2. Bundesliga
Dormagen hat Emsdetten im Blick, Essen sich selbst
TSV Bayer könnte durch einen Sieg gegen Coburg weitere wichtige Punkte für den Klassenerhalt holen. TuSEM kämpft gegen Dresden um einen Platz im oberen Drittel.

Alle gegen einen: Dass André Meuser (mit Ball) oft der torgefährlichste Dormagener ist, hat sich herumgesprochen. Im Heimspiel zuletzt gegen Hamm (links Markus Fuchs, rechts Jan Brosch) konnten sechs Meuser-Tore trotzdem ein 24:34 nicht verhindern, während der Linkshänder in Bietigheim vergleichsweise bescheidene drei Tore erzielte – und der TSV Bayer trotzdem mit 29:27 gewann. (Foto: Thomas Ellmann)

Für den TSV Bayer Dormagen gibt es im Tabellenkeller der 2. Bundesliga zurzeit vor allen Dingen einen Konkurrenten, an dem er sich orientieren muss – immer vorausgesetzt, er hilft sich im Kampf um den Klassenerhalt auch selbst. Das war zum Beispiel am vergangenen Freitag so, als die mit zwei Niederlagen ins Jahr gestartete Mannschaft des neuen Trainers Peer Pütz (im Januar vom Co-Trainer zum Nachfolger des entlassenen Dusko Bilanovic befördert) von der SG BBM Bietigheim (Neunter) einen durchaus überraschenden 29:27-Erfolg mitbrachte – der sich schnell als doppelt wertvoll herausstellte. Einmal konnte Dormagen (jetzt 11:29 Punkte) durch den ersten Sieg im Jahr 2022 den letzten Tabellenplatz wieder an den TuS Ferndorf abgeben (10:30) und außerdem den Abstand auf den EHV Aue (13:27) verkürzen. Diese drei müssten, wenn jetzt Schluss wäre, den Gang in die 3. Liga antreten – der direkt davor besonders auch dem TM Emsdetten droht. Das Team von Trainer Sascha Bertow stand im Dezember 2020 nach dem 30:19 über den TV Hüttenberg mit 14:16 Punkten sehr anständig da, doch anschließend gab es sieben Spiele in Folge ohne Sieg, sodass inzwischen sämtliche Alarmglocken läuten: Platz 17, 15:29 Zähler. Emsdetten ist zurzeit der Fixpunkt für die Dormagener, weil dort das rettende Ufer beginnt.

Für den TSV Bayer könnten besonders die nächsten drei Aufgaben eine Woche der Wahrheit werden – die am Mittwoch gegen den hinter seinen eigenen Erwartungen liegenden Bundesliga-Absteiger HSC Coburg beginnt (Platz 13/18:24 Punkte). Es folgen die Partien am Samstag bei der DJK Rimpar Wölfe (Zwölfter/20:24) und am 1. März gegen den ThSV Eisenach (Platz 14/17:23). Gegen keinen sind die Dormagener der klare Favorit – aber auch gegen keinen der krasse Außenseiter. Die Hürden am 4. März gegen den Tabellenführer VfL Gummersbach (34:10) und am 9. März beim VfL Eintracht Hagen (Sechster/25:19) sehen sicher noch höher aus und in der Hinrunde war Dormagen da zweimal chancenlos – 18:28 in Gummersbach, 25:30 gegen Hagen. „Die nächsten zweieinhalb Wochen werden in der Summe der Spiele sicher sehr hart“, sagt Pütz – der natürlich hofft, dass der Erfolg in Bietigheim erneut Kräfte freisetzt und weitere Überraschungen möglich macht. Eine Überraschung ist in diesem Zusammenhang auch das bisher bescheidene Abschneiden des Bundesliga-Absteigers Coburg, der eventuell – falls es für ihn ganz dumm läuft – selbst in Gefahr geraten könnte.

Überwältigend groß ist das Polster der Coburger nach unten schließlich nicht und bei einem Sieg der Dormagener wäre es noch kleiner. Aus deren Sicht wäre der zweite Erfolg hintereinander wohl mindestens so wertvoll wie der erste: „Wir haben auch vorher an uns geglaubt. Natürlich gibt es Auftrieb, wenn du ein Spiel gewinnst.“ Und Auftrieb können die Dormagener bestimmt nicht genug bekommen. Es tut ihnen definitiv gut, den letzten Platz verlassen zu haben. Damit es wirklich zum Klassenerhalt reicht, muss der TSV Bayer trotzdem nachlegen. Je eher, desto besser.

