2. Bundesliga
Essen auf der Kippe, Gummersbach klarer Favorit
TuSEM muss am Mittwochabend auf jeden Fall auf sieben Spieler verzichten. VfL peilt am Freitagabend gegen Emsdetten den 13. Heimsieg an.

Geheime Unterlagen? Wie viele Spieler des Essener Kaders sich für die Partie gegen Aue zusammentrommeln lassen, weiß Trainer Jamal Naji selbst noch nicht genau. (Foto: Thomas Schmidt)

Das hätte eigentlich, bei allem Respekt vor dem Gegner, eine Pflicht-Aufgabe sein sollen – obwohl Trainer Jamal Naji versichert, dass er allenfalls mal einen kleinen Seitenblick auf die Tabelle riskiert. Tatsache ist aber, dass die Essener zuletzt zweimal in Folge gegen hinter ihnen platzierte Teams siegreich waren – 34:25 gegen den HC Elbflorenz Dresden (Neunter), 25:24 im Krimi beim HSC Coburg (Rang 14). Jetzt erwartet der Bundesliga-Absteiger am Mittwochabend in der Halle Am Hallo den EHV Aue, den er natürlich sowieso nicht auf die leichte Schulter nehmen wird. Dass Aue mit 15:31 Punkten und Platz 18 derzeit der erste Absteiger wäre, macht die Aufgabe sogar doppelt gefährlich. Ebenfalls richtig: Der EHV erzielte im Laufe der vergangenen Wochen ein paar sehr interessante Ergebnisse – 27:28 gegen den TV Hüttenberg (Vierter), 25:26 gegen den ASV Hamm-Westfalen (Dritter), 25:23 bei den Eulen Ludwigshafen (Achter), 22:23 gegen die HSG Nordhorn-Lingen (Erster). Also reisen aus dem Erzgebirge echte Spezialisten für das Drama ins Ruhrgebiet und Naji hätte seine Essener normalerweise intensiv darauf einschwören (müssen), von der ersten Sekunde an bei hundert Prozent Einsatz zu sein. Der große Haken: Es ist gerade wenig normal.

„Nach dem Stand jetzt findet das Spiel statt“, erklärte der TuSEM-Coach am späten Dienstagnachmittag, „wir haben aber sieben Spieler aufgrund der Corona-Pandemie nicht an Bord. Das hilft aber nichts, da müssen wir jetzt durch, auch wenn wir natürlich arg geschwächt sind. Mal sehen, was das gibt, es ist eine Wundertüte.“ Einen Ausblick auf die Partie hält Naji angesichts der vielen Unwägbarkeiten für nahezu unmöglich: „Wir gehen das ganz nüchtern an. Wir gucken, in welcher Konstellation Aue kommt, und wir gucken, was geht. Aber mit der Anzahl der Spieler, die bei uns fehlen, sollten die Trauben relativ hoch hängen, wenn Aue nahezu komplett ist.“ Der Blick auf die weiteren März-Aufgaben zeigt, dass TuSEM (Fünfter/27:19 Punkte) durchaus die Chance hat/gehabt hätte, sich im oberen Drittel festzusetzen. Entsprechende Ergebnisse gegen Aue, in Ludwigshafen (12. März), gegen die SG BBM Bietigheim (Zehnter/18. März), gegen die DJK Rimpar Wölfe (Platz 13/25. März) und beim TuS Ferndorf (Platz 19/30. März) wären wohl die Basis für ein echtes Handball-Fest, denn am 3. April kommt der VfL Gummersbach, der unbedingt zurück in die 1. Bundesliga will. Im Moment liegt dieses Datum für TuSEM allerdings in einer völlig anderen Welt. Die Wirklichkeit gegen Aue und danach könnte zunächst mühselig werden.

Gummersbach (36:10 Punkte), aktuell Zweiter hinter der mit zwei Spielen mehr ausgestatteten HSG Nordhorn-Lingen (38:12), ist vermutlich noch deutlicher favorisiert, als es eine Essener Mannschaft in Bestbesetzung gegen den EHV wäre/gewesen wäre: Dass der wie Aue um den Klassenerhalt kämpfende TV Emsdetten (Platz 15/19:31) am Freitagabend einen Zähler oder sogar beide Punkte aus der Schwalbe-Arena entführt, ist möglich – und unwahrscheinlich. Gummersbach ist ja auswärts durchaus nicht immer stabil und auf Erstliga-Niveau unterwegs, zu Hause allerdings die klare Nummer eins in der 2. Bundesliga: Jene 24:0 Punkte aus zwölf Spielen weisen das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson ohne Einschränkung als Klassenprimus aus. Selbst dann, wenn nicht alles nach Wunsch funktioniert, finden die Gummersbacher ausreichend viele Lösungen. In die direkte Nähe eines Unentschiedens kam eigentlich bloß Dresden, das am 10. Dezember 2021 auf den letzten Drücker die Chance zum Ausgleich hatte und sich ganz knapp mit 30:31 geschlagen geben musste.

VfL-Abwehrspezialist Tim Kiesler fasst die allgemeine Einstellung der Hausherren fürs vierte Heimspiel hintereinander zusammen: „Wir wollen die zwei Punkte behalten und in unserem Wohnzimmer ungeschlagen bleiben. Wir müssen von Anfang an direkt da sein.“ Das war im Hinrunden-Duell am 17. Oktober 2021 vor beinahe fünf Monaten im Übrigen gründlich anders, weil Gummersbach damals nach einem 12:18-Rückstand erst in der 44. Minute am Spiel teilzunehmen begann, dann durch Hakon Styrmisson zum 22:22 (57.) ausglich und durch Janko Bozovic acht Sekunden vor der Schluss-Sirene zum insgesamt sehr glücklichen 23:22 kam. Ähnliches wird nun alleine deshalb nicht passieren, weil Styrmisson (nach Kreuzbandriss) und Bozovic (Ellenbogen) nicht dabei sein können.