DHB-Pokal
Aus der Traum: Gummersbach im Viertelfinale draußen
VfL verliert spannendes Duell mit dem Bundesligisten HC Erlangen nach einem 27:27 in den letzten beiden Minuten mit 27:29.

Zupackend: Gummersbachs Abwehr mit Tom Kiesler (links) und Stepan Zemann (Nummer 66) hatte Erlangens Nationalspieler Christoph Steinert (mit Ball) ganz gut im Griff. Trotzdem erzielte Erlangen unter dem Strich zwei Treffer mehr. (Foto: Thomas Wirczikowski)

VfL Gummersbach – HC Erlangen 27:29 (16:12). Es war das unglückliche Ende eines später großen Kampfes. Und dem Zweitliga-Tabellenführer Gummersbach fehlten tatsächlich nur Kleinigkeiten, um sich dem Traum von der Teilnahme am großen Final-Four-Turnier in Hamburg zu erfüllen (23./24. April). Dabei hätten nach der ersten Halbzeit viele wohl am liebsten schon die Buchung für entsprechende Übernachtungsmöglichkeiten in der Metropole an der Elbe vorgenommen – weil der Außenseiter nicht unverdient auf dem Weg zu einer Überraschung war. Dass es dazu doch nicht kam, müssen die Gummersbacher auf ihre eigene Kappe nehmen – weil sie in wichtigen Phasen eben nicht den richtigen Zugriff hatten – und irgendwie auch nicht das Glück, das hätte helfen können. Erstens: Der VfL kam miserabel aus der Pause und lag beim 17:14 (34.) zum letzten Mal deutlicher vorne. Zweitens: Nach dem 27:27 (56.) durch den von Lukas Blohme verwandelten Siebenmeter bot sich den Gastgebern bei insgesamt vier Angriffen die Chance auf einen Treffer – und alle blieben ungenutzt. Pech: Der Wurf von Raul Santos landete am rechten Pfosten (58.). Trainer Gudjon Valur Sigurdsson nahm knapp zwei Minuten vor der Schluss-Sirene in der Schwalbe-Arena noch eine Auszeit, in der sich die Hausherren über die letzten Ideen für einen Sieg austauschen wollten. Die Folge: Simon Jeppsson, mit acht Toren der stärkste Werfer des Abends, traf ausgesprochen humorlos zum 28:27 (59.) für Erlangen, ehe Tim Zechel mit dem 29:27 (60.) die Entscheidung besorgte. Der HC hatte den Kopf aus der Schlinge und den Gummersbachern auf der Zielgeraden kühl den Stecker gezogen. Der Traum des VfL von Hamburg war geplatzt.

Ein echter Klassenunterschied zwischen den Kontrahenten ließ sich über die 60 Minuten nicht erkennen – wohl aber, dass die Europameisterschafts-Teilnehmer (im Januar) beider Seiten in der Regel nicht die volle und sonst gewohnte Qualität abrufen konnten. Erlangens Linkshänder Christoph Steinert blieb beispielsweise ebenso hinter den üblichen Möglichkeiten zurück wie Gummersbachs Julian Köster, der dennoch in der Startformation der Hausherren stand und vorne wie hinten ackerte. Die allgemein erkennbare Gummersbacher Leidenschaft machte sich auch bezahlt, denn übers 4:4 (12.) und 7:7 (18.) leitete das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson, der zur Lastenverteilung frühzeitig mit personeller Rotation begann, seine beste Phase ein – als aus dem 9:9 (21.) durch vier Tore hintereinander die 13:9-Führung wurde (25.). Einer der Garanten für den klaren Vorsprung: Keeper Tibor Ivanisevic, der dem HC durch tolle Paraden viele Rätsel aufgab. Und als Raul Santos kurz vor der Pause mit einem Tempogegenstoß auf 16:12 (30.) erhöht hatte, sah sich der Zweitligist definitiv auf dem richtigen Weg nach Hamburg.

Die sechs Minuten nach dem 17:14 von Szymon Dzialakiewicz werden aus Gummersbacher und Erlanger Sicht so schnell kaum in Vergessenheit geraten. Der VfL verlor komplett die Übersicht und streute wie aus dem Nichts eine schwer verdauliche Mischung aus Ballverlusten und Fehlwürfen ein – die der HC durch sechs Treffer hintereinander schnell annahm – 17:20 (40.). Der allgemeine Filmriss hielt bis zum 21:25 (47.), doch die Gastgeber fanden eine beeindruckende Antwort: Raul Santos (48.) und Lukas Blohme (49.) verkürzten auf 23:25, aus dem 23:26 (51.) machten Janko Bozovic (52.), Julian Köster (52.) und erneut Santos (53.) den 26:26-Ausgleich. Die Stimmung kletterte auf den Siedepunkt, als Blohme auf den 26:27-Rückstand (55.) das 27:27 (56.) folgen ließ. Es war der Startschuss für das aufregende letzte Kapitel eines Krimis, in dem den Gummersbachern das Happy End durch die Hände glitt.

Ein dickes Lob kam nachher von HC-Trainer Raul Alonso: „Erst einmal möchte ich Goggi und seiner Mannschaft zu einer unglaublichen Leistung gratulieren. Schlussendlich waren wir das etwas glücklichere Team, denn das Spiel hätte zwei Sieger verdient.“ VfL-Coach Gudjon Valur Sigurdsson, den Alonso mit „Goggi“ meinte, konnte mit dem Auftritt der Gummersbacher ebenfalls viel anfangen: „Herzlichen Glückwunsch an Erlangen zum am Ende sicherlich verdienten Sieg. Es war heute kein einfacher Abend. Ich bin unfassbar stolz auf meine Mannschaft, wie sie gekämpft und was sie geleistet hat. Das größte Lob ist, dass wir diese Leistung gegen eine Mannschaft aus Erlangen gezeigt haben, die eine tolle Qualität hat. Wir sind trotzdem selbst schuld sind, dass wir verloren haben. Daran sieht man den Unterschied, denn die Erlangener waren einfach erfahrener, um am Ende das entscheidende Tor zu werfen. Es war eine schwierige Niederlage, denn wir hätten gewinnen können, haben es aber nicht geschafft. Wenn wir die Leistung von heute wiederholen können, freue ich mich auf den weiteren Verlauf der Saison.“ Die geht für den Spitzenreiter (30:8 Punkte) am kommenden Freitag mit dem Zweitliga-Alltag beim VfL Lübeck-Schwartau weiter (Rang 13/16:22)

VfL Gummersbach: Nagy, Ivanisevic – Fanger, Vidarsson (2), Köster (1), Blohme (5/2), Häseler, Hermann, Herzig (3), Pregler (2), Dzialakiewicz (1), Santos (7), Kiesler, Stüber, Zeman (2), Bozovic (4/2).