2. Bundesliga
Dormagen feiert: Hüters Herz bringt den Sieg
TSV Bayer gewinnt in Bietigheim überraschend mit 29:27 und verlässt im Kampf gegen den Abstieg den letzten Tabellenplatz.

Und ich befreie mich doch! Ian Hüter (mit Ball) ackerte sich zwölf Sekunden vor der Schluss-Sirene zum entscheidenden 29:27 durch die Bietigheimer Deckung. Kreisläufer Aron Seesing (ganz links) jubelt wenig später mit. (Foto: Thomas Ellmann)

SG BBM Bietigheim – TSV Bayer Dormagen 27:29 (13:15). Der Tabellenletzte bekam den Erfolg praktisch auf dem Silbertablett serviert, weil ihnen die zuvor immerhin vier Mal hintereinander siegreichen Hausherren durch irrwitzig viele Fehler immer die nötige Luft zum Atmen ließen. Dass sich Dormagen das Leben am Ende völlig unnötig richtig  schwer machte und lieber über einen packenden Krimi zum Sieg kam, interessierte nachher verständlicherweise aber keinen mehr. Bei den Gästen herrschte die pure Erleichterung über wichtige zwei Punkte – die für die kommenden Wochen den im Kampf um den Klassenerhalt nötigen Schwung besorgen sollen. Den ersten kleinen Schritt nach oben machte das erneut von Ausfällen (Alexander Senden, Jakub Sterba, Mislav Grgic) getroffene Team von Trainer Peer Pütz bereits jetzt, denn es verbesserte sein Konto auf 11:29 Punkte und gab den letzten Platz an den TuS Ferndorf zurück (10:30). Damit liegt der TSV noch zwei Zähler hinter dem Drittletzten EHV Aue (13:27) und für den Augenblick vier hinter dem TV Emsdetten (15:27), der auf Rang 17 das rettende Ufer markiert. Pütz wollte sich nach der Partie im Moment der Freude ebenfalls nicht lange mit einer tieferen Analyse aufhalten und er verteilte lieber ein dickes Lob an seine Dormagener: „Ich muss der Mannschaft ein Riesenkompliment machen, sie hat bis zum Umfallen gekämpft und sich nie hängen lassen. Die Mannschaft wollte eine Reaktion auf letzte Woche zeigen.“ Da war der Zweitligist beim 24:34 gegen den ASV Hamm-Westfalen wie ein echter Absteiger aufgetreten.

Der Auftakt dürfte allen, die es mit dem TSV Bayer halten, die größten Sorgenfalten auf die Stirn getrieben haben – 0:4 nach nur vier Minuten und 18 Sekunden. Bietigheim hatte in jeder Situation leichtes Spiel und die Gäste konnten sich bei ihrem Keeper Martin Juzbasic bedanken, dass sie nicht völlig den Anschluss verloren. Mit dem 1:4 (7.) von Ante Grbavac nahm Pütz‘ Team zum ersten Mal aktiv am Abend in Baden-Württemberg teil, geriet jedoch nach dem 3:5 (10.) und 4:6 (12.) erneut klar in Rückstand – 4:8 (16.). Dormagens Antwort dürften dann an meisten die Hausherren überrascht haben, die erst für fünf Minuten den Faden verloren – 9:9 (22.). Das Schlusslicht hatte nun endgültig und stetig wachsenden Gefallen daran, den schlampig spielenden Gastgebern (Neunter/22:20 Punkte), die sich ihrer Sache vielleicht zu sicher waren, den Abend zu verderben. Und beim 18:13 (35.) am Anfang des zweiten Durchgangs nahmen die Hoffnungen auf eine Überraschung immer konkretere Formen an.

Bis zum 21:15 (39.) stellte sich in der Viadukthalle vor allem diese Frage: Wer hat hier eigentlich Ansprüche aufs obere Drittel und wer steht im Kampf gegen den Abstieg mit dem Rücken zur Wand? Dormagen zeigte nun zwei Dinge: Erstens, warum es so weit unten steht, und zweitens, warum es nicht daran denkt, den Klassenerhalt abzuschreiben. Es war in erster Linie die plötzlich wieder viel zu hohe Zahl an Fehlern und ausgelassenen Chancen aus der Kategorie hundertprozentig, die Bietigheim die Rückkehr in die Partie erlaubten – 26:26 (55.). Anschließend war der Außenseiter jedoch zum Erstaunen aller die unter dem Strich klügere Mannschaft, obwohl Ante Grbavac zunächst an SG-Keeper Nick Lehmann scheiterte (56.). Dann warf Ian Hüter seine ganze Entschlossenheit in die Waagschale und wurde dafür mit dem 27:26 (56.) belohnt. André Meuser ließ das 28:26 (57.) folgen, ehe Bietigheim per Siebenmeter auf 27:28 (58.) verkürzte. Eine tolle Parade von Juzbasic (59.) brachte Dormagen erneut den Ball – und Pütz nahm in der 60. Minute seine letzte Auszeit, um auf die offene Deckung Bietigheims reagieren zu können. Das Resultat: Ian Hüter übernahm die finale Verantwortung und schloss zehn Sekunden vor dem Ende zum entscheidenden 29:27 ab.

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Simonsen – Reuland (3), Meuser (3), Leitz, Ian Hüter (9), Reimer (4/1), Zurga, P. Hüter (2), Grbavac (5/1), Seesing (2), Steinhaus (1), Mast.