, ehe er einen Tag und zwei negative Tests später in letzter Sekunde doch fürs Hauptrunden-Duell mit Spanien (23:29) zurück in die Mannschaft durfte und auch gegen Norwegen (23:28) dabei war – und gegen Schweden wegen eines erneut positiv ausgefallenen Tests wieder draußen. Steinert spielt in der Bundesliga im Übrigen für den HC Erlangen. Es könnte ein spannendes Wiedersehen zwischen den Herren Köster und Steinert geben.