03. März 2022 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Es ist eins jener Spiele, in denen einer von beiden keine Chance hat. Eigentlich. So ist es auch beim TSV Bayer Dormagen vor dem Duell mit dem VfL Gummersbach. Läuft alles normal und nach den allgemeinen Erwartungen, kann der Tabellenletzte einfach nicht gewinnen – weil die beiden Mittelrhein-Kontrahenten zwar aktuell noch in derselben Klasse unterwegs sind, aber nicht (mehr) in vergleichbaren sportlichen Welten. Falls es für die Dormagener ganz dumm läuft und für die Gummersbacher ganz nach Wunsch, lägen in ungefähr drei Monaten sogar zwei Klassen zwischen den Noch-Rivalen aus der 2. Bundesliga. Hier liegt der TSV Bayer mit 12:34 Punkten auf dem letzten Tabellenplatz und die Trennung von Trainer Dusko Bilanovic hat bislang keine grundlegende Besserung der Lage gebracht. Dort steht der VfL Gummersbach, der mit 36:10 Punkten auf dem Weg zurück in die 1. Bundesliga ist und sich die Spitzenposition von der HSG Nordhorn-Lingen (38:12) zurückholen möchte. Was soll da für die Gastgeber sprechen, die ja auch das bittere 21:23 aus dem Nachholspiel am Dienstagabend gegen den ThSV Eisenach zu verkraften haben? Trainer David Röhrig verfolgt das Prinzip Hoffnung: „Die Ausgangslage ist natürlich völlig klar. Wir stehen im Moment unten drin und spielen gegen einen kommenden Bundesligisten. Gleichzeitig hat die Liga oft genug gezeigt, dass die verrücktesten Sachen möglich sind.“ Und etwas Verrücktes in diesem Sinne wäre am Freitagabend ein Dormagener Sieg im Duell zwischen David und Goliath.
Röhrig, der sich in diesen Tagen immer wieder und sehr ausführlich mit Chefcoach Peer Pütz (fehlt seit dem vergangenen Wochenende coronabedingt) kurzschließt, wirkt vor dem großen Duell gelassen – und er tut wahrscheinlich gut daran: „So oder so haben wir nichts zu verschenken, aber auch nichts zu verlieren in diesem Spiel. Wir wollen da alles investieren, was wir haben. Und dann müssen wir sehen, ob wir Gummersbach vielleicht ärgern können oder ob wir einfach nur Selbstvertrauen tanken können durch mehr gelungene Aktionen.“ Klar ist, was Röhrig meint: Vor allen Dingen in der Chancenverwertung muss sich der TSV Bayer massiv steigern, weil es allgemein sonst schwierig bis unmöglich wird – nicht nur gegen den VfL, sondern allgemein mit dem Klassenerhalt. Dormagen (12:34 Punkte) ist zurzeit noch stärker vom Abstieg in die 3. Liga bedroht als vor ihm der TV Großwallstadt (Platz 17), der EHV Aue (18/beide 15:31) und der TuS Ferndorf (19/12:30). Vielleicht werden sogar diese vier zusammen mit dem TV Emsdetten (15/17:31) die drei Absteiger unter sich ermitteln. Beunruhigend besonders für Röhrigs Mannschaft: Der Dessau-Roßlauer HV auf Platz 16 hat bei 16:24 Punkten bereits jetzt vier Zähler mehr als Dormagen und zusätzlich drei Nachholspiele, in denen er sich weiter absetzen könnte.
Die Hoffnung auf eine große bis sehr große Überraschung liefern ausgerechnet die Gummersbacher, bei denen bisweilen Anspruch und Wirklichkeit in Auswärtsspielen bisweilen nicht zusammenpassen. Den makellosen 24:0 Punkten in der Schwalbe-Arena stehen eher unauffällige 12:10 Zähler in des Gegners Hallen gegenüber und in der Auswärtstabelle ist die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson damit nur Fünfter. Die Niederlagen gab es beim HC Empor Rostock (33:34), beim VfL Eintracht Hagen (36:40), bei den Eulen Ludwigshafen (25:30), bei der DJK Rimpar Wölfe (25:28) und beim VfL Lübeck-Schwartau (29:31). Überzeugende Leistungen in einem Auswärtsspiel bot Gummersbach beim gefährdeten TV Großwallstadt (32:24), beim Dritten ASV Hamm-Westfalen (31:26) und besonders mit dem 28:22 bei der HSG Nordhorn-Lingen. Besonders ungern werden sie sich beim VfL wohl an die vergangene Saison erinnern, als sie in der Rückrunde gegen Außenseiter dreimal scheiterten – 25:32 beim TuS Fürstenfeldbruck, 24:28 bei der DJK Rimpar Wölfe, 25:27 beim TuS Ferndorf. Diese drei Resultate kosteten den VfL den angestrebten Aufstieg und besonders die krachende Pleite gegen den später abgeschlagenen Letzten Fürstenfeldbruck gab reihenweise bis heute ungelöste Rätsel auf.
Das Spiel zwischen dem TSV Bayer und dem VfL Gummersbach ist natürlich auch das Spiel des Julian Köster, der vor rund einem Jahr aus dem Dormagener Sportcenter ins Oberbergische wechselte – und den Schritt definitiv nicht bereuen muss. In den vergangenen zwölf Monaten hat sich der 20 Jahre junge Rückraumspieler, der demnächst 21 wird, sogar zum Aufsteiger des Jahres im deutschen Handball entwickelt. Die Stationen in der Zusammenfassung: Auf Anhieb Stammspieler in Gummersbach, Auftauchen im Notizbuch von Bundestrainer Alfred Gislasson, erste Lehrgänge und Länderspiele, gute Europameisterschaft im Januar. „Ich freue mich sehr, alte Bekannte und gute Freunde wiederzutreffen“, sagt Köster, der mutmaßlich – wie fast immer – zur Startformation der Gummersbacher gehören wird. Und weil ihm als Profi deren Fortkommen auf der Platte für 60 Minuten wichtiger ist als ruhende Freundschaften, dürfen sie bei den Gastgebern keinerlei Entgegenkommen von Julian Köster erwarten, der es in der Hinrunde beim 28:18 des VfL auf drei Tore brachte.
Eine unfreiwillige Pause legt TuSEM Essen ein, das gerne an seine beiden jüngsten Erfolge (34:25 gegen HC Elbflorenz Dresden, 25:24 gegen HSC Coburg) angeknüpft und so seinen fünften Tabellenplatz (25:19 Punkte) gefestigt hätte. Das für Freitagabend vorgesehene Heimspiel gegen die SG BBM Bietigheim fällt allerdings aus, weil die Gäste zu viele positiv ausgefallene Corona-Tests in ihren Reihen haben. Die Partie soll am 18. März nachgeholt werden.