2. Bundesliga
Essen findet den Turboknopf – aber zu spät
TuSEM verliert in Ludwigshafen mit 25:29, weil der 10:20-Rückstand letztliche eine zu große Hypothek ist.

Das muss doch noch reichen! Tatsächlich konnten aber die neun Tore von Noah Beyer die Essener Niederlage in Ludwigshafen nicht verhindern. (Foto: Thomas Schmidt)

Eulen Ludwigshafen – TuSEM Essen 29:25 (20:12). Es musste das Gefühl bleiben, dass ohne diese katastrophale erste Halbzeit wahrscheinlich mehr drin gewesen wäre. Während die Mannschaft von Trainer Jamal Naji bis kurz vor der Pause und direkt danach mit einem Festival an Fehlwürfen und sonstigen Fehlern jedweder Art völlig aus den Fugen zu geraten schien, zeigte sie später viel Moral, holte das Ergebnis in einen vertretbaren Rahmen zurück – und durfte auf der Zielgeraden teilweise sogar an eine Wende denken. Dabei war eins anders als am Mittwoch beim 26:23 im Nachholspiel gegen den EHV Aue: Ludwigshafen, am Ende der vergangenen Saison wie TuSEM aus der höchsten deutschen Klasse abgestiegen, konnte selbst ohne Nationalspieler Hendrik Wagner mehr Qualität aufbieten als der EHV. Ein Handicap für die Essener: Weil unter anderem Regisseur Justin Müller und Kreisläufer Markus Dangers oder Abwehrspezialist Malte Seidel nicht zur Verfügung standen, hatten sie nur zehn Feldspieler an Bord, sodass die Wechselmöglichkeiten entsprechend eingeschränkt waren – was die spätere Aufholjagd zusätzlich aufwertete. In der Tabelle ist TuSEM zwar mit 29:21 Punkten trotz der Niederlage weiter Vierter – aber in erster Linie deshalb, weil die auf Rang fünf vorgerückten Eulen und der TV Hüttenberg (jeweils 27:17) jeweils drei Partien weniger ausgetragen haben. In zwei Heimspielen hintereinander gegen die SG BBM Bietigheim (18. März) und gegen die DJK Rimpar Wölfe (25. März) kann die Mannschaft von Trainer Jamal Naji den Versuch unternehmen, in dieser schwierigen Phase der Saison wieder zurück zu mehr Stabilität zu finden.

Naji sah sich schon in der neunten Minute beim Stande von 1:3 zu einer Auszeit gezwungen, die zunächst auch zu greifen schien. Dann sah Ludwigshafens Stefan Salger kurz darauf beim Stande von 5:3 (12.) für die Eulen nach einem Foul an Tim Rozman die Rote Karte, was den Essenern ebenfalls entgegenzukommen schien. Tatsächlich liefen die Hausherren jedoch zunehmend davon – 9:6 (16.). Besonders heftig erwischte es Essen nach dem 9:11 (20.) von Felix Klingler, denn es gab innerhalb von nur fünf Minuten sechs Gegentreffer hintereinander zum 9:17-Rückstand (25.). Mit dem 10:20 (27.) kletterte die Differenz erstmals in den zweistelligen Bereich, s0dass auf einmal ein echtes Debakel  drohte.

Bemerkenswert: TuSEM robbte sich durch zwei eigene Tore kurz vor der Pause und drei weitere direkt danach auf 15:20 (35.) heran und nahm plötzlich viel intensiver an der Partie teil. Selbst das 17:24 (41.) ließ Najis Team nicht resignieren – im Gegenteil: Mit dem 21:25 (51.) von Lucas Firnhaber und dem 22:25 (53.) von Noah Beyer geriet eine spannende Schlussphase in Reichweite, ehe die Eulen durch Max Neuhaus und Enes Keskic mit dem 26:22 (54.) und 27:22 (55.) für zunehmend erstaunte Gastgeber antworteten. Die Entscheidung gegen Essen fiel allerdings erst, nachdem Firnhaber und Beyer auf 24:28 (56.) und 25:28 (57.) verkürzt hatten, denn der Firnhaber-Risikopass auf Rechtsaußen fand keinen Abnehmer (58.) und die Restzeit rann den Gästen anschließend unaufhaltsam durch die Finger.

Die Analyse von Naji kurz nach der Schluss-Sirene war sehr sachlich: „Man muss ja sagen, dass wir in der ersten Halbzeit innerhalb von acht Minuten einen 1:9-Lauf bekommen. In dieser Zeit machen wir in jedem Angriff einen technischen Fehler und das wird sofort bestraft. So etwas habe ich noch selten erlebt. Am Ende des Tages muss man schon sagen, dass wir dann in der zweiten Halbzeit wahnsinnig gut verteidigen. Mit der Moral bin ich wirklich zufrieden.“ Warum es später trotz eingeschränkter personeller Möglichkeiten besser lief? „Ich habe in der Halbzeit gesagt, dass mir das Ergebnis jetzt gerade nicht wichtig ist, sondern dass wir uns deutlich steigern müssen und uns viel besser verkaufen wollen“, erklärte Najii, „das haben die Jungs gut gemacht. Man muss aber nüchtern betrachten, dass wir hier zwei Punkte nicht geholt haben. Natürlich waren wir verletzungsgebeutelt, aber wir hatten in der zweiten Halbzeit genug Spots, wo wir dreimal auf zwei Tore rankommen können –  und dann werden die Eulen auch noch mal fickrig.“

TuSEM Essen: Fuchs, Bliß – Beyer (9/2), Glatthard, Kämper, Rozman, Reidegeld, Szczesny, Bergner (1), Firnhaber (6), Morante Maldonado (5), Klingler (4).