Bei TuSEM Essen sieht die aktuelle Saison aus wie eine Achterbahnfahrt: Phasen mit vielen guten Ergebnissen wechseln sich mit anderen ab, in denen am Ende weniger Ertrag steht. Und dann geht es eben von oben ein Stück zurück. Nach den vier Siegen vom makellosen Auftakt begab sich Essen am 30. Oktober mit 13:3 Zählern von Rang zwei aus ins Spitzenspiel beim Ersten VfL Gummersbach (14:2), in dem die Mannschaft von Trainer Jamal Naji insgesamt chancenlos war und mit 23:29 verlor. Eine einfache Rechnung: Seit jenen Herbsttagen hat Essen, die Niederlage in Gummersbach inklusive, aus weiteren 13 Spielen genau 10:16 Punkte erzielt – was natürlich keinen zu Begeisterungsstürmen treibt. Die Ergebnisse seit Weihnachten belegen ebenfalls das Wechselhafte, denn übers 29:33 beim TV Hüttenberg, ein 31:31 beim HC Empor Rostock, das 29:32 bei der HSG Nordhorn-Lingen und das 34:28 beim ThSV Eisenach folgte zuletzt ein 29:35 bei den Eulen Ludwigshafen.

Und in dieser Partie alleine passierten genauso Höhen und Tiefen – 4:7 (10.), 27:25 (49.), 29:35 (60.). Für Naji war die späte und fast wie aus heiterem Himmel kommende Wende vor allem auf die Tatsache zurückzuführen, dass mit Spielmacher Justin Müller und Linkshänder Tim Rozman am Ende nicht zuletzt die Reserven fehlten: „50 Minuten machen wir ein sehr, sehr gutes Spiel, müssen letztlich aber unserer dünnen Personaldecke im Rückraum Tribut zollen. Das hat Hamm sehr gut gemacht ,weil sie unser Tempo einfach mitgegangen sind.“ Enttäuscht war Naji natürlich trotzdem, ohne daraus den Hauch eines Vorwurfs an die Mannschaft abzuleiten: „Die Jungs haben gnadenlos gekämpft.“ Der TuSEM-Coach war eher erstaunt darüber, wie gut das Jonas Ellwanger, Lucas Firnhaber und Eloy Morante Maldonado als fast durchspielendes Rückraumtrio bis in die Schlussphase hinein machten, in der die Gäste zu viele Chancen ausließen und insgesamt zu viele Fehler machten.

Im zurzeit besonders dichten Terminkalender bekommt Essen schnell die Gelegenheit, bis zur Meisterschafts-Unterbrechung (Lehrgänge, Länderspiele) aus seinen personell unverändert eingeschränkten Möglichkeiten vielleicht mehr Gewinn zu erzielen. Aber das Programm hat es gleichzeitig in sich: Nach der Partie am Mittwoch gegen den HC Elbflorenz Dresden (Zehnter/22:20 Punkte) warten die Aufgaben am 26. Februar (Samstag) beim HSC Coburg (Rang 14/18:24), am 4. März gegen die SG BBM Bietigheim (Neunter/22:20) und am 12. März bei den Eulen Ludwigshafen (Siebter/23:13). Die Chance: Essen kann sich wieder ins obere Drittel orientieren. Das Risiko: Essen rutscht tatsächlich ins Mittelmaß ab. Naji versichert dabei, dass er sich nach wie vor den intensiven Blick auf die Tabelle spart – und er wirkt sowieso nicht direkt frustriert: „Wir sind im Rahmen unserer Möglichkeiten unterwegs, wir waren uns dessen vorher bewusst.“ Dass coronabedingte Ausfälle die Vorbereitung behindern oder aus anderen Gründen hin und wieder Spieler fehlen, mag Naji gleichzeitig nicht als Grund für den einen oder anderen fehlenden Punkt anführen: „Jammern bringt uns nicht weiter.“