2. Bundesliga
Gummersbach macht doch noch kurzen Prozess
VfL kehrt mit 35:27 über gefährdeten TV Großwallstadt an die Tabellenspitze zurück. Ein entspannter Rosenmontag wird es aber erst nach dem 13:13.

Volle Kraft voraus: Fynn Herzig (Nummer 22) gehört zu den Spielern, die Gummersbach nach dieser Saison verlassen. Gegen Großwallstadt und dessen Torhüter Jan Steffen Minerva (Nummer 16) stand er trotzdem in der Startformation – und nutzte seine Spielzeit zu insgesamt fünf Treffern. (Foto: Thomas Wirczikowski)

VfL Gummersbach – TV Großwallstadt 35:27 (20:16). Der eine war 1991 zum bislang letzten Mal Deutscher Meister (Gummersbach), der andere direkt davor, 1990. Also durfte das Duell der beiden Traditionsklubs gleichzeitig als Duell der Altmeister durchgehen – in dem beide erkennen mussten, dass der Weg zurück nach oben ziemlich weit ist und sie in der Wirklichkeit von 2022 ganz andere Ansprüche stellen sollten. Die Gummersbacher immerhin könnten sich ein Stück ein bisschen zurück an einstige Glanzzeiten tasten, weil sie die Partie nach einem müden Start dank teilweise großzügiger Unterstützung durch die Gäste aus Unterfranken in den Griff bekamen. In der Tabelle übernahm das Team von Trainer Gudjon Valur Siurdsson auch wieder die Spitze von der HSG Nordhorn-Lingen, die am Sonntag mit dem 27:24 im Spitzenspiel gegen den ASV Hamm-Westfalen vorgelegt hatte: Gummersbach (36:10 Punkte) und Nordhorn-Lingen (36:12) haben sich zunächst ein Stück abgesetzt von Hamm (29:15) und dem TV Hüttenberg (27:15). Der Fünfte TuSEM Essen (27:19) und der Sechste HC Empor Rostock (27:19) liegen weiter zurück – fast klarer als der Siebte Eulen Ludwigshafen (25:15). Ebenso klar: Großwallstadt wird sich so schnell wohl nicht aus dem Kampf um den Klassenerhalt befreien können – was unter anderem der TSV Bayer Dormagen erfreut zur Kenntnis genommen haben dürfte, weil er als Schlusslicht mit 12:32 Zählern weiter in Reichweite zum TVG liegt (15:31). Großwallstadt ist sogar auf Rang 18 hinter den EHV Aue (15:29) abgerutscht, der mit Platz 17 genau das rettende Ufer markiert. Und sollten die Dormagener am Dienstagabend gegen den ThSV Eisenach gewinnen (Platz 13/19:23), wäre das Feld im Tabellenkeller noch dichter zusammengerückt.

Der Abend folgte für die erste Viertelstunde konsequent einem festen Muster: Gummersbach legt vor, Großwallstadt gleicht aus. So blieb es bis zum 8:8 (15.), ehe der VfL durch die Treffer von Fynn Herzig (16.) und Stepan Zeman (16.) auf 10:8 „wegzog“. Die vom Abstieg bedrohten Gäste egalisierten in einer Partie, die besonders vor der Pause über weite Strecken am Rosenmontag wie ein närrischer Tag der offenen Tür wirkte, beim 12:12 (20.) und 13:13 (22.) wieder, leisteten sich aber in der Folge deutlich zu viele Fehler – und ausgerechnet Savvas Savvas, der beste Feldtorschütze der 2. Bundesliga, war daran nicht unbeteiligt. Ganz nebenbei scheiterte der Grieche beim Stande von 13:13 mit einem Siebenmeter an VfL-Keeper Tibor Ivanisevic (23.), ehe er einen weiteren Strafwurf beim Stande von 13:14 über den Kasten setzte (25.). Gummersbach erkannte die günstige Gelegenheit und legte mit drei Treffern hintereinander vor – und jenes 17:13 (27.) war nun die Basis für den späteren Sieg. Für das schönste Tor des Abends und den gelungenen Schlusspunkt unter eine ansonsten ziemlich durchwachsene erste Halbzeit sorgte Timm Schneider: Der Kapitän, der den Verein nach dieser Saison verlassen muss, setzte einen Freiwurf nach bereits abgelaufener Uhr präzise in den Winkel – 20:16 (30.).

Weil Savvas Savvas den Hausherren den Ball direkt nach dem Beginn der zweiten Halbzeit per Fehlpass übergab, konnte Herzig zügig auf 21:16 (32.) erhöhen. Und auf den nächsten erfolglosen Angriff des TVG antwortete Lukas Blohme keine 30 Sekunden darauf mit dem Tempogegenstoß zum 22:16 (32.), das dieses Duell endgültig in die von den Gummersbachern erhoffte Richtung lenkte. Übers 26:19 (40.) erarbeitete sich der VfL mit dem 28:20 (45.) die höchste Führung, die auf das Konto von Ivanisevic ging – der gedankenschnell handelte. Großwallstadts Kuno Schauer hatte die Latte getroffen und der Ball war beim Gummersbacher Torhüter gelandet. Jetzt erkannte Ivanisevic, dass der Arbeitsplatz seines Gäste-Kollegen gerade leer war – und traf mit einem Wurf über das ganze Feld. Der Rest des Spiels, in dem es beide Mannschaften mit Ungenauigkeiten und Ballverlusten bisweilen übertrieben, verlief wieder halbwegs ausgeglichen. Gummersbach, das erneut früh personell durchwechselte, gewann unter dem Strich ebenso verdient wie unspektakulär. Dass die Partie vermutlich in keinem Jahresrückblick auftauchen wird, dürfte den Gastgebern halbwegs gleichgültig sein.

Dass der VfL-Sieg in Ordnung ging, blieb hinterher unstrittig. „Zunächst möchte ich Gummersbach zu den verdienten zwei Punkten gratulieren“, fand TVG-Coach Ralf Bader, „es war von Anfang an klar, dass viel zusammenkommen muss, um hier etwas mitzunehmen. Für die zweite Halbzeit haben wir uns viel vorgenommen, werfen aber zu schnell die Bälle weg. Dann kommt Gummersbach ins Tempospiel und spielt völlig befreit auf. Man hat den Klassenunterschied deutlich gesehen.“ Gudjon Valur Sigurdsson, der Coach der favorisierten Hausherren, konnte sich mit dem Ergebnis sogar gut anfreunden: „Ich bin ziemlich zufrieden damit, dass wir mit acht Toren gewonnen haben. In der zweiten Halbzeit verwerfen wir dann natürlich zu viel und machen viele Fehler, aber ich bin mit der Einstellung meiner Mannschaft zufrieden. Insgesamt bin ich sehr glücklich mit den zwei Punkten.“

VfL Gummersbach: Nagy, Ivanisevic (1) – Fanger (1), Vidarsson (4), Köster (3), Blohme (5/2), Häseler (2), Hermann, Schneider (3), Herzig (5), Pregler (3), Dzialakiewicz (4), Santos, Kiesler, Stüber (1), Zeman (3).